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Ernährungsexpertin erklärt

Warum die Unterscheidung zwischen vegetarisch und vegan ziemlich kompliziert sein kann

Unterschied vegetarisch vegan
Es gibt mehr Unterschiede zwischen Vegetarismus und Veganismus, als manche vielleicht denken – und bei beiden Ernährungsformen kann man in so manche Stolperfalle tappen. Foto: Getty Images

22. Oktober 2023, 17:56 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Obwohl die Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“ Schlüsselwörter einer zeitgemäßen, nachhaltigen Ernährung sind, die nicht mehr aus dem Wortschatz wegzudenken sind, kommt es erstaunlicherweise immer noch zu Irritationen bezüglich der korrekten Bedeutung. Ökotrophologin und FITBOOK-Autorin Beke Enderstein erklärt den genauen Unterschied und reflektiert, warum es nach wie vor zu Missverständnissen kommt. Zusätzlich präsentiert sie die unterschiedlichen Varianten einer vegetarischen Ernährung und nennt Vor- und Nachteile der einzelnen Ernährungsstile.

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Während ein Blick in die Speisekarte sehr ländlicher Regionen so manchen Vegetarier zum Schmunzeln oder zum Verzweifeln bringt, da Gerichte mit Hähnchen oder Fisch in der Kategorie „Vegetarisches” angeboten werden, erscheint in der Spalte „Vegan“ – falls überhaupt vorhanden – allenfalls Salat. On top wird Letzterer dann noch mit reichlich Joghurt-Dressing serviert. Auch wenn diese Beispiele leicht überzogen wirken, ist die Begriffsbedeutung und Abgrenzung beider Ernährungskonzepte nicht so eindeutig, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte. Worin liegt also genau der Unterschied zwischen vegetarisch und vegan?

Was bedeutet vegetarische Ernährung?

Im Rahmen einer vegetarischen Ernährung (der lateinische Begriff „vegetus” steht für gesund, frisch oder lebendig) wird auf Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte – und auf daraus hergestellte Produkte wie Wurst oder Heringssalat – verzichtet.

Anders ausgedrückt: Vegetarier essen keine Produkte, die von einem getöteten Tier stammen. Tierische Lebensmittel wie Milch und Eier – also solche, die von einem lebenden Tier stammen, verzehren sie dagegen.

Bei einer vegetarischen Ernährung handelt es sich also um eine Kostform mit hohem pflanzlichen Anteil. Gemüse, Obst, Getreide, Hülsenfrüchte und Co. kombinieren Vegetarier mit geringen bis moderaten Mengen an tierischen Produkten.

Vegetarier ist nicht gleich Vegetarier

Was viele nicht wissen: Eine vegetarische Ernährung kann unterschiedlich definiert sein. In verschiedenen vegetarischen Speisepläne sind daher nicht zwangsläufig die gleichen Lebensmittel „erlaubt”. Mit dem Vegetarismus verhält es sich also durchaus komplizierter, als es zunächst den Anschein hat.

Unterschiedliche vegetarische Ernährungsformen

  1. Ovo-lakto-vegetarisch: Verzicht auf Fleisch, Fisch und Meerestiere sowie auf daraus hergestellte Produkte
  2. Lakto-vegetarisch: Verzicht auf Fleisch, Fisch und Meerestiere sowie auf daraus hergestellte Produkte sowie auf Eier und Eierprodukte (z.B. Mayonnaise)*
  3. Ovo-vegetarisch: Verzicht auf Fleisch, Fisch und Meerestiere sowie auf daraus hergestellte Produkte sowie auf Milch- und Milchprodukte**
  4. Vegan: Je nach Definition wird ein rein pflanzlicher Speiseplan auch zur vegetarischen Ernährungsform gezählt

*pflanzliche Basis plus Milch- und Milchprodukte (lakto = Milch)
**pflanzliche Basis plus Eier und Eierspeisen (ovo = Ei)

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Welche Lebensmittel sind für Vegetarier tabu?

Die Gemeinsamkeit aller Varianten ist, dass kein Fleisch, Fisch und sonstige Tiere sowie daraus hergestellte Produkte wie Wurst, Kaviar und Co. auf dem Teller landen.

Ungeeignete Lebensmittel

  • Fleisch- und Fleischprodukte
  • Geflügel und daraus hergestellte Produkte
  • Fisch und Fischprodukte
  • Meerestiere, Kaviar* und Co.
  • Gelatine
  • Produkte mit tierischem Lab (Käse)

*teilweise werden die Tiere für die Kaviarproduktion zwar nicht getötet, sondern der Kaviar wird herausgeschnitten oder herausgedrückt – natürlich ein absolutes No-go im Sinne des Tierschutzes

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Häufig herrscht Unklarheit bezüglich Gelatine und mit Lab hergestellter Käse

Wie oben bereits angedeutet, gibt es Lebensmittel, die häufig unter den Tisch fallen, wenn Personen auf „Produkte vom getöteten Tier“ verzichten – entweder aus Unwissenheit oder weil die Lebensmittel als Nebenprodukt beim Schlachten anfallen und daher als weniger ethisch bedenklich angesehen werden (nach dem Motto „Das Tier musste ja sowieso sterben”).

