29. April 2024, 11:17 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wer seinen Zuckerkonsum einschränken möchte, greift gerne zu Light-Produkten. Damit diese trotzdem die gewohnte Süße haben, helfen Lebensmittelhersteller mit Zusatzstoffen nach. Doch diese sind nicht ohne. In der Vergangenheit stand insbesondere der Süßstoff Aspartam in der Kritik, welcher 2023 durch die Weltgesundheitsorganisation als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft wurde. Aber auch ein Nachfolger des Aspartams – Neotam – wurde kürzlich in einer Studie genauer unter die Lupe genommen. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke erklärt, was Neotam genau ist und was die Wissenschaftler herausgefunden haben.
In Deutschland konsumierten 8,3 Millionen Menschen mindestens einmal Süßstoff am Tag.1 Da die süßen Zusätze längst zum Alltag vieler gehören, ist es wichtig, ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit zu prüfen. Für die Verwendung in Lebensmitteln gibt die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, bestimmte ADI-Werte vor (engl.: Acceptable Daily Intake). Diese geben diejenige tägliche Aufnahmemenge eines Zusatzstoffes an, die ein Mensch lebenslang ohne gesundheitliches Risiko aufnehmen kann. Doch trotzdem machen Zusatzstoffe immer wieder Schlagzeilen mit ihren möglicherweise drastischen gesundheitlichen Folgen. Sie sollen krebserregend oder schädlich für das Herz sein. Eine kürzlich veröffentlichte Studie, welche eine britische Universität in Kooperation mit einer bangladeschischen durchführte, untersuchte nun die Auswirkungen des vergleichsweise neuen Süßstoffs Neotam, welcher seit 2010 in der EU zugelassen ist – die Ergebnisse sind alles andere als erfreulich.
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Übersicht
Der Süßstoff Neotam ist der Nachfolger von Aspartam
Neotam ist ein chemischer Abkömmling des umstrittenen Süßstoffs Aspartam. Auf Zutatenlisten von Lebensmitteln kann er auch unter seiner Zulassungsnummer E 961 oder dem Begriff Aspartam-Dimethylbutylamid auftauchen. In erster Linie findet er zum Süßen von Produkten Anwendung. Dabei ist er stolze 7000- bis 12.000-mal süßer als weißer Haushaltszucker (Saccharose) und sogar 30- bis 60-mal süßer als Aspartam.2 Er kann auch als Geschmacksverstärker eingesetzt werden, so intensiviert er insbesondere die Aromen von Früchten, Vanille, Minze und Schokolade.3
Der ADI-Wert von Neotam beträgt zwei Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. In Abhängigkeit von den Verzehrmengen verschiedener Lebensmittel sind für den Einsatz von Neotam unterschiedliche Höchstmengen festgelegt. Beispielweise dürfen energiereduzierte Getränke maximal 20 Milligramm pro Liter enthalten, während zuckerfreien Konfitüren, Gelees und Marmeladen pro Kilogramm maximal 32 Milligramm beigemengt werden dürfen. Zuckerfreier Kaugummi hingegen darf aufgrund der sehr geringen Verzehrmenge bis zu 250 Milligramm Neotam pro Kilogramm enthalten.4
Bald verboten? Aktuell wird Neotam erneut überprüft
Alle aktuell zugelassenen Süßungsmittel werden zur Zeit von der EFSA neu bewertet, da die ursprünglichen Bewertungen und ADI-Werte teilweise mehr als 20 Jahre alt sind. Die Neubewertung von Neotam ist jedoch bisher nicht abgeschlossen. Zuvor wurde es erstmals 2007 bewertet.5
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Studie deckt Darm-schädigenden Effekt durch Neotam auf
Da Neotam ein vergleichsweise junger Süßstoff ist, ist er bisher weniger gut als seine süßenden Verwandten untersucht worden. In einer kürzlich veröffentlichten Studie verwendeten die Wissenschaftler ein Modell des Darmikrobioms, also die Gesamtheit der im Darm lebenden Bakterien. Eine gesunde Zusammensetzung der Darmbakterien kann vor der Entstehung von Krankheiten schützen, da es Krankheitserregern den Weg durch die Darmwand in die Blutbahn erschwert. Dazu zählen unter anderem das Reizdarmsyndrom und Sepsis.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Neotam auf mehreren Wegen schädlich auf den Darm wirken kann. Zum einen auf direktem Wege, in dem es den Tod von Darmepithelzellen verursacht. Diese kleiden die Innenwand des Darms aus. Zum anderen, in dem es die Zusammensetzung der Bakterien beeinflusst und so das Gleichgewicht des Mikrobioms stört.6 Damit ist Neotam nicht allein. Frühere Forschungsarbeiten stellten Mikrobiom-schädigende Wirkungen bei einigen Süßstoffen fest, u. a. bei Saccharin.
Für Menschen, die einen empfindlichen Darm haben, bereits an einer chronischen Darmerkrankung leiden oder einfach auf seine Gesundheit achten möchten, empfiehlt es sich, die Zufuhr an Süßstoffen zu reduzieren oder gar auf diese zu verzichten.