19. Dezember 2022, 6:45 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Eigentlich klingt es ganz einfach: Man macht Sport, rechnet danach die verbrannten Kalorien aus und kann sich entsprechend etwas mehr Essen gönnen. Doch dahintersteckt ein Rechenfehler, der zur Gewichtszunahme führen kann.
Kalorienzählen ist gar nicht so einfach, wie man zunächst annehmen könnte. Es reicht eben nicht, die zugeführten Kalorien zu zählen und dann den Kalorienverbrauch bei sportlichen Aktivitäten gegenzurechnen. Der typische Denkfehler: Wer 600 Kalorien beim Laufen verbrannt hat, denkt mitunter, er könne im Anschluss nun 600 Kalorien zusätzlich verspeisen, ohne zuzunehmen. Dem ist jedoch nicht so. Der tägliche Gesamtkalorienverbrauch des Menschen ist recht komplex, denn er setzt sich aus vier Faktoren zusammen, die jeweils einzeln ermittelt werden müssen:
- dem Grundumsatz (BMR)
- der sportunabhängigen Aktivitäts-Thermogenese (NEAT)
- der trainingsinduzierten Thermogenese (EAT)
- der nahrungsinduzierten Thermogenese (TEF)
FITBOOK erklärt, wie man verbrannte Kalorien richtig zählen sollte.
Übersicht
Zunächst den Grundumsatz (BMR) ausrechnen
Wer mit dem Kalorienzählen anfängt, der muss zunächst seinen Grundumsatz kennen. Das sind jene Kalorien, die im Laufe von 24 Stunden verbrannt werden, um alle wichtigen Funktionen des Körpers aufrechtzuerhalten. Mit anderen Worten: Wenn wir liegen und nichts machen, uns also nicht bewegen würden, verbrennen wir immer noch Kalorien. Das ist der Grundumsatz. Eine exakte Berechnung ist recht kompliziert, weil dabei idealerweise nicht nur Alter, Geschlecht, Gewicht und Größe eine Rolle spielen, sondern auch der Muskelanteil. Denn je mehr Muskeln wir haben, desto mehr Kalorien verbrennen wir, ohne etwas zu tun.
Einen ungefähren Wert, wie viele Kalorien wir im Ruhezustand in 24 Stunden verbrauchen, liefert die sogenannte Harris-Benedict-Formel, wobei der individuelle Muskelanteil nicht berücksichtigt wird:
- Grundumsatz von Frauen = 655,1 + (9,6 x Körpergewicht in kg) + (1,8 x Körpergröße in cm) – (4,7 x Alter in Jahren). Beispiel: Bei einer 42 Jahre alte Frau, die 1,68 Meter groß und 65 Kilogramm schwer ist, beträgt der Grundumsatz 1384,1 Kilokalorien.
- Grundumsatz von Männern = 66,47 + (13,7 x Körpergewicht in kg) + (5 x Körpergröße in cm) – (6,8 x Alter in Jahren). Beispiel: Bei einem 37 Jahre alten Mann, der 1,75 Meter groß und 80 Kilogramm schwer ist, beträgt der Grundumsatz 1785,87 Kilokalorien.
Deutlich genauer ist die Cunningham-Formel. Hierbei muss man jedoch seinen Körperfettanteil kennen beziehungsweise die fettfreie Körpermasse.
- Grundumsatz von Männern und Frauen = 500 + (22 x fettfreie Körpermasse in kg)
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Den NEAT nicht vergessen
Was viele Menschen beim Zählen von Kalorien außer Acht lassen, ist die sogenannte sportunabhängige Aktivitäts-Thermogenese, kurz: NEAT (Non-exercise activity thermogenesis). Dabei handel sich um jene Kalorien, die wir bei Alltagstätigkeiten wie dem Gehen, Einkaufen, Arbeiten, Lesen, Putzen oder auch durch unbewusstes Beinwippen verbrauchen. Wer also wissen möchte, wie viele Kalorien er im Alltag verbraucht, der muss auch den Fuß- oder Fahrradweg zur Arbeit berücksichtigen, das stundenlange Arbeiten vor dem Computer oder das Putzen der Wohnung. Wie viele Kalorien man beispielsweise im Haushalt verbraucht, hat FITBOOK bereits ermittelt.
Nahrungsinduzierte Thermogenese (TEF) beachten
Was oft völlig unter den Tisch fällt beim Kalorienzählen, ist der Kalorienverbrauch, der bei der Nahrungsaufnahme entsteht. Diese fängt beim Kauen und der Speichelproduktion an und findet weiter im Magen, Darm, Leber und Co. statt – und zwar, bis die Bestandteile der Nahrung ins Blut gelangen. Im Schnitt liegt die thermische Wirkung der Nahrung bei rund 15 Prozent. Das ist jener Kalorienanteil der Nahrung, der zu ihrer Verdauung benötigt wird. Besonders proteinreiche und ballaststoffreiche Lebensmittel haben eine hohe thermische Wirkung von bis zu 25 Prozent. Einfache Kohlenhydrate und Fett dagegen nur rund fünf Prozent.
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Trainingsinduzierte Thermogenese (EAT) – auch Sport genannt
Erst wenn man die drei zuvor genannten Faktoren in seine Kalorienrechnung miteinbezogen hat, kommt am Ende der Sport. Hier muss man den Kalorienverbrauch für jede sportliche Aktivität individuell ausrechnen. Dabei spielt es natürlich auch eine Rolle, mit welcher Intensität man sein Training verrichtet. FITBOOK bietet dazu einen Kalorienrechner.
Der Denkfehler beim Kalorienzählen
Der Denkfehler ist nun jener, dass man die beim Sport verbrannten Kalorien direkt in Nahrungskalorien umrechnet. Doch wer beispielsweise 600 Kalorien beim einstündigen Lauf verbraucht hat, kann nicht automatisch 600 Kalorien futtern, ohne zuzunehmen. Denn von den 600 Kalorien muss man jene abziehen, die durch den Grundumsatz innerhalb von einer Stunde ohnehin verbraucht würden. Außerdem sollte man beachten, wie viele Kalorien bereits im Laufe des Tages aufgenommen wurden. Denn es kann sein, dass man sein Kalorienlimit schon ausgeschöpft hat und eben keine weiteren 600 zu sich nehmen sollte.
Wie eine Studie gezeigt hat, neigen Menschen dazu, sich nach einer sportlichen Tätigkeit, für die Anstrengung mit mehr Kalorien zu belohnen (FITBOOK berichtete)1. So kann es passieren, dass man trotz Sport nicht abnimmt, sondern eventuell sogar zunimmt. Eine Gewichtsabnahme ist nämlich nicht automatisch durch mehr sportliche Tätigkeiten gegeben, wenn man gleichzeitig mehr isst. Vielmehr geht es darum, ein Kaloriendefizit zu erreichen. Also weniger Kalorien zu sich zu nehmen, als der Körper verbraucht. Um jedoch gesund zu bleiben, sollte man ausreichend viele Kalorien zu sich nehmen, um den Grundumsatz zu decken. Anschließend kann man mit mehr Sport oder anderen Aktivitäten im Alltag für das gewünschte Kaloriendefizit sorgen. Verbrannte Kalorien zu zählen, ist am Ende gar nicht so einfach.
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Quellen
- 1. Martin CK, Johnson WD, Myers CA, et. al. (2019) Effect of different doses of supervised exercise on food intake, metabolism, and non-exercise physical activity: The E-MECHANIC randomized controlled trial, The American Journal of Clinical Nutrition.