Grenzfälle einer vegetarischen Ernährung

Gelatine

Streng genommen sind Gelatineprodukte wie Gummibärchen, Lakritz, zahlreiche Desserts, Joghurts, Käsezubereitungen (z.B. Streichkäse) und Torten für Vegetarier nicht geeignet, da sie vom toten Tier stammen – in der Regel vom Bindegewebe (Knorpeln, Augen und Co.) vom Schwein oder auch in Form von Fischgräten (zum Klären von Wein oder Saft). Wer also komplett auf Schlachtabfälle verzichten möchte, muss das Etikett genau lesen. Wein und Saft dürfen nur mit „vegan“ deklariert sein, wenn sie pflanzlich geklärt wurden oder der Saft naturtrüb ist. Bei Süßigkeiten gibt die Zutatenliste Aufschluss, ob Gelatine oder beispielsweise alternativ Agar-Agar oder Weizenstärke enthalten sind.

Käse

Käse kann nicht nur Gelatine enthalten, sondern auch mit Lab hergestellt worden sein, um die Milch einzudicken (Fachausdruck: Milch dicklegen). Lab ist ein Enzym aus Kälbermägen, das die Milch gerinnen lässt, damit das Kalb die Muttermilch besser verdauen kann. Da für die Gewinnung von Lab für die Käseherstellung Kälber geschlachtet werden müssen, ist mikrobielles Lab die bessere Wahl – zumindest für Vegetarier.

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Warum eine vegetarische Ernährung nicht automatisch gesund ist

In der Regel ernähren sich Vegetarier gesund, bewusst und nährstoffreich. Das ergeben Studien immer wieder. Allerdings ist eine vegetarische Ernährung nicht zwangsläufig gesund, da es keine Mengenbeschränkungen und konkrete Verzehrempfehlungen gibt.

Ungünstige Zusammenstellung eines veggie Speiseplans:

  • Theoretisch können täglich viele fette Milchprodukte wie Butter, Sahne, fettreicher Käse, Pudding und Torten sowie zahlreiche Eier, Mayonnaise und Süßigkeiten auf dem Teller landen. Wer dazu noch Weißmehlprodukte, Fertiggerichte und nur wenig frisches Obst, Gemüse und Salat isst, lebt definitiv nicht gesund.
  • Neben Zucker, gesättigtem Fett und Cholesterin wandern bei der oben beschriebenen Lebensmittelauswahl eine Extraportion künstlicher Zusatzstoffe und gegebenenfalls sogar Antibiotika und sonstige Rückstände aus der Massentierhaltung und dem konventionellen Landbau (z.B. Pestizide) in den Körper.

So geht es richtig: Gleichzeitig vegetarisch und gesund ist ein Ernährungsplan nur dann, wenn die Grundregeln einer vollwertigen, ausgewogenen und nährstoffreichen Ernährung berücksichtigt werden: Mit Vitaminen und Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen (Antioxidantien), Ballaststoffen aus Vollkorn und Hülsenfrüchten und Omega-3-Fettsäuren aus Leinöl, Walnüssen und Co. Zusätzlich ist es sinnvoll, Bio-Produkte zu bevorzugen, um ein Minimum an möglichen Schadstoffen aufzunehmen.

Warum bedeutet eine vegetarische Ernährung nicht automatisch Tierwohl?

Wer auf den Verzehr von Fleisch, Fisch und sonstiger Tiere verzichtet, unterstützt zwar nicht das Schlachten bzw. Töten von Lebewesen, allerdings leiden Tiere für die Milch- und Eierproduktion häufig ebenfalls – zumindest in der konventionellen Massentierhaltung. Um Milch zu produzieren, müssen ständig Kälber gezeugt werden, die letztendlich auch auf dem Teller landen.

Bei der Eierproduktion werden nach wie vor täglich Millionen von Küken getötet, weil es einen „Überschuss” an männlichen Küken gibt, die nicht dazu in der Lage sind, Eier zu produzieren.

Achtung: Gleichzeitig vegetarisch und tierfreundlich ist ein Speiseplan nur dann, wenn Vegetarier eine Basis aus Obst, Gemüse, Salat, Vollkorn und Co. mit geringen Mengen an hoch-zertifizierten Bioprodukten wie Bioland oder Demeter ergänzen.

Was bedeutet vegane Ernährung?

Wer sich vegan, also rein pflanzlich, ernährt, verzichtet bewusst auf alle tierischen Lebensmittel. Im Gegensatz zu Vegetariern kommen bei Veganern also auch keine Milch- und Milchprodukte sowie Eier oder Honig auf den Tisch.

