1. Januar 2024, 10:11 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Januar ist „Veganuary“-Zeit. Ideal, um eine Ernährungsumstellung anzugehen. Damit der Umstieg auf einen rein pflanzlichen Speiseplan aber auch unkompliziert funktioniert, gibt es ein paar wichtige Grundregeln zu beachten. Wer die Ernährungsumstellung sinnvoll plant, wird schnell merken, dass eine vegane Ernährung in puncto Genuss, Nährstoffpower und Raffinesse keine Wünsche übrig lässt. Diplom-Ökotrophologin und FITBOOK-Expertin präsentiert leckere, gesunde und nachhaltige Alternativen zu Fleisch, Milch und Co. „On top“ gibt sie Tipps, wie sich ein Nährstoffmangel effektiv vermeiden lässt.
Obwohl immer mehr Menschen bewusst auf tierische Produkte verzichten, sind ungläubiges Kopfschütteln und Falschaussagen wie „Vegane Ernährung ist ungesund“ noch immer an der Tagesordnung. Dabei gehört ein sinnvoll zusammengestellter veganer Speiseplan zu den gesündesten und nachhaltigsten Ernährungsweisen überhaupt – vorausgesetzt, man wählt die richtigen Lebensmittel. Mit diesem Ratgeber möchten wir Einsteigern die vegane Ernährung näherbringen und Ihnen mit wertvollen Informationen und Tipps die Ernährungsumstellung erleichtern.
Übersicht
- Die vegane Ernährungspyramide
- Vitamin B12 als kritischer Nährstoff – ein Defizit vermeiden
- Eine Extraportion Mikronährstoffe bitte
- Makronährstoffe in der veganen Ernährung: Protein, Kohlenhydrate und Fett
- Eiweiß in der veganen Ernährung
- Pflanzliches Fett in der veganen Ernährung
- Geglückter Einstieg in die vegane Ernährung
- Quellen
Die vegane Ernährungspyramide
Der einfachste Weg, sich im Rahmen eines rein pflanzlichen Speiseplans ausgewogen und nährstoffreich zu ernähren, ist die Orientierung an der veganen Ernährungspyramide. Genau wie bei der klassischen Ernährungspyramide wird anhand einer pyramidenförmigen Abbildung leicht verständlich veranschaulicht, wie viele Portionen von welcher Lebensmittelgruppe pro Tag empfehlenswert sind.
Aufbau der Pyramide
Die Basis (1. Ebene)
Ganz unten in der veganen Ernährungspyramide sind – genau wie in der klassischen Ernährungspyramide – Getränke wie Leitungs- oder Mineralwasser zu finden, die mengenmäßig den größten Platz einer gesunden Ernährung einnehmen (ca. 2 bis 3 Liter). Auch Kräuter- und Früchtetees, „Infusion Water” – mit Zitrone, Beeren und Kräutern oder mit Gurke aromatisiertes Wasser – oder stark verdünnte Saftschorlen sowie ungesüßter grüner Tee bzw. geringe Mengen an Schwarztee und Kaffee zählen dazu.
2. Ebene
Genau wie im klassischen Original liegt der Fokus einer nährstoffreichen und ausgewogenen Ernährung auf Obst, Gemüse, Pilzen und Salat à la „5 am Tag”, wobei grünes Gemüse wie Spinat, Brokkoli und Grünkohl sowie grüne Blattsalate und frische Kräuter aus regionalem Anbau aufgrund der zahlreichen Ballaststoffe und Mikronährstoffe wie Eisen, Kalzium und Co. besonders empfehlenswert sind. Ein bunter Mix aus Blaubeeren, Aprikosen, grünen Bohnen, Möhren, Roter Bete, Himbeeren usw. liefert zudem eine Extraportion an zellschützenden Antioxidantien (sekundäre Pflanzenstoffe).
3. Ebene
Zwei bis drei Portionen Vollkorn-Getreide wie Haferflocken, Hirse, Brot oder Naturreis, glutenfreies Pseudogetreide wie Amaranth, Buchweizen oder Quinoa und Kartoffeln sollten es pro Tag ein, um ausreichend Ballaststoffe, essenzielle Aminosäuren und Mikronährstoffe wie Eisen, Kalzium, B-Vitamine und Zink aufzunehmen.
