15. Mai 2024, 14:16 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Fällt das Wort „Fleischersatz“ denken viele zuerst an Tofu. Doch Seitan hat sich längst seinen festen Platz auf den Tellern von Veganern, Vegetariern und Flexitariern gesichert – aufgrund verschiedener Vorteile, die insbesondere die Textur betreffen. Beide Lebensmittel sind in der asiatischen Küche beheimatet. Doch ist eins gesünder als das andere? Die Antwort hat FITBOOK-Ernährungsexpertin Beke Enderstein.
Tofu hat seinen Ursprung in China, Seitan in Japan – mit zunehmender Beliebtheit der asiatischen Küche in Europa und Deutschland haben auch Fleischesser den guten Geschmack der Lebensmittel längst für sich entdeckt. Vegetarier und Veganer waren ihnen auf der Suche nach Fleischersatz sicherlich einen Schritt voraus und setzen schon länger auf Tofu und/oder Seitan. Doch was steckt eigentlich genau in den Lebensmitteln? FITBOOK hat die beiden pflanzlichen Produkte unter die Lupe genommen und erklärt die ernährungsphysiologischen Unterschiede. „On top“ präsentieren wir ein paar köstliche Rezeptinspirationen.
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Übersicht
- Tofu: Der asiatisch Klassiker
- Seitan: „Eiweißboost“ aus Weizenprotein
- Was schmeckt besser?
- Nährstoffvergleich: Inhaltsstoffe von Tofu und Seitan
- Mikronährstoffe in Tofu und Seitan
- Protein-Booster: Seitan oder Tofu?
- Seitan oder Tofu zum Abnehmen?
- Was ist gesünder: Seitan oder Tofu?
- Für wen ist Seitan bzw. Tofu nicht geeignet?
- Köstliche Rezeptideen mit Seitan und Tofu
- Kauftipps für Fleischersatzprodukte
- Quellen
Tofu: Der asiatisch Klassiker
Während Tofu bei uns erst mit dem veganen Ernährungstrend zum Bestseller unter den Fleischersatzprodukten geworden ist, blickt das Produkt aus Sojabohnen in Asien auf eine lange Tradition zurück. Wer gerne asiatisches Essen bestellt oder in asiatischen Restaurants isst, kommt an Tofu, zumindest als Option auf der Speisenkarte, nicht vorbei.
Herstellung von Tofu
- Sojamilch wird mit einem Gerinnungsmittel – klassischerweise mit dem Salz Nigari aus Meerwasser – vermischt, damit das Eiweiß gerinnt.
- Anschließend wird die eingedickte, proteinreiche Masse in rechteckige Formen gefüllt.
- Je nach gewünschter Konsistenz wird der Tofu gepresst und gegebenenfalls mariniert und/oder geräuchert.
Tofu als veganer Käse
Aufgrund der ähnlichen Herstellungsweise wie Käse, bei dem Milch mit Lab dickgelegt wird, heißt Tofu auch „Sojakäse“. Weicher Tofu – auch bekannt als Seidentofu, der gerne für Dipps, Gebäck und Süßspeisen Verwendung findet – bezeichnet man hingegen als „Sojaquark“ bezeichnet.
Seitan: „Eiweißboost“ aus Weizenprotein
Seitan wird nicht wie Tofu aus Hülsenfrüchten, sondern aus Gluten hergestellt. Das Weizeneiweiß dient asiatischen Mönchen bereits seit Jahrhunderten als vegetarische bzw. vegane Proteinquelle. Aus dem Japanischen übersetzt heißt Seitan „Protein des Lebens“.
Ist Gluten ungesund?
Auch wenn Gluten mitunter verteufelt wird, spricht aus ernährungsphysiologischer Sicht nichts gegen das Weizeneiweiß, solange keine Zöliakie oder sonstige Unverträglichkeit gegenüber Weizen bzw. Gluten besteht. Zwar besitzt das Weizeneiweiß keine hohe biologische Wertigkeit, dennoch wäre es falsch, Gluten grundsätzlich als ungesund einzustufen.
Herstellung von Seitan
- Zunächst wird Weizenmehl mit Wasser vermischt und zu einem festen Teig verknetet.
- Der Vorteig muss anschließend eine Weile ruhen.
- Nach der Ruhezeit wird der Teig unter Wasserzugabe mehrmals geknetet, damit die Stärke herausgewaschen wird und eine elastische, fleischähnliche Masse entsteht.
