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Harvard-Studie

60 Prozent der Weltbevölkerung haben einen Mangel an 4 wichtigen Nährstoffen

Nährstoffmangel Weltbevölkerung
Weltweit gibt es bestimmte Nährstoffe, von denen ein Großteil der Bevölkerung zu wenig aufnimmt Foto: Getty Images

5. September 2024, 16:19 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Es ist ein Weckruf für die globale Gesundheit: Die Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten Harvard-Studie offenbaren, dass Milliarden Menschen weltweit unzureichende Mengen an Mikronährstoffen zu sich nehmen, die wichtig für die Gesundheit sind. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke berichtet, um welche Nährstoffe es sich handelt.

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Kürzlich wurde die erste Studie veröffentlicht, die globale Schätzungen zur unzureichenden Aufnahme von wichtigen Vitaminen und Mineralien liefert. Ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern der Harvard T. H. Chan School of Public Health sowie der Global Alliance for Improved Nutrition (GAIN) setzten sich zum Ziel, die globale Prävalenz für Mängel von 15 essenziellen Mikronährstoffen zu schätzen und diese Lücken in der Ernährung in bestimmten demografischen Gruppen und Ländern zu identifizieren. Mikronährstoffmängel zählen weltweit zu den häufigsten Formen der Mangelernährung – und jeder dieser Defizite hat spezifische gesundheitliche Konsequenzen. Sie reichen von negativen Auswirkungen auf Schwangerschaftsverläufe über Erblindung bis hin zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Und in der Weltbevölkerung besteht offenbar für vier wichtige Stoffe ein Nährstoffmangel.

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Wie gingen die Wissenschaftler vor?

Die Wissenschaftler verwendeten zum einen Daten aus der Global Dietary Database, eine Datenbank, welche nationale repräsentative Umfragen zur Schätzung des globalen Ernährungsstatus nutzt. Zum anderen verwendeten sie Informationen der Weltbank und solche aus Ernährungsumfragen in 31 Ländern. Auf dieser Basis verglichen sie den Nährstoffbedarf mit der Nährstoffaufnahme von 99,3 Prozent der Weltbevölkerung in 185 Ländern.1

Weiterhin teilte das Forschungsteam die Bevölkerung in Männer und Frauen aus 17 Altersgruppen ein: Null bis 80 Jahren in Fünfjahresspannen sowie eine Gruppe über 80. Bei der Bewertung wurden 15 Vitamine und Mineralien untersucht:

Besonders spannend für Wissenschaftler, Fachleute und Interessierte: Alle Daten sowie der Code der Analyse sind kostenlos und frei zugänglich.

„Es ist gar nicht so einfach, einen Nährstoffmangel zu bemerken!“

„Ein Nährstoffmangel liegt häufig bereits vor dem Auftreten von Symptomen vor. Hinzu kommt, dass es sich nicht immer um besonders spezifische Symptome handelt. So können Beschwerden wie Müdigkeit, brüchige Nägel, Haarausfall, Kopfschmerzen und weitere die Folge vielerlei Ursachen sein. Wer sich häufig müde oder erschöpft fühlt, könnte beispielsweise an einem bisher nicht diagnostizierten Diabetes Typ 2 erkrankt sein. Es könnte sich aber auch um einen Hinweis auf einen Eisenmangel handeln.

Deswegen ist es wichtig, bei einem Verdacht auf Nährstoffmangel diese ärztlich abklären zu lassen. Wer eine bestimmte Ernährungsform verfolgt, etwa eine vegetarische oder vegane Kost, sollte insbesondere auf die Mikronährstoffe Vitamin B12 (muss bei Veganern über Supplemente aufgenommen werden), Vitamin D, B2, Kalzium und Eisen achten. Ich empfehle, diese regelmäßig beim Hausarzt kontrollieren zu lassen.“

Bei vier Vitaminen und Mineralien besteht ein Nährstoffmangel in der Weltbevölkerung

Fast alle untersuchten Mikronährstoffe wiesen signifikante Defizite in der Zufuhr auf. Allerdings schlossen die Forscher die Anreicherung von Lebensmitteln als mögliche Quelle zusätzlicher Nährstoffe aus. Besonders gravierend fiel der Nährstoffmangel von Jod, Vitamin E, Kalzium und Eisen auf, welche in über der Hälfte der Weltbevölkerung auftraten. Genauer waren es bei Jod 68 Prozent (also 5,1 Milliarden Menschen), dicht gefolgt von Vitamin E mit 67 Prozent (5 Milliarden Menschen), Kalzium mit 66 Prozent (5 Milliarden Menschen) und schließlich Eisen mit 65 Prozent (4,9 Milliarden Menschen).

