27. Juni 2023, 18:26 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Im stressigen Alltag fehlt oftmals die Zeit für eine frische und ausgewogene Mahlzeit. Hier will YFood eine schnelle und gesunde Alternative sein: Das Getränk, das mit dem Slogan „This is Food“ wirbt, enthält angeblich alle wichtigen Nährstoffe und soll zudem lange sättigen. Foodwatch sieht das anders und nominierte das Produkt für den „Goldenen Windbeutel 2023“ – eine von Verbrauchern gewählte Auszeichnung für die dreisteste Werbelüge. Gemeinsam mit einem Ernährungswissenschaftler hat FITBOOK den Mahlzeitenersatz unter die Lupe genommen.
Den Drink entwickelt haben die YFood-Gründer Benjamin Kremer und Noel Bollmann. Ihre Erfindung haben die ehemaligen Banker 2018 mit Erfolg in der „Höhle der Löwen“ (DHDL) gepitcht. Inzwischen hat sich die Produktpalette des Unternehmens mit Sitz in München erweitert. Drink, Pulver zum Anmischen von Shakes, Riegel und Hot Bowls – alle in Zusammenarbeit mit Lebensmitteltechnologen entwickelt und in Deutschland und Österreich produziert. Inzwischen gibt es die YFood-Drinks in 30 Ländern online sowie in sechs europäischen Ländern im Einzelhandel zu kaufen. Doch was steckt wirklich in der Trinkmahlzeit und wie gesund ist YFood mit dem Slogan „This is food“ wirklich?
Übersicht
Ist YFood ein gesunder „Fast-Drink“?
Die beiden Gründer wollten etwas zum Express-Verzehr auf den Markt bringen, das alle wichtigen Nährstoffe liefert, die man insbesondere in stressigen Phasen braucht. Dafür haben sie sich einen Lebensmitteltechnologen ins Boot geholt und YFood entwickelt: ein Getränk (mit Vanille-Geschmack), das pro Portion eine komplette Mahlzeit ersetzen soll, weshalb auf der Flasche eben auch „This is food“, z. Dt.: „Das ist Essen“, steht. Auf gesunde Weise. Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker – Fehlanzeige. Stattdessen seien, wie Kremer FITBOOK versichert, „Proteine, Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien sowie wichtige Omega-Fettsäuren“ enthalten.
Anders als vergleichbare Smoothies soll der YFood-Drink nicht nur gesund sein, sondern auch besonders gut sättigen: bis zu vier Stunden lang. Klingt nach Kalorienbombe, soll tatsächlich aber ungefähr einer vernünftigen Mahlzeit entsprechen (eine Flasche kommt auf rund 500 Kalorien). Die Basis des Drinks ist laktosefreie Milch, außerdem kommen Zusätze wie Kokosnusspulver, Haferfasern, Sonnenblumenöl und einiges mehr hinein.
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Die Nährwerte von YFood im Überblick
Nährwerte | pro 100 ml | RM* |
---|---|---|
Energie | 418 kJ / 100 kcal | 17 % |
Fett | 4,7 g | 22% |
- davon gesättigte Fettsäuren | 1 g | 5 % |
Kohlenhydrate | 6,8 g | 3 % |
- davon Zucker | 4,5 g | 5 % |
Ballaststoffe | 1,6 g | |
Eiweiß | 6,8 g | 14 % |
Salz | 0,17 g | 3 % |
Ist YFood gesund? Das sagt der Ernährungswissenschaftler
Wirklich neu sei das Ganze nicht, klärt uns Ernährungswissenschaftler Prof. PhDr. Sven-David Müller auf. „Solche Produkte werden in der Ernährung von Kranken seit Jahrzehnten verwendet, wenn jemand nicht essen kann oder darf.“ Er selbst könnte es nicht verstehen, wenn jemand ohne Not zu einem solchen „Kunstprodukt“ greifen würde. Und dafür findet er mehrere Argumente.
Umstrittene Inhaltsstoffe?
Der Experte betont, dass Ernährung so natürlich wie möglich sein sollte – und findet auf der Inhaltsstoff-Liste von YFood gleich einiges, das seiner Kenntnis nach umstritten ist. Seine Warnung betrifft etwa Haferfasern und Maltodextrin, die man in aufwändigen industriellen Prozessen herstellen muss und die weitere Nachteile mit sich bringen sollen. „Maltodextrin hat einen extrem hohen glykämischen Index, ebenso wie die zugesetzte Reisstärke“, so Müller. Zur Erklärung: Mit dem glykämischen Index (GI) wird die Wirkung von kohlenhydrathaltigen Speisen und Getränken auf den Blutzuckerspiegel bewertet. Dabei gilt die Faustregel: je höher, desto ungünstiger.
Verbesserte Rezeptur seit Markteinführung
Tatsächlich wurde in puncto Inhaltsstoffe nachgebessert. So enthielt das Produkt bei seiner Einführung noch Carrageen, eine Verbindung, die in zahlreichen Fertiglebensmitteln (z. B. Pudding, Salatsoße oder Eiscreme) als Gelier- und Verdickungsmittel eingesetzt wird. Und das, obwohl sie die Darmflora schädigen soll. Inzwischen habe YFood die Rezeptur so weiterentwickelt, dass der umstrittene Inhaltsstoff nicht mehr enthalten ist, erfuhr FITBOOK. Und dass das offenbar stimmt, zeigt die aktuelle Zutatenliste.
