20. Mai 2020, 15:37 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Na, ist Ihnen am Wochenende zur Zeit auch manchmal langweilig? Dann verbringen Sie doch einfach mal 12 Stunden auf dem Laufband in Ihrem Wohnzimmer – sofern Sie Beides besitzen! So oder so ähnlich dachte sich das wohl Ultramarathon-Läufer Zach Bitter, der gerade den Weltrekord über 100 Meilen auf dem Laufband gebrochen hat.
Ihre Beine fühlen sich nach einer Stunde auf dem Laufband an wie Wackelpudding? Darüber kann der Amerikaner Zach Bitter wohl nur schmunzeln. Er hält nämlich seit Neuestem den Weltrekord über 100 Meilen auf dem Laufband – gebraucht hat er dafür etwas mehr als 12 Stunden. Eine Meile entspricht etwa 1,6 Kilometern. Der 34-Jährige hat also umgerechnet ganze 160 Kilometer zurückgelegt. Zum Vergleich: Das ist ziemlich genau die Strecke zwischen Berlin und Magdeburg.
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Corona-Lockdown zwang Zach Bitter zum Wohnzimmer-Marathon
Aber wie kommt man eigentlich auf diese etwas absurde Idee, einen halben Tag auf dem Laufband zu rennen? Nun ja, hier handelt es sich wohl um einen klassischen Fall von „Not macht erfinderisch“. Zach Bitter hat auf sportlicher Ebene schon immer einen Faible für extreme Herausforderungen bewiesen. Er ist nämlich ein „Ultramarathon“-Läufer. „Ultramarathons“ sind Rennen, die über die normale Distanz eines Marathons von 42,2 Kilometern (bisweilen weit) hinausgehen, zumeist mit 50 Kilometern, 100 Kilometern, 50 Meilen oder 100 Meilen Länge.
Bitters nächstes Ziel war eigentlich der „Ultra London“ im Juni 2020, ein 100-Meilen-Lauf auf einer 400 Meter langen Streckenrunde. Aufgrund der Corona-Krise wurde dieses Event aber abgesagt – ebenso wie alle anderen seiner geplanten Rennen für den Sommer. Der ehrgeizige Zach wollte sich sein Vorhaben aber nicht so leicht nehmen lassen.
„Ich habe hin und her überlegt, was einem 100-Meilen-Lauf am nächsten käme, das ich von zu Hause aus machen kann“, erzählt Bitter gegenüber Runner’s World. Das Ganze einfach auf sein heimisches Laufband zu verlegen, sei für ihn eine Art Challenge gewesen, um sich selbst mal wieder aus der eigenen Komfortzone zu locken, erklärt er weiter.
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Wie sich der Ultramarathon-Läufer auf den Weltrekordversuch vorbereitete
Übrigens: Die Vorbereitung auf seinen Lauf fand überwiegend gerade nicht auf dem Laufband statt. Der bereits gut trainierte Amerikaner verbrachte. Seine längste Strecke auf dem Laufband im Vorfeld betrug läppische 48 Kilometer. Diesen Übungslauf absolvierte er zwei Wochen vor dem Weltrekordversuch.
Was neben der körperlichen Vorbereitung fast noch wichtiger war, sei seine psychische Stärke – und deren Stärkung – gewesen. Denn: Das Ganze sei am Ende auch und vor allem eine psychologische Challenge gewesen. So unterscheide sich ein normaler Lauf auf mentaler Ebene stark von einem auf dem Laufband. „Bei klassischen Marathonläufen habe ich das Rennen besser unter Kontrolle und meine Splits sind gleichmäßig. Auf dem Laufband dagegen schaltet man eher ab, was sich zwar schön und sorgenfrei anfühlt, allerdings verliert man dadurch auch ein bisschen die Kontrolle“, so Bitter. Um diesen Effekt zu vermeiden und sich besser zu konzentrieren, variierte er seine Pace (durchschnittliche Zeit pro Kilometer bzw. Meile) während des Laufs immer wieder auf knapp unter und knapp über 7 Minuten pro Meile.
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Auch holte er sich Rat bei anderen Athleten, die selbst schon solche extrem langen Strecken auf dem Laufband absolviert hatten, um etwaigen körperliche Beschwerden vorzubeugen. So habe ihm ein anderer Läufer etwa den Tipp gegeben, die Neigung des Laufbands immer wieder etwas zu verändern, um die Hüften und Kniesehnen zu strecken und so Schmerzen zu verhindern.
So lief Zach Bitters Weltrekord-Lauf zu Hause ab
Am Samstag, den 16. Mai 2020, war es schließlich soweit und Zach Bitter startete seinen Weltrekordversuch. Natürlich nicht, ohne das Ganze auch medienwirksam zu verkaufen. Man konnte ihm den ganzen Tag per Livestream auf der Social-Media-Plattform Instagram dabei zuschauen.
Während des Laufs schalteten sich eine ganze Reihe von anderen bekannten Ultra-Runnern wie beispielsweise Jamil Coury, Dean Karnazes, Courtney Dauwalter oder auch Maggie Guterl in den Stream hinzu. Auch der amerikanische Stand-up-Comedian Bert Kreischer hatte in Stunde zehn einen Gastauftritt.
Bitter wechselte übrigens alle paar Stunden zwischen zwei verschiedenen Laufbändern hin und her um die Gefahr eines automatischen Abschalten während seines Laufs zu umgehen. Zu essen gab es lediglich eine Packung Kartoffelchips, die er nach Meile Nummer 87 in einer kurzen Pause zu sich nahm.
Und tatsächlich, nach 12 Stunden, 9 Minuten und 15 Sekunden war es vollbracht – Bitter durchquerte die eigens von seiner Frau aus Klopapier gebastelte Finish Line und stellte damit den neuen Weltrekord im Laufband-Ultramarathon über 100 Meilen auf. Dabei hatte er am Ende eine durchschnittliche Pace von 7:18 Minuten pro Meile, also umgerechnet 4:32 Minuten pro Kilometer.
Seine Gedanken und Gefühle während des Laufs teilte er danach mit seiner Instagram-Gemeinde. „Es gab da ein paar Stellen, an denen man sich körperlich wohl fühlt, aber mental will man einfach so sehr von diesem Laufband runter“, sagte Bitter nach seinem Rennen. „Es ist eine schöne Maschine, aber 12 Stunden von egal was sind eben einfach viel“, meinte der erstaunlich fit wirkende und frisch gebackene Weltrekordhalter.
Zach Bitter stößt den Kanadier Dave Proctor vom Thron
Auf die verrückte Idee, 100 Meilen auf einem Laufband zu laufen, kam Bitter übrigens nicht als Erster. Zuvor hatte der Kanadier Dave Proctor im Mai 2019 den bisherigen Weltrekord in dieser Disziplin aufgestellt. Diesen unterbot Bitter nun aber um 21:21 Minuten und stieß seinen Ultramarathon-Kollegen damit vom Thron.
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Der Ultra-Marathonläufer hält mehrere Weltrekorde
Zach Bitter ist in der Welt der extremen Lauf-Challenges übrigens bei Weitem kein Unbekannter. So hat der Ultramarathonläufer bereits zwei weitere Weltrekorde aufgestellt. Zum einen für den klassischen 100-Meilen-Marathon im Freien sowie auch den 12-Stunden-Lauf.