12. Dezember 2020, 17:12 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wenn es ums Abnehmen oder die Vorbeugung von Krankheiten durch eine gesunde Ernährung geht, ist immer wieder vom glykämischen Index bestimmter Lebensmittel die Rede. Doch was ist das genau – und welchen Einfluss hat er auf unseren Blutzuckerspiegel? FITBOOK erklärt’s.
Häufiger Harndrang, trockene Haut und Übergewicht – dies sind nur drei Symptome, die auf einen erhöhten Blutzuckerspiegel hindeuten. Wird dieser nicht dauerhaft gesenkt, besteht das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Neben Bewegungsmangel ist vor allem die westliche Ernährung ein Risikofaktor. Denn in den USA oder Europa kommen besonders viele Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index (GI) auf den Tisch. Aber was ist der glykämische Index genau, warum beeinflusst er unseren Blutzuckerspiegel und wie hoch ist der glykämische Index verschiedener Lebensmittel? Fragen, auf die uns der Ernährungsexperte und Personaltrainer Tobias Beuter aus Cochem Antworten geben kann.
Übersicht
Was ist der glykämische Index?
Kurz gesagt: Der glykämische Index – auch Glyx genannt – zeigt, welche Wirkung ein kohlenhydratreiches Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel hat. Entwickelt wurde der Begriff in den 1980er-Jahren. Damals stellten Ernährungswissenschaftler fest, dass der Verzehr von Weißbrot den Blutzuckerspiegel in die Höhe schnellen lässt. Seither wird die blutzuckersteigernde Wirkung von Traubenzucker als Referenzwert verwendet – wobei Traubenzucker, also Glukose, einen Wert von 100 hat.
Das bedeutet: Ein geringer glykämischer Index von 20 (wie etwa der von Kirschen), lässt den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen als ein GI von 75 (z. B. der von Donuts). „Ob ein Lebensmittel schädlich oder gesund ist, entscheidet aber nicht allein die Menge an Kohlenhydraten. Viel entscheidender, ist die sogenannte glykämische Last“, erklärt Ernährungsberater Tobias Beuter.
Was ist die glykämische Last?
Die glykämische Last (GL) bezieht sich auf die Kohlenhydratdichte eines Lebensmittels. Ein Beispiel: Weißbrot und gekochte Möhren haben beide einen glykämischen Index von 70. 100 Gramm Möhren haben aber nur eine Kohlenhydratdichte von 7,1 Gramm, Weißbrot hingegen von 51 Gramm. Die glykämische Last der Möhren ist damit erheblich geringer und das Gemüse lässt den Blutzuckerspiegel weitaus langsamer und geringer ansteigen. „Lebensmittel wie Möhren oder Vollkornprodukte enthalten zudem viele wertvolle Ballaststoffe. Deshalb machen sie länger satt und sind gerade für Sportler eine gute Energiequelle“, erläutert Tobias Beuter weiter.
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Wann gilt der glykämische Index als hoch?
Zum glykämischen Index wurde mittlerweile hunderte Studien mit dutzenden verschiedenen Lebensmitteln durchgeführt. Ab wann ein glykämischer Index genau als hoch gilt, ist von Studie zu Studie verschieden. Die Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V. hat die folgenden Richtwerte veröffentlicht:
Einstufung | Glykämischer Index | Glykämische Last |
---|---|---|
niedrig | <55 | <10 |
mittel | 56-70 | 11-20 |
hoch | >70 | >20 |
Was passiert, wenn wir Lebensmittel mit hohem GI essen?
Nach dem Verzehr von Lebensmitteln mit einem hohen GI steigt der Blutzuckerspiegel an. Aber welche Auswirkungen hat das genau auf unseren Körper? „Wenn wir Süßigkeiten essen oder Softdrinks zu uns nehmen, schüttet der Körper eine große Menge Insulin aus“, erklärt Tobias Beuter. Das Insulin leitet den Zucker in die Zellen und senkt den Blutzuckerspiegel anschließend wieder ab. „Die Folge ist eine Unterzuckerung. Wir fühlen uns schlapp und bekommen Heißhunger. Das ist der Beginn eines Teufelskreises, der schnell zu Übergewicht führen kann.“
Passiert dies zu oft, stellt die Bauchspeicheldrüse zwar weiterhin genügend Insulin her, dieses wird von den Zellen aber nicht mehr richtig verarbeitet. So entsteht eine Insulinresistenz und später ein Insulinmangel, der nur mit Spritzen kompensiert werden kann. So entsteht Diabetes Typ 2.
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Lebensmittel und ihr glykämischer Index
Gerade wer bereits an Übergewicht leidet, raucht und sich nur wenig bewegt, sollte also auf Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index und einer geringen glykämischen Last setzen. Die folgende Tabelle basiert auf Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und gibt einen guten Überblick über einige der beliebtesten Lebensmittel:
Lebensmittel | Glykämischer Index | Glykämische Last |
---|---|---|
Jasmin-Reis | 109 | 46 |
Kartoffeln | 82 | 25 |
Wassermelone | 80 | 5 |
Weizenvollkornbrot | 74 | 9 |
Isotonisches Sportgetränk | 70 | 13 |
Haferflocken | 55 | 13 |
Orange | 40 | 4 |
Banane | 47 | 11 |
Grüne Linsen | 37 | 5 |
Apfel | 35 | 4 |
Aprikose | 34 | 3 |
Kuhmilch | 31 | 4 |
Cashews | 25 | 3 |
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Regelmäßige Bewegung hält Blutzuckerspiegel stabil
Aber keine Sorge. Sie müssen nun nicht mit der Tabelle in der Hand einkaufen gehen. „Die Dosis macht das Gift – und wer ansonsten einen gesunden Lebensstil pflegt, darf auch mal über die Stränge schlagen“, betont Personaltrainer Beuter. Neben einer abwechslungsreichen Ernährung mit Obst, Gemüse und etwas Fleisch oder Fisch sei vor allem regelmäßige Bewegung eine echte Geheimwaffe gegen einen hohen Blutzuckerspiegel.
„Gehen Sie nicht nur Joggen, sondern bauen Sie zusätzlich ein paar Muskeln auf“, empfiehlt er. „Muskeln verbrennen auch im Ruhezustand Energie und tragen so dazu bei, dass wir Lebensmittel mit hohem glykämischen Index besser vertragen. Da verzeiht uns der Körper auch den Becher Eis am Wochenende.“