- Nach dem Kochen oder Dämpfen in einem pikanten Sud aus Sojasoße und Co. wird Seitan abgekühlt und kann gebraten, gebacken oder gegrillt werden.
Tipp: Wer Seitan selbst herstellen möchte, kann direkt eiweißreiches Weizen- oder Dinkelgluten kaufen, sodass das zeitlich intensive Auswaschen der Stärke entfällt.
Was schmeckt besser?
Die Marinade als A und O
Seitan wird bereits beim Kochen im Sud ordentlich Geschmack eingehaucht. Sogenannten „Tofu natur“ sollte man vor der Zubereitung immer in einer kräftigen Marinade – am besten über Nacht – marinieren. Das funktioniert bei stark ausgepresstem, zerkleinertem Tofu am besten.
Persönlicher Tipp: Ich verwende zum Marinieren von Tofu und Seitan immer Sojasoße als Basis. Während ich bei asiatischen Gerichten zusätzlich Knoblauch, Chiliflocken, Ingwer, Kurkuma, Sesamöl und frischen Koriander zur Marinade gebe, mariniere ich Seitan für Gyros oder Döner in einer Extraportion Olivenöl mit Knoblauch und roter Zwiebel, Chili, Rosmarin, Thymian und Kreuzkümmel.
Konsistenz
Der entscheidende Vorteil von Seitan gegenüber Tofu ist die deutlich festere, fleischähnliche Konsistenz, die selbst stark gepresster Tofu nicht erreicht. Besonders beliebt ist Seitan im Döner, der bei guter Würzung und krosser Hülle mit dem Original mithalten kann – so zumindest meine Meinung.
Wer Seitan selbst herstellen möchte, benötigt etwas Zeit zum Herumprobieren , bis die richtige Konsistenz erreicht und der Fleischersatz nicht gummiartig oder zäh ist.
Nährstoffvergleich: Inhaltsstoffe von Tofu und Seitan
Folgende Tabelle veranschaulicht, dass beide Lebensmittel einen ähnlichen Energiegehalt haben, allerdings die Kalorienverteilung der einzelnen Makronährstoffe variiert.
Tofu/Seitan Nährwerte pro 100 g: | ||
---|---|---|
Nährwertvergleich (Durchschnittswerte) | Tofu | Seitan |
Kaloriengehalt | 137 kcal | 147 kcal |
Fett | 8 g | 2.2 g |
Kohlenhydrate | 1 g | 5.8 g |
Eiweiß | 15 g | 25 g |
Mikronährstoffe in Tofu und Seitan
Tofu
Tofu ist reich an Kalzium, Phosphor, Folsäure, Magnesium und enthält eine Extraportion des Spurenelementes Eisen. Hinzu kommen essenzielle Aminosäuren, sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine des B-Komplexes. Für alle, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, ist Tofu eine nährstoffreiche Alternative zu Fleisch: Ohne Cholesterin und mit einer besseren Fettsäure-Zusammensetzung im Vergleich zu fettreichem Fleisch, das reich an gesättigten Fettsäuren ist.
Seitan
Zwar sind in Seitan geringe Mengen an Selen, Eisen und Phosphor enthalten, eine wirklich exzellente Quelle für Mikronährstoffe ist Seitan allerdings nicht.
Protein-Booster: Seitan oder Tofu?
Während Saitan mit stolzen 25 Gramm Eiweiß in puncto Proteingehalt zwar eindeutig die Goldmedaille als High-Protein-Lebensmittel verdient, hat Tofu bezüglich der Eiweißqualität eindeutig die Nase vorne.
Muskelaufbau dank Tofu
Der Sojabohnenquark bringt es auf eine biologische Wertigkeit von 86 – ein absoluter Protein-Boost unter veganen Eiweißquellen und somit perfekt für den Muskelaufbau geeignet.
Aufgrund des hohen Proteinanteils von Seitan kann das Weizenprodukte trotz geringer biologischer Wertigkeit dennoch den Aufbau von Muskulatur unterstützen. Ein Tipp für Kraftsportler: Seitan einfach mit Vollkorn, Hülsenfrüchten, Pseudogetreide und Nüssen kombinieren – dann steigt die biologische Wertigkeit auf über 100!
Auch interessant: Ernährung für Kraftsportler – was und wann man für den Muskelaufbau essen sollte
Seitan oder Tofu zum Abnehmen?