Veganer Lifestyle: Darüber hinaus positionieren sich „echte” Veganer gegen jegliche Produkte, die vom Tier stammen und mit großer Wahrscheinlichkeit unter Tierleid hergestellt wurden wie Leder, Haarbürsten mit Wildschweinborsten, Pelz oder Schafwolle.

Welche Lebensmittel sind für Veganer tabu?

Anders als bei der vegetarischen Ernährung ist die Liste der ungeeigneten Nahrungsmittel etwas länger, da ja Milchprodukte und Eier zusätzlich wegfallen.

Ungeeignete Lebensmittel

  • Fleisch- und Fleischprodukte
  • Geflügel und daraus hergestellte Produkte
  • Fisch und Fischprodukte
  • Meerestiere und Co.
  • Gelatine
  • Milch- und Milchprodukte
  • Eier, Eiprodukte und Eierspeisen
  • Honig

Grenzfälle einer veganen Ernährung

Der Verzehr von Honig ist definitionsgemäß nicht mit einer veganen Ernährung vereinbar, da Honig von Bienen produziert wird. Da viele vegan lebende Personen allerdings Wert auf eine möglichst naturbelassene, nachhaltige Ernährung legen, nutzen sie Honig dennoch als natürliches Süßungsmittel.

Wem nicht nur eine umweltfreundliche, sondern auch eine tierfreundliche Produktion am Herzen liegt, sollte sich für ökologischen Honig entscheiden. Der Grund: Im Gegensatz zu Bio-Honig ist das Tierwohl bei konventionell hergestelltem „Bienengold” nicht gesichert, da den Königinnen unter anderem die Flügel gestutzt werden, damit sie nicht wegfliegen können – gefolgt von ihrem Bienenvolk, sodass kein Honig mehr produziert würde.

Alternativen zu Honig: Bei komplett veganer Ernährung bieten sich rein pflanzliche Süßungsmittel wie Agavendicksaft oder Ahornsirup oder nachhaltiger, regional erhältlicher Apfeldicksaft oder sogenannter „Löwenzahnhonig” an.

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Warum eine vegane Ernährung nicht automatisch gesund ist

Zwar nehmen Veganer kein gesättigtes Fett aus Käse, Eiern, Butter oder Mayonnaise auf, aber theoretisch wäre es möglich, Unmengen an gelatinefreien Bonbons, milchfreie, vegane Schokolade, Weißbrot oder frittierte Pommes zu essen. Gefolgt von Fertiggerichten, die zwar keine tierischen Bestandteile, aber dafür möglicherweise viel Salz, Aromen, Zucker, Fett und Co., aber keine Mikronährstoffe, sekundären Pflanzenstoffe bzw. Antioxidantien, Ballaststoffe und mehrfach ungesättigte Fettsäuren liefern.

Ernährungsphysiologische Tipp

  • Eine vegane Ernährung, die einen bunten Mix aus Obst wie Apfel und Blaubeeren, Gemüse – allen voran grünes Blattgemüse wie Spinat und Kohlgemüse wie Brokkoli – und Salat wie Feldsalat und Rucola sinnvoll mit Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Pseudogetreide wie Quinoa, Walnüssen und Omega-3-Säure-reichen Ölen wie Leinöl kombiniert, ist definitiv als gesund einzustufen.
  • Um alle Nährstoffe abzudecken, muss Vitamin B12 supplementiert oder über angereicherte Lebensmittel aufgenommen werden.

Warum ist eine vegane Ernährung nicht automatisch nachhaltig?

Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit, der bei vielen Veganern neben dem ethischen und gesundheitlichen Aspekt eine entscheidende Rolle spielt, muss ebenfalls differenziert beleuchtet werden. Ohne Frage ist der komplette Verzicht auf tierische Lebensmittel bereits ein wesentlicher, grundlegender Faktor bezüglich eines nachhaltigen Lifestyles.

Weitere Tipps zu mehr Nachhaltigkeit

  • Die Umwelt profitiert zusätzlich, wenn man der Qualität und der Herkunft von Gemüse, Salat und Co. eine besondere Aufmerksamkeit schenkt. Diesbezüglich spielen regionale und saisonale Lebensmittel wie beispielsweise Spargel und Erdbeeren im Frühsommer oder Grünkohl im Winter eine wesentliche Rolle.
  • Zusätzlich ist es wichtig, Bio-Qualität zu bevorzugen – unter anderem, um die Bodenqualität und die natürliche Flora und Fauna zu erhalten.
  • „Last but not least” sollte foliertes Obst und Gemüse sowie eingeschweißter Salat die absolute Ausnahme bleiben und Südfrüchte wie Bananen, Ananas und Avocados – so gesund und lecker sie auch sein mögen – regionales Obst und Gemüse nur als „i-Tüpfelchen” ergänzen.
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Quellen

Themen Vegan Special Vegane Ernährung Vegetarische Ernährung
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