4. September 2023, 11:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Aminosäure Tryptophan ist unverzichtbar für die Bildung des „Glücksbotenstoffs“ Serotonin und hat sich mittlerweile einen festen Platz in der Kategorie Nahrungsergänzungsmittel gesichert. Sowohl Sportler als auch Personen mit Schlafstörungen oder depressiven Verstimmungen schwören auf den Proteinbaustein. FITBOOK-Ernährungsexpertin Beke Enderstein erklärt, in welchen Lebensmitteln Tryptophan enthalten und in welche physiologischen Prozesse die essentielle Aminosäure involviert ist.
Obwohl L-Tryptophan in vielen Lebensmitteln wie Hartkäse, Sojabohnen, Fisch und Nüssen vorkommt, ist die Nachfrage nach einer Nahrungsergänzung in den letzten Jahren stark gestiegen – allen voran in der Sportszene, zur Stimmungsaufhellung und bei Schlafproblemen. Allerdings ist es nicht wissenschaftlich belegt, dass eine Supplementierung die angepriesenen Erfolge wie Optimierung der Leistungsfähigkeit, Gewichtsreduktion und Co. erfüllen kann.
Übersicht
Was ist Tryptophan
Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure, die der Körper nicht selbst bilden kann. Daher muss der Eiweißbaustein in ausreichender Menge über pflanzliche und tierische Nahrungsmittel aufgenommen werden. Nur dann wird gewährleistet, dass die Tryptophan-abhängigen Stoffwechselwege – unter anderem die Bildung des Neurotransmitters Serotonin – reibungslos ablaufen können.
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Die Wirkung von Tryptophan
Eine Schlüsselrolle spielt Tryptophan für die Synthese des „Glückshormons“ Serotonin. Der Grund: Nur wenn ausreichend Serotonin gebildet wird, können zentrale Körperfunktionen ablaufen. Über den Stoffwechselschritt der Serotonin-Synthese wird zudem das „Schlafhormon” Melatonin gebildet.
Darüber hinaus ist Tryptophan als essentielle Aminosäure auch für die Synthese des B-Vitamins Niacin unverzichtbar.
Funktionen
- Bildung von Serotonin
- Bildung von Melatonin*
- Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus**
- Zellstoffwechsel*
- Beeinflussung der Stimmung*
- Regulation des Immunsystems*
- Kohlenhydratstoffwechsel*
- Regulation des Appetits*
- Beeinflussung des Schmerzempfindens*
- Eiweißstoffwechsel*
- Regulation der Körpertemperatur*
- Fettstoffwechsel***
* über Serotonin
** über Melatonin
*** über Niacin
Lebensmittel, die die Aminosäure enthalten
L-Tryptophan ist sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Zu den Spitzenreitern unter den natürlichen Quellen zählen Sojabohnen, Hartkäse, Cashewkerne und Erdnüsse.
Tryptophanreiche Lebensmittel
- Sojabohnen
- Emmentaler
- Cashewkerne
- Hühnerbrust
- Thunfisch
- Kakaobohnen
- Walnüsse
- Hühnerei
- Haferflocken
Täglicher Bedarf
Der tägliche Bedarf eines Erwachsenen wird auf 4 bis 5 Milligramm Tryptophan pro Kilogramm Körpergewicht geschätzt. Diese Menge kann in der Regel in ausreichender Menge über Lebensmittel aufgenommen werden.
Symptome eines Tryptophan-Mangels
Ein Mangel an Tryptophan ist selten, kann allerdings aufgrund einer Mangelernährung (z.B. Essstörungen), bei Alkoholmissbrauch, chronischem Durchfall, einer sogenannten Zuckermalabsorption oder im Rahmen einer Leberzirrhose entstehen.
Mögliche Anzeichen
- Schlafstörungen
- Innere Unruhe
- erhöhte Infektanfälligkeit
- depressive Verstimmung
- herabgesetzte Leistungsfähigkeit
- Pellagra (ernährungsbedingte Störung mit verschiedenen Symptomen)
Sollte man Tryptophan supplementieren?
Außerhalb eines nicht diagnostizierten Tryptophanmangels ist es generell nicht nötig, die essentielle Aminosäure zu supplementieren. Die Symptome einer unzureichenden Aufnahme von Tryptophan wie Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen können auch auf andere Ursachen zurückgehen – und sollten medizinisch abgeklärt werden.
Unklare Studienlage
Inwiefern eine Nahrungsergänzung mit Tryptophan beim Abnehmen, zur Leistungssteigerung beim Sport, beim Reizdarmsyndrom oder bei Beschwerden in den Wechseljahren hilfreich sein kann, ist nicht belegt.
Zuckermalabsorption
Bei dieser Stoffwechselstörung ist die L-Tryptophan-Aufnahme im Darm herabgesetzt, sodass eine präventive Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels einen Mangel vorbeugen kann.
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Kontraindikationen
Personen mit chronischen Krankheiten sowie Kinder und Jugendliche gehören zu den Personengruppen, die kein L-Tryptophan supplementieren dürfen. Bei Einnahme verschiedener Medikamente wie beispielsweise Antidepressiva (MAO-Hemmer und SSRI), Johanniskraut, Benzodiazepinen (Beruhigungsmittel) und Phenothiazinen gegen Psychosen ist ebenfalls besondere Vorsicht geboten. Gleiches gilt für den Hustenstiller Dextrometorphan, Lithium und Mittel bei Herzproblemen, gegen Parkinson und Epilepsie.
Achtung
Werden verschiedene Medikamente eingenommen, die den Serotoninspiegel erhöhen (Antidepressiva) kann es zum Serotonin-Syndrom kommen, das tödlich enden kann.
Fazit
Die essentielle Aminosäure Tryptophan muss in ausreichender Menge über die Nahrung aufgenommen werden, damit Serotonin, Melatonin und Niacin gebildet werden können! Aufgrund zahlreicher Nahrungsquellen ist ein Tryptophanmangel – unabhängig von der Ernährungsform: Omnivore, Vegetarier oder Veganer – selten. Obwohl Tryptophan frei verkäuflich erhältlich ist, sollte es aufgrund teils riskanter Wechselwirkungen nicht ohne ärztliche Rücksprache supplementiert werden.
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Quellen
- Bundesinstitut für Risikobewertung. Gesundheitliche Bewertung von Aminosäuren. (aufgerufen am 1.9.2023)
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Niacin. (aufgerufen am 1.9.2023)