27. Juni 2022, 5:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ohne Tierleid, aber genauso lecker und nahrhaft: Das erhoffen sich viele bewusste Verbraucher vom veganen Käse. Kann das funktionieren? Ein Experte klärt auf.
Viele Vegetarier sind nur deshalb nicht vegan, weil sie einfach nicht auf Käse verzichten können. Milch, Joghurt, Eier? Kein Problem! Aber ohne Käse geht es einfach nicht. Verständlich, denn in Käse aus Milch steckt ein natürlicher Suchtstoff, der auch wunderbar beim Menschen wirkt (FITBOOK berichtete). Mit der veganen Variante erhoffen sich viele ein ähnlich tolles „Käseerlebnis“ – und zwar ohne Tierleid. Der britische Ernährungsforscher Richard Hoffman hat einmal einen genaueren Blick auf das aktuelle Angebot geworfen und für das Wissenschaftsmagazin „The Conversation“ aufgeschrieben, worauf man bei veganem Käse achten sollte.
Übersicht
Kaum noch Unterschied bei Textur und Aussehen
Dank gestiegener Nachfrage ist das vegane Käseangebot vielfältig und wirkt oft täuschend echt, stellt der Experte fest. Textur, Aussehen und sogar Schmelzfähigkeit – alles, wie es sein soll. Um dies zu erreichen, braucht es vor allem Stärke und Öl, meist Kokos- oder Palmöl. „Beides ist vom geringen Nährwert“, merkt Hoffman an. „Wenn wir zum Beispiel Stärke essen, wird sie in unserem Darm zu Zucker abgebaut. Im Laufe der Zeit könnte zu viel Stärke möglicherweise zu Gewichtszunahme oder Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und Herzerkrankungen führen.“
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Achten Sie darauf, dass weder Palm- noch Kokosöl auf der Zutatenliste stehen
„Kokosöl besteht hauptsächlich aus gesättigten Fettsäuren“, warnt der Ernährungsexperte. Sie erhöhen im Blut den schlechten LDL-Cholesterinspiegel, was auf Dauer das Risiko für Herzerkrankungen erhöht. Dies sei der Fall bei Laurinsäure, der Hauptart gesättigter Fettsäuren in Kokosöl. Worauf noch bei der Wahl seines veganen Käses zu achten ist, dass ebenfalls kein Palmöl drin steckt. Dieses ist – neben seiner für die Umwelt problematischen Erzeugung – nicht besser. „Etwa die Hälfte des Fettes in Palmöl ist gesättigtes Fett – größtenteils eine Art namens Palmitinsäure. Diese erhöht ebenso wie die Laurinsäure das Risiko einer koronaren Herzkrankheit.“ Außerdem weist der Experte darauf hin, dass es so etwas wie „nachhaltiges Palmöl“ nicht gibt.
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Veganer Käse enthält meist kaum Proteine
Während Milchkäse eine gute Proteinquelle darstellt, hat der vegane Käse davon nur wenig zu bieten. „Die Mengen und Arten von Vitaminen und Mineralien, die veganer Käse enthält, variieren ebenfalls erheblich, da es Sache des Herstellers ist, diese während der Produktion hinzuzufügen.“ Was oft fehlt sind: Kalzium, Jod, Vitamin B12, Vitamin K und Vitamin D. Allesamt wichtig für gesunde Knochen und Stoffwechselfunktion. In Milchkäse sind diese alle natürlicherweise enthalten, weshalb sie vom Körper noch besser aufgenommen werden können. Und: Veganer Käse ist ein ultraverarbeitetes Produkt – und gehört damit streng genommen in die Kategorie Genussmittel und nicht Lebensmittel.
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Wenn veganer Käse, dann diese Sorte …
Es gibt nicht nur schlechte Nachrichten für vegane Käsefans. „Veganer Käse auf Cashewnuss-Basis ist sogar richtig gesund. Da stecken auch viele Proteine drin.“ Cashewnuss-Käse ist auch nicht so stark verarbeitet und zudem natriumarm. Der einzige Nachteil: Er ist meist recht kostspielig. Zum Glück liefern Cashews jede Menge L-Tryptophan gleich mit. Daraus „bastelt“ sich das Gehirn das Glückshormon Serotonin – also Happy-Kick inklusive!
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Eine gesunde vegane Ernährung ist möglich
Ernährungsexperte Hoffman betont abschließend, dass die Entscheidung, sich ohne tierische Produkte zu ernähren, absolut begrüßenswert ist. Allerdings müssen Veganer einmal mehr darauf achten, wirklich alle Nährstoffe zu bekommen. Eine vegane Ernährung ist nur dann gesund, wenn die hauptsächlich aus „natürlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Nüssen und Hülsenfrüchten besteht.“ Das bedeutet nicht nur, ein Vitamin-D- bzw. Vitamin-B12-Präparat im Schrank zu haben, sondern die Inhaltsstoffe von Fertigprodukten besonders genau zu prüfen.
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Quellen
- 1. The Coversation. Vegan cheese: what you should know (aufgerufen am 24. Juni 2022)