YFood-Zutatenliste von „Smooth Vanilla“
Fettarme Milch, Wasser, Milcheiweiß, pflanzliche Öle 2,9 % (Raps, Sonnenblume), Kokosnussmilch, glutenfreie Haferfaser, lösliche Maisfaser, Reispulver (Reismehl, Reisstärke, Reissirup), Vitamine (A, C, D, K, B1, B3, B5, B6, Folsäure, Biotin), Mineralstoffe (Magnesium, Eisen, Kupfer, Mangan, Selen, Chrom, Molybdän, Jod), Emulgator Lecithine; Maltodextrin, Süßungsmittel Sucralose; Stabilisatoren Gellan, verarbeitete Euchema-Algen; Laktase, natürliche Aromen.
YFood im FITBOOK-Test
Natürlich ist eine echte Mahlzeit jeder Trinkvariante zu bevorzugen. Bevor man aber zwischen Tür und Angel fettiges Fast Food verdrückt oder zur Chipstüte greift, weil man für „vernünftiges“ Essen einfach keine Zeit findet, stellt YFood ohne Frage eine gute Alternative dar. Aber macht es auch wirklich satt, wie die beiden Gründer versprechen? Und schmecken die Drinks überhaupt?
Um das herauszufinden, hat FITBOOK-Redakteurin Anna Kessler das Mittagessen in der Kantine mit YFood ausgetauscht. Geschmacklich hat es überzeugt. Auch zwei Stunden später war noch eine Sättigung da, allerdings fühlte sich der Magen leer und unangenehm flau an.
YFood erweitert Sortiment und verbessert Rezeptur
Seit der Aufzeichnung von „Die Höhle der Löwen“, in der Investor Frank Thelen in das Start-up einstieg, ist YFood, das mit dem Slogan „This is food“ wirbt, stark gewachsen. Inzwischen gehören neben milchbasierten auch vegane Drinks und Pulver sowie Riegel und Bowls in verschiedenen Sorten, Größen und Geschmacksrichtungen zum Sortiment. Auch die Rezeptur wurde überarbeitet. Dabei wurde der Anteil an Maltodextrin „so weit reduziert, dass er weiter positive Effekte hat, während der negative Effekt nicht mehr ins Gewicht fällt“, heißt es auf der Website des Unternehmens. Auch der glykämische Index sei überprüft worden: „Unser Crazy Coconut Drink hat einen geringen GI von nur 32. Das bedeutet, dass der Blutzuckerspiegel nur geringfügig ansteigt und stetig wieder absinkt. Dadurch ist der Hungerstoffwechsel keinen starken Schwankungen wie einem übermäßigen Sättigungsgefühl oder einem plötzlichen Heißhunger ausgesetzt.“
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Foodwatch setzte YFood auf der Nominierungsliste zum „Goldenen Windbeutel 2023“
Nicht nur Ernährungswissenschaftler Prof. PhDr. Sven-David Müller sieht das Produkt kritisch. Die Verbraucherorganisation Foodwatch zeichnet jedes Jahr ein Produkt für die dreisteste Werbelüge mit dem „Goldenen Windbeutel“ aus. 2023 wurden fünf Kandidaten nominiert, die exemplarisch für Verbrauchertäuschung im Supermarkt stehen, darunter die Trinkmahlzeit von YFood. Zur Begründung erklärt Foodwatch: „Auf der Verpackung des Drinks prangt der Slogan „This is Food“. Eine 500ml-Flasche soll eine Mahlzeit ersetzen und wird als gesund, ausgewogen und vollwertig beworben. Tatsächlich handelt es sich schlicht um Milch mit Wasser und ein paar zugesetzten Vitaminen, Mineralien und Süßstoff.“ Das Ganze werde überteuert verkauft – für 7,98 Euro pro Liter. Am Ende wählten Verbraucherinnen und Verbraucher in einer Online-Abstimmung die „Pom-BärOfen-Minis“ zur „dreistesten Werbelüge“ (28 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen). Doch YFood schaffte es auf einen ebenfalls unrühmlichen zweiten Platz bei der Wahl zum „Goldenen Windbeutel 2023“ – mit 22,4 Prozent.
Außerdem: YFood schmückt sich derzeit zwar noch mit dem Nutri-Score A. Das wird aber nicht mehr lange möglich sein. Wie FITBOOK bereits berichtete, wurde kürzlich die Berechnungsgrundlagen der Lebensmittelampel verbessert. Demnach kommen einige Produkte künftig schlechter weg, darunter YFood. Nach der neuen Berechnung wird der Drink ein rotes E erhalten – also die schlechteste Bewertung für Produkte mit einer eher ungünstigen Nährwertzusammensetzung. Darauf weist Foodwatch hin.
FITBOOK hat bei YFood nachgefragt, wie das Unternehmen zu den erhobenen Kritikpunkten steht. Von der Pressestelle heißt es: „Der Hauptvorwurf ‚Why Food? Ist doch nur teure Milch mit ein paar Zusätzen‘ ist unserer Meinung nach nicht gerechtfertigt.“ Auch die anderen Kritikpunkte seien aus dem Zusammenhang gerissen. Das Unternehmen hätte deshalb hierzu einen Blogbeitrag veröffentlicht, der etwas mehr Kontext gäbe. Die Nominierung zum „Goldenen Windbeutel“ sieht YFood als Chance, „um über Smart Food als neue und erklärungsbedürftige Lebensmittelkategorie weiter aufzuklären.“