1. September 2023, 16:41 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Pflanzliche Öle wirken sich positiv auf die Gesundheit aus. Beliebt ist vor allem Olivenöl. In fast jedem Haushalt findet sich eine Flasche des gelb-grünlichen Öls. Aber haben Sie schon einmal auf das Etikett geschaut, wie Ihres eigentlich gewonnen wurde? FITBOOK-Ernährungsextpertin Sophie Brünke erklärt die unterschiedlichen Pressungen und Qualitätsstufen.
Olivenöl wird in drei verschiedenen Pressungen angeboten: Nativ, nativ extra und raffiniert. Doch wo liegt eigentlich der Unterschied? Hier lesen Sie, wie die Öle hergestellt werden, welche Öle bedenkenlos erhitzt werden dürfen und welches Pressverfahren die meisten Nährstoffe erhält.
Übersicht
Herstellung von Olivenöl
Grundsätzlich kann man das Herstellungsverfahren pflanzlicher Öle in Kaltpressung und Raffination unterteilen. Je nach Verfahren unterscheidet sich auch die Qualität der Öle. Als Rohstoff werden die Oliven im Ganzen oder entsteint verarbeitet. Zwar enthalten die Steine den Großteil des Öls und das Fruchtfleisch auch Wasser, dafür liefert das Fruchtfleisch weitere gesunde Nährstoffe, die in das Öl übergehen.
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Die Kaltpressung
Wie der Name schon verrät, arbeitet man bei der Kaltpressung nicht mit hohen Temperaturen. Es ist ein rein mechanisches Verfahren, bei dem man die Oliven zu einem Brei presst. Dieser besteht zum einen aus dem sogenannten „Presskuchen“ und zum anderen aus einem Truböl. Um die Trubstoffe zu entfernen, darf der Brei bei einer Kaltpressung lediglich filtriert, sedimentiert oder zentrifugiert werden.1
Werden bestimmte Vor- oder Nachbehandlungsverfahren, wie z. B. Dämpfen, angewendet, müssen diese auf der Verpackung des Produkts kenntlich gemacht sein. Solche Schritte dienen dazu unerwünschte Geschmacks- und Geruchsstoffe durch Wasserdampfdestillation zu entfernen. Auf der Ölflasche finden Sie in solch einem Fall etwa die Anmerkung „gedämpft“. Da gesetzlich bisher keine Angabe für eine Höchsttemperatur beim Dämpfen von Ölen festgelegt worden ist, könnten als kalt gepresst bezeichnete Öle beim Dämpfen trotzdem erhitzt werden. Wer das vermeiden möchte, greift zu Ölen ohne einen Hinweis auf Dämpfungsverfahren.2
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Die Raffination
Bei der Raffination ist das Verfahren aufwendiger. Nach dem Pressen wird das Truböl ebenfalls filtriert, der Presskuchen zusätzlich mit einem Lösemittel extrahiert. Dank der Extraktion kann der Restölgehalt im Presskuchen auf ein bis zwei Prozent gesenkt werden, bei einer Kaltpressung verbleibt mehr Öl im Presskuchen. Allerdings gelangen auf diese Weise auch mehr unerwünschte Stoffe in das Olivenöl, deshalb findet im Anschluss ein aufwendiges Reinigungsverfahren statt. In diesem Prozess erhitzt man das Öl unter anderem stark und setzt es Temperaturen von über 250 Grad Celsius aus. So wird das Öl rein und lang haltbar, dafür enthält das Endprodukt weniger schmackhafte Aromen.
Die Qualitätsstufen von Olivenöl
Nativ
Der Zusatz „nativ“ darf nur auf einem kalt gepressten Öl stehen, wenn die Vorbehandlung der Oliven (z. B. Reinigen der Oliven) ausschließlich durch mechanische Verfahren geschah. In der Nachbehandlung sind lediglich Filtrieren, Zentrifugieren oder Dekantieren erlaubt. Beim Dekantieren wird das flüssige Olivenöl vorsichtig vom Bodensatz abgegossen.