4. Ebene
Proteinreiche und ballaststoffreiche Hülsenfrüchte wie getrocknete Erbsen. Linsen und Co. und daraus hergestellte Produkte wie Tofu oder Soja-Joghurt bzw. Sojadrink oder andere Milch- und Fleischalternativen wie Seitan oder Lupine sollten ebenfalls regelmäßig – am besten täglich – auf dem Speiseplan stehen – inklusive einer Extraportion essenzieller Aminosäuren samt Eisen, B-Vitaminen, Kalzium und Zink. Auch eine kleine Handvoll Nüsse und Samen wie Walnüsse und Leinsamen (am besten inklusive einer selenreichen Paranuss) pro Tag und kleine Mengen an Nuss-, Erdnuss- bzw. Mandelmus ergänzen die Zufuhr an Omega 3, essenziellen Aminosäuren und Mikronährstoffen.
5. Ebene
Die Basis aus Wasser, Gemüse, Obst, Vollkorn und Hülsenfrüchten der veganen Ernährungspyramide sollte mit geringen Mengen an Omega-3-reichen Pflanzenölen auf Basis von Leinsamen, Raps und Walnüssen angereichert werden – ungefähr 2 bis 3 Esslöffel pro Tag sollten es sein. Gegebenenfalls kann zusätzlich etwas Mikroalgenöl – auf Wunsch als Nahrungsergänzungsmittel oder Leinöl mit DHA-Zusatz – sinnvoll sein. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, die Speisen sparsam mit jodiertem Speisesalz oder Meersalz (mit Algenzusatz) zu würzen. Auch Norialgen können die Jod-Zufuhr ergänzen – beispielsweise als veganes Sushi mit Avocado und Gurke oder als Noriflocken.
Die Spitze (6. Ebene)
Wie bei der klassischen Ernährungspyramide sind in der Spitze Süßigkeiten, Chips oder Alkohol zu finden, die allenfalls als kulinarisches i-Tüpfelchen einzustufen sind – zum Beispiel eine Handvoll gelatinefreie Gummibärchen, ein Riegel Zartbitterschokolade oder ein kleines Glas Rotwein.
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Tipps
Komplettiert wird die vegane Ernährungspyramide mit einem Vitamin-B12-Supplement, mit ausreichend Bewegung und regelmäßigem Aufenthalt in der Sonne bzw. einem Vitamin D-Nahrungsergänzungsmittel in der dunkleren Jahreszeit (die beiden letzten Punkte gelten für alle Ernährungsstile).
Vitamin B12 als kritischer Nährstoff – ein Defizit vermeiden
De Supplementierung von Vitamin D wird in den Herbst- und Wintermonaten flächendeckend allen – egal, ob vegan, vegetarisch oder omnivore – empfohlen. Auch Jod wird seit Jahrzehnten in Deutschland Grundnahrungsmitteln wie Brot zugesetzt, um einen Jodmangel zu umgehen. Veganer müssen zusätzlich aber auf ihren Vitamin-12-Haushalt achten. Ein Umstand, den Kritiker der veganen Ernährung gerne nutzen, um diese als ungesund, unnatürlich und nicht ausgewogen zu bewerten.
Diesen Kritikern sei an dieser Stelle gesagt, dass bei der Auswertung der Blutwerte von Personen, die häufig Fleisch, fette Milchprodukte und Eier und wenig frisches Obst und Gemüse konsumieren, tendenziell mehr Nährstoffdefizite festgestellt werden.
Einsteiger, die befürchten, die ein hohes Maß an notwendiger Supplementierung befürchten, können wir beruhigen: Bei einer gut organisierten Zusammensetzung einer veganen Ernährung ist nur eine Nahrungsergänzung mit Vitamin B12 notwendig. Das wasserlösliche Vitamin kann unkompliziert als Supplement, angereichertes Lebensmittel oder als Zahnpasta aufgenommen werden.
Eine Extraportion Mikronährstoffe bitte
Alle benötigten Mikronährstoffe bis auf Vitamin B12 kann man über pflanzliche Lebensmittel aufnehmen. Wer sich zudem mit den Grundlagen einer gesunden Ernährung beschäftigt, geht in der Regel kein Risiko ein, einen Nährstoffmangel zu entwickeln – zumindest nicht mehr als Omnivore.