Bezüglich der Kalorien sind beide pflanzlichen Eiweißquellen vergleichbar, wobei der Kaloriengehalt der verschiedenen Produkte natürlich variiert und vor allem von der Marinade und Zubereitung abhängig ist.
Sowohl Tofu als auch Seitan sättigen aufgrund des hohen Proteingehaltes intensiv – am besten in Kombination mit reichlich Ballaststoffen und Flüssigkeit. Während Tofu mehr Fett als Seitan enthält, treffen Low-Carb-Anhänger wiederum mit dem Sojaprodukt voll ins Schwarze.
Was ist gesünder: Seitan oder Tofu?
Im Gesamtpaket schneidet Tofu besser ab. Der Grund: Sojabohnen enthalten mehr essenzielle Aminosäuren und eine Extraportion Mikronährstoffe. Gleiches gilt für sekundäre Pflanzenstoffe (Antioxidantien) – sogenannte Isoflavone. Aus ernährungsphysiologischer Sicht überzeugt Seitan nur mit dem hohen Proteingehalt, Vitamine, Mineralstoffe und Co. sind nicht in relevanter Menge enthalten.
Tipp für gesunde Gerichte mit Seitan
Um aus Seitan dennoch gesunde, nährstoffreiche Gerichte zu zaubern, sind die Beilagen entscheidend. Wenn man das Weizeneiweiß mit Salatvariationen der Saison, einer großen Portion Raw Food oder Gemüse – insbesondere grüne Sorten wie Spinat, Brokkoli oder Mangold – kombiniert, versorgt man seinen Körper nicht nur mit reichlich Protein, sondern garantiert auch mit einer Extraportion Mikronährstoffen und Antioxidantien.
Für wen ist Seitan bzw. Tofu nicht geeignet?
Während Seitan für Personen mit Zöliakie tabu und allenfalls bedingt in geringer Menge bei einer Gluten- bzw. Weizensensitivität geeignet ist, müssen Soja-Allergiker auf Tofu verzichten.
Köstliche Rezeptideen mit Seitan und Tofu
Wie bereits erwähnt hängt das Aroma von Tofu und Seitan von der Marinade, der Konsistenz und den weiteren Zutaten ab. Folgende nährstoffreiche Rezeptinspirationen zeigen, wie einfach sich Fleisch durch Alternativen austauschen lässt:
- Feurig gewürzter Seitan im Fladenbrot mit Salat, Zwiebeln, Chilisoße und Knoblauch-Dip
- Tofu-Frikassée mit grünem Spargel, Möhre, Kurkuma und Erbsen in Sojasahne
- Seitan-Burger mit Guacamole, Ofen-Pommes, Salat und verschiedenen Dips
- Gebackener Tofu auf Spinat-Risotto mit Mandel- oder Sojasahne
- Seitan-Gulasch mit grünen Bohnen und Sellerie-Kartoffelstampf
- Tofu-Geschnetzeltes mit Pilzen in pikanter Soja-Sahne mit Reis und Brokkoli
- Buddha-Bowl mit Sesam-Seitan, Granatapfelkernen, Hummus und Salat-Mix
- Seitan-Braten mit brauner Soße, Kartoffeln und Rotkohl
- Knuspriges Sandwich mit Füllung aus Räucher-Tofu, Guacamole, Rucola und Tomaten
- Seitan-Bratwurst mit feuriger Currysoße, Ofen-Pommes und Dips nach Wahl
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Kauftipps für Fleischersatzprodukte
Tofu sollte ausschließlich in Bio-zertifizierter Qualität aus regionalen Sojabohnen aus der EU gekauft werden. Der Grund: Konventionelle Asia-Ware wird häufig aus gentechnisch veränderten Sojabohnen hergestellt. Daher empfehle ich, Sojasoße oder sonstige Sojaprodukte wie Tempeh und Co. ebenfalls ausschließlich in Bio-Qualität zu kaufen.
Achtung: Außerdem enthalten viele original asiatische Lebensmittel – allen voran Fertigsoßen und Würzpasten – eine Extraportion künstliche Zusatzstoffe wie Glutamat, Farbstoffe und weitere bedenkliche Inhaltsstoffe.
Beim Kauf von Seitan würde ich auch regionale Bioqualität bevorzugen. Dadurch wird das Risiko einer Herbizid-Belastung minimiert. Aufgrund des höheren Preises im Vergleich zu Tofu stelle ich Seitan selbst aus Dinkelgluten in meiner Küchenmaschine her.1,2,3