Der Nachteil bei nativen, kalt gepressten Ölen ist, dass der Hersteller nach der Ölgewinnung die Qualität des Öles nicht mehr verbessern oder Fehler korrigieren kann, die während
der Lagerung der Oliven vor der Verarbeitung gemacht wurden. Denn Öle können Aromen gut aufnehmen und festhalten, sie haben ein „sensorisches Gedächtnis“. Dementsprechend nehmen sie auch die unschönen Aromen auf: Egal, ob die Oliven zu feucht gelagert wurden oder sich in der Nähe ein Misthaufen befand, alles kann sich als Geruch oder Geschmack im Öl wiederfinden. Deshalb ist eine qualitative Auswahl der Rohware besonders wichtig für ein schmackhaftes, kalt gepresstes Olivenöl.
Ein natives Olivenöl darf zudem per Gesetz maximal zwei Gramm Säure pro 100 Gramm enthalten.3
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Nativ extra
Kommt der Zusatz „Extra“ hinter das „Nativ“, sind die gesetzlichen Auflagen strenger: Das Öl darf in diesem Fall lediglich 0,8 Gramm Säure auf 100 Gramm enthalten. In dieser Qualitätsstufe dürfen keine Fehlaromen vorhanden sein, wie es bei den nativen Ölen möglich ist. Außerdem gelten diese Öle als besonders aromatisch in der Küche.
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Raffiniert
Durch den aufwendigen Verarbeitungsprozess sind raffinierte Öle besonders lange haltbar, dafür aber auch nahezu geruchs- und geschmacksneutral. Der Säuregehalt ist gesetzlich auf 0,3 Gramm pro 100 Gramm festgelegt.
Sind die Pressungen unterschiedlich gesund?
Olivenöle, die nativ bzw. nativ extra sind, enthalten durch die schonende Gewinnung mehr gesundheitsförderliche Stoffe als raffinierte Öle. Das sind zum Beispiel Tocopherole, Phytosterole, Carotinoide und phenolische Verbindungen. Durch die hohen Temperaturen bei der Raffination entstehen weiterhin Trans-Fettsäuren, die bis zu einem Prozent des Öls ausmachen können. Diese Menge ist aus ernährungsphysiologischer Sicht jedoch tolerabel.
Die enthaltenden Phenole können sich unter anderem positiv auf die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems und bestimmte Krebsarten auswirken (FITBOOK berichtete).
Was Olivenöl so gesund macht
„Öle sind in der Regel als Lieferanten für Polyphenole und andere sekundäre Pflanzenstoffe vernachlässigbar, da diese in weitaus höheren Mengen in Obst und Gemüse stecken. Denn Öle enthalten meist lediglich ein Milligramm Phenole auf 100 Gramm. Einzig natives Olivenöl extra kann mit sechs Milligramm punkten.
Trotzdem hat Olivenöl zu Recht den Ruf sehr gesund zu sein. Allerdings nicht wegen der sekundären Pflanzenstoffe, sondern wegen des günstigen Fettsäureprofils. Der hohe Anteil an ungesättigten Fettsäuren schützt die Gefäße, da es sie den Cholesterinspiegel senken, den Blutdruck regulieren und entzündungshemmend wirken.
Wer nicht zum teureren nativen Öl greifen möchte, kann also getrost raffiniertes Olivenöl verwenden, um die gesundheitlichen Vorteile zu nutzen – vorausgesetzt man ist mit dem milden Geschmack d’accord.“
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Welches Olivenöl darf man zum Braten verwenden?
Eine Küchenregel besagt, dass kalt gepresstes Öl für die kalte Küche, raffiniertes Öl für die warme Küche geeignet ist. Der Einfachheit halber kann man diese Weisheit auch befolgen. Denn auch wenn man kalt gepresste Öle ebenfalls zum Braten nutzen kann, zerstört man durch die Hitze ihre gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffe. Zwei Vorteile in der Küche haben raffinierte Öle allerdings: Durch ihren milden Geschmack sind sie vielseitig einsetzbar und sie sind weitaus hitzestabiler – sie lassen sich ohne Bedenken über 200 Grad Celsius erhitzen.
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Quellen
- 1. Matthäus, B. Fette und Öle: Grundlagenwissen und praktische Verwendung. Ernährungs Umschau. (aufgerufen am 28.08.2023)
- 2. Lebensmittelklarheit. Mild gedämpftes Speiseöl. (aufgerufen am 28.08.2023)
- 3. Willenberg, I., Küchler, T. Qualität und Vermarktung von Olivenölen in der Europäischen Union. (aufgerufen am 28.08.2023)