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Angefixt durch Olympia?

Boulder-Profis geben wichtige Tipps für Einsteiger

Bouldern Einsteiger
Verraten Einsteigern, worauf es beim Bouldern ankommt: Karo Sinnhuber (l.) aus dem österreichischen Nationalteam Steffen Schöttker aus Hamburg, der am liebsten im Boulder-Wald von Fontainebleau unterwegs ist. Foto: privat
Anna Echtermeyer
Redakteurin

11. August 2021, 20:33 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Bouldern bzw. Sportklettern feierte bei den Olympischen Spielen in Tokio seine Premiere. Zu sehen gab es spektakuläre Bilder, die vor Kraft, Athletik, Ästhetik und Körperbeherrschung nur so strotzten. Wer ungesichertes Klettern in Absprunghöhe selbst einmal ausprobieren möchte, sollte unbedingt diese Experten-Tipps beachten.

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Bouldern ist eine Form des Freikletterns, bei der kein Seil zum Einsatz kommt. Ob draußen am Felsen oder in der Halle, man bleibt man in Absprunghöhe. Und obwohl das Verletzungsrisiko höher ist als bei einigen anderen Formen des Kletterns, hat sich der Sport etabliert. Was die Faszination ausmacht: Es geht nicht nur um das Erklimmen eines Gipfels, sondern auch um Kraft, Athletik, Ästhetik und Körperbeherrschung. Die persönliche Wahrnehmung fokussiert sich nur noch auf die Position in der Wand und auf die nächsten Bewegungen, die notwendig sind, um weitere Griffe zu erreichen. Worauf Einsteiger beim Bouldern unbedingt achten sollten, erfuhr FITBOOK von zwei Experten: Der österreichischen Boulder-Spezialistin Karo Sinnhuber, die den fünftschwesten Schwierigkeitsgrad 8B bouldert (es gibt insgesamt 31 Schwierigkeitsgrade) und dem Hamburger Steffen Schöttker, der in der 2. Bundesliga bouldert.

Bouldern für Einsteiger – richtig Aufwärmen

Vor dem Bouldern ist gründliches Aufwärmen sehr wichtig: Lockerungs- und kurze, leichte Dehnübungen helfen dabei, Verletzungen zu vermeiden. Konkret? Klar, kriegen wir auch hin: Um Brust und Bizeps zu dehnen, können Sie sich beispielsweise dicht neben eine Wand stellen. Jetzt legen Sie die Hand, die zur selbigen zeigt, in Schulterhöhe hinter sich an der Wand ab. Es zieht im gesamten Oberkörper? Ein gutes Zeichen.

Dann sollte Boulder-Einsteiger dehnen Sie Ihre Hände und Finger (werden beim Bouldern besonders beansprucht): Arm ausstrecken, eine Faust machen – und diese mit der anderen Hand nach innen drücken. Es sollte an der Außenseite des Unterarms ziehen. Auch die Innenseiten wollen gedehnt werden: in den Vierfüßlerstand, Hände Richtung Körper drehen und leicht nach hinten bewegen. Dann machen Sie am besten noch etwas für die Beinrückseite und den Rücken: Beispielsweise könnten Sie die Füße im Sitzen mit gestrecktem Oberkörper greifen. Zu guter Letzt: Mit klassischen Ausfallschritten sorgen Sie für Beweglichkeit in Hüfte und Beinen. 

Richtiges Verhalten im Boulder-Raum

Nicht übereinander oder dicht beieinander klettern

Der Boulder-Raum sieht mit seinen dicken Matten vielleicht ein bisschen aus wie eine Hüpfburg, ist aber keine und sollte auch nicht als solche genutzt werden. Also: nicht rennen und toben. Auch gefährlich und daher unbedingt sein lassen: übereinander (oder dich beieinander) zu klettern.

Sturzraum freihalten

Glas-, Plastik- oder Metallflaschen gehören nicht auf die Matten, sondern auf dafür vorgesehene Ablageflächen. Schmuck sollte abgelegt werden, weil man damit schnell an Griffen in der Wand hängen bleiben kann.

Spotten – richtige Absicherung durch Dritte

Spotten meint das Absichern des Boulderers durch Dritte. Die Spotter sollen unkontrollierte Bodenstürze verhindern, indem sie beim Sturz den Boulderer in eine gute Landeposition bringen. Dabei wird der Stürzende durch die Spotter mittels Führung im Bereich der Hüfte (oder im Dach teilweise auch an den Schultern) in eine senkrechte Position geführt, damit er kontrolliert auf den Beinen landen kann. Was häufig missverstanden wird: Spotten bedeutet nur führen – nicht auffangen des Boulderers! Der Versuch, jemanden aufzufangen, ist gefährlich, weil es in der Regel nur dazu führt, dass sich am Ende beide verletzen.

