4. Juli 2018, 11:49 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Unsere Großelterngeneration hat gepredigt, jeden Bissen mindestens 30 Mal zu kauen. Manche nennen auch 32 Mal als ideal. Bis heute halten sich viele daran. Aber warum sollen 32 besser als 29 Mal sein – und wieso ist extrem durchgeweichtes Essen überhaupt bekömmlicher? FITBOOK hat sich schlaugemacht.
Hinter dem Oft-Kauen-Gebot steckt sicherlich die Idee, gemächlich und bewusst zu essen. In verschiedenen Studien ist bereits belegt worden, dass langsame Esser weniger zu Übergewicht neigen. Bis sich appetitanregende und -hemmende Botenstoffe reguliert haben, soll der Körper etwa 20 Minuten brauchen. Wer zu sehr hastet, läuft dementsprechend Gefahr, über den Sättigungspunkt hinaus zu essen. Man könnte aber doch auch einfach zwischen den einzelnen Happen Pausen machen…?
Das haben wir schon im Biologie-Unterricht gelernt: Speichelbildung spielt bei der verdauungsfähigen Aufbereitung von Nahrung eine große Rolle. Hardliner glauben sogar, dass Nährstoffe aus dem Essen nicht verwertet werden können, wenn man nicht jeden einzelnen Bissen gründlichst mit den Zähnen zerkleinert und mit Speichel durchtränkt hat. Stimmt das?
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Essen hat nichts mit Rechnen zu tun
Kauen ist tatsächlich „der erste Schritt der Vorverdauung“. Das erklärt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop im Gespräch mit FITBOOK. Zum einen werde der Speisebrei dadurch schluckfähig gemacht und zum anderen begännen Verdauungsenzyme aus dem Speichel, langkettige Kohlenhydrate aus dem Essen zu zersetzen und in kleinere, besser verdauliche Moleküle umzuwandeln. Deshalb muss aber nicht jeder Bissen zur Matheaufgabe werden. Knops Tipp: „Vertrauen Sie beim Kauen auf Ihre natürliche Kaufrequenz! Der Körper weiß am besten, wann Ihr Essen ‚bauchbereit‘ ist und heruntergeschluckt werden sollte.“ Ein klarer Hinweis darauf, dass dieser Mechanismus intuitiv gut funktioniere, sei die Tatsache, dass das Kauen normalerweise automatisch geschieht.
»Das Kauen zu zählen, kann gefährlich werden!
Der Diplom-Ökotrophologe und Buchautor („Intuitiv essen – Aktiviere dein natürliches Schlankheitsprogramm“, Riva-Verlag) findet das „Kauen nach Zahlen“ nicht bloß unnötig. Er würde sogar davor warnen. „Bei ernährungshypersensiblen Menschen könnte es eine Essstörung fördern, wenn sie sich permanent zu sehr auf das Kauzählen konzentrieren“, so Knop, „und dabei der Genuss völlig in Vergessenheit gerät.“ Beim Kauen gehe es nicht zuletzt auch darum, sein Essen – in Zusammenarbeit dem Geruchssinn der Nase – zu schmecken.
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Ausgewogen ist alles! Es gibt keine „gesunden“ Lebensmittel
Fazit
Dass es keine Ideal-Kauanzahl geben kann, erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass auch Lebensmittel sich unterscheiden. Oder wie Ernährungsexperte Knop sagt: „Eine große Gabel Salat mit rohen Zwiebeln, Kraut und Gurken kaut man natürlich länger als ein kleines Stück weiches Croissant.“ Grundsätzlich ist es sicherlich ratsam, sich für sein Essen Zeit zu nehmen. Wer jedoch eher von der schnelleren Sorte is(s)t – und deshalb keine Magenprobleme hat –, braucht sich von anderen auch nicht den vollen Mund verbieten zu lassen.
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