Aber auch bei Riboflavin, Folsäure sowie die Vitamine C und B6 konsumierte mehr als die Hälfte der Menschen nicht genügend. Niacin schnitt im Vergleich am besten ab, wobei dennoch 22 Prozent der Weltbevölkerung unzureichende Mengen aufnahmen. Thiamin (30 Prozent) und Selen (37 Prozent) lagen ebenfalls im unteren Bereich der Bedarfsdeckung.

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Regionale und geschlechtsspezifische Unterschiede

Die Studie ergab, dass Frauen innerhalb derselben Länder und Altersgruppen häufiger von Jod-, Vitamin B12-, Eisen- und Selenmangel betroffen waren als Männer. Diese wiesen wiederum häufiger Mängel von Kalzium, Niacin, Thiamin, Zink, Magnesium sowie den Vitaminen A, C und B6 auf. Besonders deutlich zeigten sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Nährstoffunterversorgung in den Altersgruppen zwischen zehn und 30 Jahren.

Als besonders besorgniserregend wurde die geringe Kalziumaufnahme von den Autoren betont. Diese betrifft beide Geschlechter im Alter zwischen zehn und 30 Jahren weltweit. Regional ist dieser Mangel insbesondere in Süd- und Ostasien sowie Afrika südlich der Sahara zu verorten. Aber auch in wirtschaftlich stärker entwickelten Regionen wie Nordamerika, Europa und Zentralasien war die Kalziumversorgung häufig unzureichend.

Wissenschaftler schlagen Alarm

Ty Beal, leitender technischer Spezialist bei GAIN, betont in einer Pressemitteilung: „Diese Ergebnisse sind alarmierend. Die meisten Menschen – sogar mehr als bisher angenommen, in allen Regionen und Ländern aller Einkommensgruppen – konsumieren nicht genug von mehreren essenziellen Mikronährstoffen. Diese Lücken beeinträchtigen die Gesundheit und begrenzen das menschliche Potenzial auf globaler Ebene.“2

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Der leitende Autor Christopher Golden der Harvard Chan School fügt hinzu: „Die Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit, vor denen wir stehen, sind enorm, aber Fachleute und politische Entscheidungsträger haben die Möglichkeit, die wirksamsten Ernährungsinterventionen zu identifizieren und sie gezielt auf die Bevölkerungsgruppen auszurichten, die sie am dringendsten benötigen.“

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Einordnung der Studie

Die Wissenschaftler geben zu bedenken, dass ihre Ergebnisse möglicherweise durch einen Mangel an verfügbaren Daten, vornehmlich zur individuellen Nahrungsaufnahme weltweit, eingeschränkt wurden. Denn obwohl die Datengrundlage mit der Zeit präziser geworden sei, seien landesweit repräsentative quantitative Daten zur Nahrungsaufnahme der vergangenen zehn Jahre rar.

Weiterhin berücksichtigt die Untersuchung keine Daten zur Anreicherung oder Nahrungsergänzung. Das bedeutet, dass die Schätzungen zu Nährstoffmängeln das Risiko für einige wichtige Nährstoffe (z. B. Jod) an bestimmten Orten der Welt wahrscheinlich überschätzen. So führen die Wissenschaftler an, dass laut UNICEF schätzungsweise 89 Prozent der Weltbevölkerung Jodsalz zu sich nehme. Daher könnte der festgestellte gravierende Jodmangel eine Überschätzung darstellen. Allerdings sind eine Nahrungsergänzung sowie Anreicherung von Lebensmitteln mit vielen anderen Mikronährstoffen weltweit nicht üblich.

Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass – mit Ausnahme von Eisen und Zink – keine Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Nährstoffen oder die Bioverfügbarkeit berücksichtigt werden konnte.

Zuletzt ist anzumerken, dass Co-Leitautorin Simone Passarelli finanzielle Unterstützung des National Institutes of Health erhielt.

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Quellen

  1. Passarelli, S., Free, C. M., Shepon, A. et al. (2024). Global estimation of dietary micronutrient inadequacies: a modelling analysis. The Lancet Global Health. ↩︎
  2. Harvard T. H. Chan School of Public Health. Billions worldwide consume inadequate levels of micronutrients critical to human health. EurekAlert! (aufgerufen am 05.09.2024) ↩︎
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