10. Januar 2025, 12:48 Uhr | Read time: 7 minutes
Kaffee gehört für viele zum Alltag dazu, sei es für den morgendlichen Energieschub oder den kleinen Muntermacher zwischendurch. Aber wussten Sie, dass nicht nur die Menge, sondern auch der Zeitpunkt des Kaffeekonsums eine Rolle für Ihre Gesundheit spielen könnte? Eine neue Studie zeigt: Wer Kaffee nur zu einer bestimmten Tageszeit trinkt, könnte sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einen frühzeitigen Tod signifikant senken – unabhängig von der konsumierten Menge.
Kaffee bleibt nach wie vor eines der beliebtesten Getränke in Deutschland, die Statistiken sprechen für sich: Kaffee befindet sich auf Platz 3 der meistgekauften bzw. meistkonsumierten Getränke hierzulande.1 Die meisten trinken dabei täglich ca. zwei bis drei Tassen – eine Menge, die noch im gesundheitsförderlichen Bereich liegt (FITBOOK berichtete).2 Doch offenbar ist die Anzahl der Tassen an Kaffee gar nicht das Entscheidende: Eine Studie legt nun nahe, dass die Tageszeit der Faktor dafür sein könnte, ob der Kaffee positiv oder negativ auf die Gesundheit wirkt.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Bisher wenig über die gesundheitliche Wirkung von Kaffee zu bestimmten Tageszeiten bekannt
Zwar gibt es zahlreiche Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Kaffee, jedoch war bislang der Einfluss der Tageszeit des Trinkens wenig erforscht. Kaffee, insbesondere koffeinhaltiger, hat durch seinen Einfluss auf den zirkadianen Rhythmus (den inneren Tagesrhythmus) das Potenzial, biologische Prozesse wie Schlaf, Blutdruck und Entzündungswerte zu beeinflussen.
Die Forscher bezogen für ihre Untersuchungen Daten aus einer vorangegangenen Studie – der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES). Diese ermittelt den Gesundheits- und Ernährungszustand von Erwachsenen und Kindern in den Vereinigten Staaten. Zur Validierung schlossen die Wissenschaftler außerdem Teilnehmer aus zwei weiteren Studien ein: Die Women’s and Men’s Lifestyle Validation Study (WLVS und MLVS). Ziel war es, zwei Muster des Kaffeekonsums – morgens versus ganztägig – zu identifizieren und deren Zusammenhang mit der Gesamtsterblichkeit sowie der Sterblichkeit spezifisch durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu bewerten.
Einteilung des Kaffeekonsums in drei Tageszeiten
Für die vorliegende Studie zog man Daten von Erwachsenen ab 18 Jahren aus der NHANES heran.3 Diese umfassten Informationen zur Ernährung und Mortalität, die innerhalb von zehn Zyklen zwischen 1999 und 2000 sowie 2017 und 2018 erhoben wurden. Man schloss bei der Sichtung folgende Teilnehmer aus:
- Personen, die zu Studienbeginn über eine kardiovaskuläre Erkrankung berichteten.
- Personen, die vor Studienbeginn eine Krebsdiagnose erhalten hatten.
- Personen, die zum Zeitpunkt des Studienbeginns schwanger waren.
- Personen, die eine untypische Gesamtenergieaufnahme hatten:
- Frauen: weniger als 500 oder mehr als 3500 Kilokalorien pro Tag
- Männer: weniger als 800 oder mehr als 4200 Kilokalorien pro Tag
So ergaben sich insgesamt Daten von 40.725 Erwachsenen, die sich für die vorliegende Studie eigneten. Zusätzlich wurde eine kleinere Gruppe von 1463 Personen – bestehend aus 772 Frauen und 691 Männer – aus den zwei Substudien eingeschlossen, um die Ergebnisse zu validieren.
Auch interessant: Ist Milch im Kaffee gut oder schlecht für die Gesundheit?
Bewertung der Tageszeit für Kaffee
Bei der NHANES-Studie beantworteten die Teilnehmer in unterschiedlichen Abständen ein 24-Stunden-Ernährungsprotokoll. Dieses fragte den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme sowie die Art und Menge aller Nahrungsmittel und Getränke ab, die sie am Tag zuvor konsumiert hatten. So konnte man das Trinkverhalten mit sowohl koffeinhaltigem als auch entkoffeiniertem Kaffee nachvollziehen. Dabei unterteilte man den Konsum in drei Zeitfenster:
- Morgens: Von vier Uhr bis 11:59 Uhr
- Nachmittags: Von zwölf Uhr bis 16:59 Uhr
- Abend: Von 17 Uhr bis 3:59 Uhr
Der durchschnittliche Kaffeekonsum pro Tag wurde innerhalb dieser drei Zeiträume berechnet. Dadurch identifiziert man mittels Clusteranalysen Muster des Kaffeetrinkens. Auch bei den Substudien fragte man den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme sowie die Art und Menge ab. Auch hier ermittelte man die Häufigkeit des Konsums von Kaffee innerhalb der drei Tageszeiten.
Zusätzlich bezog man Faktoren wie die Art des Kaffees (koffeinhaltig oder entkoffeiniert), die Schlafdauer, körperliche Aktivität und chronische Erkrankungen (z. B. Diabetes, Bluthochdruck) in die Analyse ein, um potenzielle Störfaktoren zu berücksichtigen.