Vor dem ersten Versuch: Routen lesen

Bevor man einen ersten Versuch startet, sollte man sich seine Boulder gut anschauen und sich vor seinem inneren Auge vorstellen, wie man ihn klettert: Wo sind welche Tritte? Wo sind welche Griffe? Kann ich Strukturen greifen wie Wandkanten oder Volumen? Könnten Tritte oder Griffe nicht mehr zu sehen sein, wenn man den Boulder klettert? Wie möchte man die Griffe greifen? Gibt es z.B. gute Griffpunkte für den Daumen, an denen man einen Zangengriff aufbauen kann? Dafür greift man wie mit einer „Playmobilhand“, klemmt den Griff zwischen Daumen und den anderen Fingern ein. Das Lesen der Route kann man ruhig zwei bis dreimal wiederholen. Wenn man sich sicher ist, die richtige Lösung für das Boulder-Rätsel gefundne zu haben, kann es losgehen.

Deutlich unter dem eigenen Schwierigkeitslevel beginnen

Auch wenn es in den Fingern juckt und die bunten Knöpfe ganz oben verlockend sein können: Einsteiger sollten mit einer Tour beginnen, die deutliche unter dem persönlichen Schwierigkeitslevel liegt. Das ist langweilig? Auf keinen Fall, versprochen! Das Tolle beim Bouldern ist, dass man neue Sequenzen immer wieder auschecken kann, neue Lösungen findet und die Züge irgendwann schafft. Der Prozess von „keinen Zug schaffen“ bis „Durchstieg“ ist oft langwierig, aber er zahlt sich aus. 

Die Grundregeln beim Hallen-Bouldern

  1. Um vom Start zum Ziel zu gelangen, darf man nur Griffe einer bestimmten Farbe sowie die Wandstruktur selber benutzen.
  2. Nicht mit den Armen hochziehen, sondern mit den Beinen hochdrücken – spart Kraft. Man braucht also keine besonders muskulösen Oberarme. Die werden dafür genutzt, das Gleichgewicht zu halten und die Körperhaltung an der Wand zu stabilisieren.
  3. Eindrehen und Po zur Wand. Indem man den Körperschwerpunkt geschickt verlagert, kann man besser aus den Beinen steigen, in denen man in der Regel mehr Kraft hat. Auch das spart Kraft und macht das Bouldern leichter.
  4. Die Wand mit immer mindestens drei Gliedmaßen berühren (Dreipunkt-Regel). Drei feste Punkte stabilisieren und verteilen das Gewicht optimal auf verschiedene Tritte und Griffe. Will man beispielsweise nach links, führt man den rechten Fuß hinter oder vor dem linken Bein vorbei und drückt die Fußspitze gegen die Kletterwand, um ein unkontrolliertes Herausklappen, offene Tür genannt, zu verhindern. Das minimiert die Gefahr abzurutschen – und spart Energie. Allerdings: Die Dreipunkt-Regel kommt eigentlich aus dem klassischen Klettersport und verliert beim Bouldern zunehmend an Bedeutung. Beim Hallen-Bouldern wird zunehmend mit weniger als drei Fixpunkten geklettert.

Die richtige Technik

Die Profis raten schon Anfängern dazu, an der richtigen Technik zu arbeiten. Am besten geht das, indem man erfahrenen Leuten zusieht, zusammen mit diesen bouldert oder einen Kurs macht. Krafttraining (Klimmzüge, Unterarmstütz, o. Ä.) sind erst später hilfreich.

Finger weg vom Fingerboard!

Vielleicht haben Sie in der Boulder-Halle dieses besondere Trainingsgerät entdeckt: ein großes Holzbrett, auf das unterschiedlich tiefe Griffe geschraubt sind und Leute wie z.B. Weltcup-Sieger Jan Hoyer – unfassbare Dinge tun.

Fingerboards, auch Hang- oder Campusboard genannt, erlauben spezifisches Fingerkrafttraining. Das ist an sich wichtig, denn wer stärkere Finger hat, verletzt sich später seltener. Aber: Für Einsteiger beim Bouldern (und nicht nur für die) ist das Verletzungsrisiko an den Boards aufgrund der hohen Belastung enorm! Doppelt und dreifach natürlich, wenn Sie müde und erschöpft sind. Wer also auf die Idee zu kommen, nach dem Bouldern noch ein bisschen am Fingerboard herumzuprobieren – vergessen Sie’s ganz schnell. Bevor es ans Board geht, müssen grundlegende Kletterfähigkeiten erworben werden. Den Experten zufolge sollte frühestens nach zwei bis drei Jahren Boulder-Erfahrung damit begonnen werden.

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