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Studie

Kann ein wählerisches Essverhalten genetisch veranlagt sein?

Kind ist wählerisch beim Essen
Oftmals sind es Kinder, die wählerisch beim Essen sind. Foto: Getty Images

8. Oktober 2024, 17:06 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Während einige Menschen so gut wie alles essen, gibt es andere, die sehr wählerisch dabei sind, was auf ihrem Teller landen darf. Doch beruht dieses Essverhalten allein auf dem individuellen Geschmack und den Erfahrungen oder kann es genetisch bedingt sein? Dieser Frage ging eine neue Studie auf den Grund.

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Besonders Eltern dürfte die Situation bekannt vorkommen, dass sich ihre Kinder bei einigen Lebensmitteln komplett querstellen und diese einfach nicht essen wollen. Sogenannte „Picky Eater“ (wählerische Esser) sind bei Kindern weitverbreitet. Etwa 22 Prozent der vier bis 30 Monate Kinder können sich nicht mit jeder Mahlzeit anfreunden.1 Häufig stellen sich Eltern daher die Frage, ob das nur eine Phase ist oder sie sogar Schuld an dem Essverhalten ihrer Kinder tragen. Eine neue Studie zeigt nun aber, dass genetische Veranlagungen verantwortlich für das wählerische Essverhalten sein könnten.

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Studie mit Zwillingen

Für die vorliegende Studie bezogen die Wissenschaftler Daten aus der sogenannten Gemini-Forschung – eine große bevölkerungsbasierte Studie mit Zwillingen. Insgesamt umfassen die Untersuchungen 2402 Familien mit Zwillingskindern, die 2007 in England oder Wales zur Welt kamen und über ein Jahrzehnt nachbeobachtet wurden.2 Im Alter von 16 Monaten, drei, fünf, sieben und 13 Jahren erhob man Daten, welche von den Eltern angegeben wurden, zu folgenden Punkten:

  • Wachstum
  • Essverhalten
  • Appetit
  • Häuslicher Umgebung
  • Gesundheitliche Angaben

Abfrage des Essverhaltens

Um einen Zusammenhang zwischen einem wählerischen Essverhalten und einer möglichen genetischen Veranlagung herstellen zu können, nutzte man die validierte Skala „FF“ – eine Unterskala des „Child Eating Behaviour Questionnaire“ (CEBQ). Das ist ein weitverbreiteter, von den Eltern ausgefüllter Fragebogen zum wählerischen Essverhalten von Kindern. „FF“ steht hierbei für „Food Fussiness“, also ein pingeliges oder widerwilliges Verhalten beim Essen. Bei diesem Fragebogen handelt es sich um ein in der Wissenschaft gängiges Messinstrument, das auf das jeweilige Alter der Kinder angepasst wird und die Ernährungsneigung sowie Lebensmittelneophobien ermittelt.

Ermittlung der Ähnlichkeit (Zygotie)

Die Wissenschaftler unterschieden in ihrer Studie zwischen monozygoten, also eineiigen Zwillingen, die sich 100 Prozent ihres genetischen Materials teilen, und dizygoten, also zweiigen Zwillingen, die sich durchschnittlich 50 Prozent ihrer DNA teilen. Gegengeschlechtliche Zwillingspaare ordnete man als zweiig ein – bei gleichgeschlechtlichen dizygoten Zwillingen ermittelte man mithilfe eines Fragebogens die Ähnlichkeit. Diesen füllten die Eltern einmal nach acht und einmal nach 29 Monaten aus, mithilfe von DNA validierte man die Angaben. Anhand dessen konnte man verschiedene Verhaltensweisen in drei Kategorien einordnen:

  • Kategorie eins: Additive genetische Einflüsse
  • Kategorie zwei: gemeinsame/geteilte Umwelteinflüsse
  • Kategorie drei: Einzigartige Umwelteinflüsse

Durch Vergleiche zwischen Korrelationen von monozygoten und dizygoten Zwillingspaaren konnten die Forscher anschließend einordnen, inwiefern das Verhalten von Umwelteinflüssen bzw. genetischen Grundlagen beeinflusst wird. Wenn bspw. die monozygoten Zwillingskorrelationen größer als die dizygoten ausfielen, wertete man dies als genetische Grundlage. Ähnliche Werte schrieb man dagegen einem Umwelteinfluss zu.