Ausgewogen vegan
Bei einigen Mikronährstoffen wie Vitamin C oder Vitamin K haben Veganer in Anlehnung an Studienergebnisse sogar die Nase vorne, was im Falle von Vitamin K laut Forschern mit einem geringeren Risiko für Diabetes Typ 2, kardiovaskuläre Erkrankungen und Osteoporose einhergehen könnte.1,2,3
Folgende Mikronährstoffe wie Eisen, Kalzium oder Jod, die Experten teilweise als kritisch einstufen, kann man unkompliziert durch rein pflanzliche Alternativen aufnehmen.
Pflanzliche Eiweißquellen
- Tofu
- Sesam (z.B. Tahin)
- Hülsenfrüchte (z.B. Kidneybohnen oder Kichererbsen)
- Nüsse, Leinsamen und Kürbiskerne
- Vollkorngetreide (z.B. Haferflocken oder Hirse)
- Pseudogetreide (z.B. Amaranth)
- Grünes Gemüse (z.B. Spinat und Grünkohl)
- Rote Beete
- Rucola
- Aprikosen und Beeren
Tipp: Pflanzliches Eisen immer mit Vitamin C – beispielsweise mit einem Glas Orangensaft, Mineralwasser mit Zitrone oder einer Salat-Vinaigrette mit Orange oder Zitrone – kombinieren, um die Resorption zu verbessern.
Vegane Kalziumquellen
- kalziumreiches Mineralwasser
- Hülsenfrüchte (auch Tofu)
- Brokkoli, Grünkohl und Wirsing
- Sesam und Chiasamen
- Fenchel, Spitzkohl und Pak Choi
- Mandeln
- Endivie und Feldsalat
- Angereicherte Pflanzendrinks
Pflanzliche Jodquellen
- Nori und Wakame
- Jodiertes Speisesalz
- Meeressalat
Vegane Zinkquellen
- Hülsenfrüchte
- Vollkornprodukte
- Walnüsse und Haselnüsse
- Kürbiskerne
- Sesam und Leinsamen
Pflanzliche Selenquellen
- Pilze
- Hülsenfrüchte
- Kohlgemüse
- Spargel
- Nüsse (v.a. Paranüsse)
- Zwiebeln
Gut versorgt: Wer in Anlehnung an die vegane Ernährungspyramide ansonsten reichlich Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Pseudogetreide, Nüsse, Ölsaaten, Pilze und bunt gemixtes Raw Food der Saison wie Äpfel, Erdbeeren, Feldsalat, Blaubeeren, Spargel und Co. isst, nimmt automatisch ausreichend weitere Mikronährstoffe wie Vitamin C, B-Vitamine usw. auf.
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Makronährstoffe in der veganen Ernährung: Protein, Kohlenhydrate und Fett
Die drei Makronährstoffe Kohlenhydrate, Protein und Fett sind in ausreichender Menge in einer sinnvoll zusammengestellten Pflanzenkost enthalten. Während Obst, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte sowieso eine Extraportion Kohlenhydrate liefern, hält sich der Irrglaube, dass es bei einer veganen Ernährung herausfordernd ist, ausreichend Protein aufzunehmen. Das stimmt nicht, wenn man die Tipps der veganen Ernährungspyramide beherzigt und die empfohlenen Eiweißquellen häufig in seinen Speiseplan integriert.
Auch gesundes Fett lässt sich ohne Probleme im Rahmen eines rein pflanzlichen Speiseplans aufnehmen (siehe „Pflanzliches Fett in der veganen Ernährung”).
Was Einsteigern in die vegane Ernährung vielleicht noch zusätzliche Motivation bieten kann: Im Gegensatz zu Fleisch, Eiern und fettreichen Milchprodukten haben veganes Protein und pflanzliches Öl den Vorteil, dass deutlich weniger gesättigtes Fett und kein Cholesterin und Rückstände wie Antibiotika aus der Tierhaltung enthalten sind.
Eiweiß in der veganen Ernährung
Das A und O einer sinnvollen Proteinzufuhr ist die biologische Wertigkeit (Proteinqualität). Diesbezüglich spielen die enthaltenen essentiellen Aminosäuren eine Hauptrolle. Um die biologische Wertigkeit zu optimieren, ist es sinnvoll, verschiedene Eiweißquellen zu kombinieren.