Einschätzung der Sterblichkeit
Durch die Verknüpfung der Informationen mit dem National Death Index verfolgte man Tod und Sterbedaten nach. Die Nachbeobachtungszeit berechnete man dabei vom Beginn des ersten Interviews bis zum Sterbedatum bzw. bis zum Ende der Studie (31. Dezember 2019). Somit erhielt man eine durchschnittliche Nachbeobachtungszeit von 9,8 Jahren.
Kaffee am Morgen erhöht die Langlebigkeit
Aus der Analyse der NHANES-Daten ging hervor, dass 36 Prozent der Teilnehmer morgendliche Kaffeetrinker waren. Dagegen konsumierten 16 Prozent über den gesamten Tag verteilt das koffeinhaltige Getränk. Die übrigen 48 Prozent waren keine Kaffeetrinker. Auch bei den Substudien zeichneten sich die meisten Probanden durch ein morgendliches Trinkverhalten aus.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Tageszeit des Konsums von Kaffee eine wichtige Rolle spielt. Im Vergleich zu Personen, die keinen Kaffee trinken, war der Konsum von Kaffee am Morgen mit einem signifikant geringeren Risiko für die Gesamtsterblichkeit (um 16 Prozent) und die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen (um 31 Prozent) verbunden. Für Kaffeetrinker, die ihren Konsum über den ganzen Tag verteilten, konnte dagegen kein signifikanter Vorteil beobachtet werden.
Auch die Menge des konsumierten Kaffees spielte bei Morgenkaffeetrinkern eine geringere Rolle: Ob sie weniger als eine Tasse oder mehr als drei Tassen täglich tranken – die positive Wirkung auf die Sterblichkeit blieb bestehen. Der Konsum von Kaffee am Morgen schien zudem unabhängig davon vorteilhaft zu sein, ob koffeinhaltiger oder entkoffeinierter Kaffee getrunken wurde.
Die Forscher fanden auch Hinweise darauf, dass der „Ganztagstyp“ des Kaffeekonsums mit einem höheren Risiko für Schlafstörungen und einer möglichen Störung des zirkadianen Rhythmus einhergehen könnte, was die geringeren gesundheitlichen Vorteile erklären könnte.
Mögliche gesundheitlichen Vorteile von Kaffee am Morgen
Die Studie liefert neue und wichtige Erkenntnisse darüber, wie der Zeitpunkt des Kaffeekonsums die gesundheitlichen Auswirkungen beeinflussen kann. Kaffee am Morgen könnte nicht nur den zirkadianen Rhythmus unterstützen, sondern auch Entzündungsprozesse im Körper positiv beeinflussen. Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein, die morgens typischerweise am höchsten sind, könnten durch die antioxidativen Eigenschaften von Kaffee besser reguliert werden.
Für die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung eines bewussten Konsums, der nicht nur die Menge, sondern auch die Tageszeit berücksichtigt. Da Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiterhin die häufigste Todesursache sind, könnten diese Erkenntnisse dazu beitragen, individuelle und öffentliche Gesundheitsstrategien zu verbessern.
Auch für die Praxis sind die Ergebnisse relevant: Wer bisher ganztägig Kaffee trinkt, könnte durch eine Umstellung auf den Morgenkonsum von den gesundheitlichen Vorteilen profitieren, ohne die Gesamtmenge reduzieren zu müssen.
Laut Studie So viele Tassen Kaffee pro Tag können das Leben verlängern
Studie zeigt Kaffee und Tee können das Demenzrisiko senken – bei bestimmten Personen
Studien zeigen Schlecht oder gut? Die Wirkung von Kaffee auf das Herz
Einordnung der Studie und mögliche Einschränkungen
„Dies ist die erste Studie, die zeitliche Abläufe beim Kaffeetrinken und die gesundheitlichen Folgen untersucht“, betont der Hauptautor Dr. Lu Qi in einer Pressemitteilung.4 „Normalerweise geben wir in unseren Ernährungsratschlägen keine Ratschläge zum Zeitpunkt des Kaffeetrinkens, aber vielleicht sollten wir in Zukunft darüber nachdenken.“ Des Weiteren zeichnet sich die Studie durch eine große Stichprobengröße, eine lange Nachbeobachtungszeit und die Validierung der Ergebnisse in einer unabhängigen Kohorte aus.
Dennoch gibt es einige Einschränkungen. Erstens basiert die Studie auf Beobachtungsdaten, sodass keine Kausalitäten bewiesen werden können. Zweitens könnten andere Faktoren wie ein insgesamt gesünderer Lebensstil bei Morgenkaffeetrinkern eine Rolle gespielt und die Ergebnisse beeinflusst haben. Drittens wurden die Daten zum Kaffeekonsum auf Basis von Selbstangaben erhoben, was zu Erinnerungsfehlern geführt haben könnte. Auch, dass die Daten hauptsächlich aus dem US-amerikanischen Raum stammen, könnte dafür gesorgt haben, dass die Ergebnisse für andere Bevölkerungsgruppen nicht repräsentativ sind.
Ferner wurden genetische Unterschiede, wie die individuelle Fähigkeit, Koffein abzubauen, in der Studie nicht berücksichtigt. Dies könnte die Ergebnisse beeinflussen, insbesondere bei Personen mit langsamerem Koffeinabbau, die möglicherweise stärker auf nachmittäglichen oder abendlichen Kaffeekonsum reagieren.