60 bis 84 Prozent des Picky-Eater-Verhaltens beruhen auf genetischen Faktoren

Das Forschungsteam stellte fest, dass sich das wählerische Essverhalten im Laufe des Erwachsenenwerdens nicht viel veränderte. Bis sieben Jahre war es am stärksten ausgeprägt, ab da konnte man einen leichten Rückgang beobachten. Rund 60 Prozent des wählerischen Essverhaltens bei Kindern im Alter von 16 Monaten beruhte auf genetischen Faktoren. Zwischen dem dritten und 13. Lebensjahr stieg der Anteil sogar auf bis zu 84 Prozent an.

Auch interessant: Was gegen schlechte Essgewohnheiten hilft

Außerdem beobachteten die Wissenschaftler, dass sich zweieiige Zwillinge in ihrem wählerischen Essverhalten viel weniger ähnelten als eineiige Zwillingspaare, was auf genetische Veranlagungen schließen lässt. Je älter die eineiigen Zwillinge jedoch wurden, desto mehr unterschieden sich ihre Essgewohnheiten. Hierfür sollen Umweltfaktoren, wie z. B. persönliche Erfahrungen durch unterschiedliche Freunde, verantwortlich sein. Etwa ein Viertel des unterschiedlichen Essverhaltens im Alter von sieben und 13 Jahren schreiben die Forscher Umweltfaktoren zu. „Dies deutet darauf hin, dass Interventionen, die Kindern helfen, eine größere Auswahl an Lebensmitteln zu essen, wie z. B. die wiederholte regelmäßige Konfrontation mit denselben Lebensmitteln und das Anbieten einer Vielfalt an Obst und Gemüse, in den ersten Jahren am wirksamsten sein können“, erklärt Dr. Clare Llewellyn, eine der Studienautorinnen in einer Pressemitteilung.3

Die leitende Autorin Dr. Alison Fildes weist in einer Pressemitteilung jedoch darauf hin, dass Eltern nach wie vor Einfluss auf das Essverhalten ihrer Kinder haben können. „Auch wenn wählerisches Essen eine starke genetische Komponente hat und über die frühe Kindheit hinaus bestehen kann, heißt das nicht, dass es unveränderlich ist. Eltern können ihre Kinder während der gesamten Kindheit und Jugend dabei unterstützen, eine große Vielfalt an Nahrungsmitteln zu sich zu nehmen, aber Gleichaltrige und Freunde könnten einen wichtigeren Einfluss auf die Ernährung der Kinder haben, wenn sie Teenager werden.“

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Einschränkungen der Studie

„Unsere Studie zeigt, dass es sich bei wählerischem Essverhalten nicht unbedingt nur um eine ‚Phase‘ handelt, sondern dass es auch einen dauerhaften Verlauf annehmen kann“, so Llewellyn. Dies könne eben auf die genetischen Bedingungen zurückgeführt werden.

Jedoch müssen die Studienergebnisse kritisch betrachtet werden: Die Untersuchungen zeigen lediglich einen Zusammenhang auf, nicht jedoch die Mechanismen, die dahinterstecken. Des Weiteren erhoben Eltern die Angaben zum Essverhalten selbst, wodurch diese möglicherweise nicht ganz wahrheitsgetreu sind.

Da die Studie lediglich mit Zwillingen aus England und Wales durchgeführt wurde, könnten die Ergebnisse nicht repräsentativ für andere Bevölkerungsgruppen sein. Außerdem verlor die Studie mit der Zeit Teilnehmer, was besonders stark bei der Gruppe der siebenjährigen beobachtet wurde.

Themen Kindergesundheit

Quellen

  1. AOK. Wenn Kinder Picky Eater sind: Was ist das und was hilft? (aufgerufen am 08.10.2024) ↩︎
  2. Nas Z., Herle M., Kininmonth A.R., et al. (2024). Nature and nurture in fussy eating from toddlerhood to early adolescence: findings from the Gemini twin cohort. Journal of Child Psychology & Psychiatry  ↩︎
  3. UCL. Food fussiness a largely genetic trait from toddlerhood to adolescence. (aufgerufen am 08.10.2024) ↩︎
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