Protein aus veganen Quellen
- Hülsenfrüchte (z.B. Erbsen, rote Linsen, Kidneybohnen)
- Pseudogetreide (Amaranth, Buchweizen und Quinoa)
- Sojaprodukte (Tofu, Sojadrink, Tempeh und Sojajoghurt)*
- Seitan und Lupine
- Mandeln und Nüsse (auch als Mandelmus und Co.)
- Samen und Kerne**
- Ungesüßtes Erdnussmus
- Brokkoli und Pilze
- Spinat und grüne Bohnen
- Brunnenkresse
- Avocado
*Sojaprodukte haben eine exzellente biologische Wertigkeit (Proteinqualität)
**z.B. Leinsamen, Sesam, Kürbiskerne, Hanf- und Chiasamen
Kulinarische Inspirationen mit hoher biologischer Wertigkeit
Zum Frühstück würde sich ein nährstoffreiches Müsli als gesunder Start in den Tag – aus Haferflocken mit Sojamilch, gepufftem Amaranth und gehackten Walnüssen mit Obst der Saison – anbieten. Gleiches gilt für ein Vollkornsandwich mit Mandelmus und Bananenscheiben plus Latte Macchiato mit Hafermilch – oder ein herzhaftes Vollkornbrot mit Guacamole, Brunnenkresse-Topping und Tomaten oder mit „Rührei” aus Seidentofu mit gebratenen Pilzen. Auch ein Porridge mit Mandelmilch, Walnüssen und Blaubeeren ist köstlich, gesund und proteinreich.
Während sich mittags ein Wrap mit Avocado, Babyspinat und “Pulled Pork”-Saitan oder ein Salat aus Quinoa, Rucola, Tomaten und C. anbieten würde, könnte die Wahl abends auf ein Vollkornbrötchen mit Senf, Brunnenkresse und Räuchertofu plus einem großem Salat der Saison, ein Buchweizen-Risotto mit Spinat oder grünem Spargel oder Pasta mit Pfifferling-Rahm (Sojasahne) fallen: Bon Appetit! Gleiches gilt für vegane Currywurst auf Soja- oder Saitanbasis mit Vollkorntoast, Chili sin Carne mit Naturreis oder ein Veggie-Döner mit Saitangyros und Salat, die gleichermaßen lecker und eiweißreich sind.
Pflanzliches Fett in der veganen Ernährung
Um ausreichend Omega-3-Fettsäuren aufzunehmen, spielen Leinsamen bzw. Leinöl und Walnüsse – auch in Form von Walnussöl – eine Hauptrolle. Ganz wichtig ist es zudem, Sonnenblumenöl durch Rapsöl zu ersetzen, da Sonnenblumenöl ein ungünstiges Omega-3 zu Omega-6-Verhältnis besitzt.
Hochwertiges Fett aus veganen Quellen
- Leinöl und Walnussöl*
- Mandeln und Nüsse (v.a. Walnüsse)
- Rapsöl**
- Hanf- und Chiasamen (auch als Öl)
- Avocado
- Nuss- und Mandelmus
- Oliven und Olivenöl
- Mikroalgenöl
*für Salate und Dips
**für warme Speisen
Omega 3: Da unser Körper die beide wichtigen Omega-3-Fettsäuren DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure) zwar zu einem gewissen Teil aus ALA (Alpha-Linolensäure) aus pflanzlichen Quellen synthetisieren kann, diese beiden Fettsäuren aber ansonsten nur reichlich in fettem Seefisch wie Lachs, Makrele und Hering vorkommen, wird Veganern und Personen, die keinen Fisch mögen oder vertragen, empfohlen, DHA und EPA zu supplementieren. Da Fischölkapseln allerdings aufgrund von Tierleid und Überfischung nicht mit einem veganen Lifestyle harmonieren, eignen sich alternativ Mikroalgenöl bzw. daraus hergestellte Nahrungsergänzungsmittel.
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Geglückter Einstieg in die vegane Ernährung
Eine rein pflanzliche Ernährung ist eine der nachhaltigsten, reflektiertesten und gesündesten Ernährungsweisen überhaupt – ausreichend Ernährungswissen und Know-how beim Einkauf mit Fokus auf regionalen, saisonalen Bio-Lebensmitteln und wenig Fertigprodukten vorausgesetzt.