25. Februar 2025, 12:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der Zustand des Darmmikrobioms, also der Gesamtheit der im Darm vorkommenden Bakterien, spielt eine entscheidende Rolle für die allgemeine Gesundheit. Daher beschäftigt es auch die Forschung, welche Lebensstilfaktoren und darunter speziell Ernährungsgewohnheiten die Zusammensetzung der Darmmikrobiota beeinflussen. Eine neue Studie liefert in dem Zusammenhang nun überraschende Erkenntnisse.
„Milchprodukte sind eine reichhaltige Quelle für Nährstoffe“, heißt es einleitend in der kürzlich erschienen Studie.1 Sie enthalten unter anderem Proteine, Kalzium, Kalium, Zink und verschiedene Vitamine, die zu gesunden körperlichen Funktionen beitragen können. Allerdings sei der Zusammenhang zwischen dem Konsum von Milchprodukten und der Entstehung bestimmter Erkrankungen (z. B. Krebs, Schlaganfall) noch nicht vollständig geklärt. Der Begriff „Milchprodukte“ ist eher allgemein. Das Forscherteam aus Houston untersuchte daher die einzelnen Lebensmittelarten, die darunter fallen, und stellte dabei Unterschiede in den Auswirkungen von Milch und Käse auf den Darm fest.
Übersicht
Deshalb sind die Folgen der Ernährung für den Darm so wichtig
Die Bakterien im menschlichen Darm übernehmen eine Vielzahl wichtiger Aufgaben. Sie sind u. a. maßgeblich an der Verdauung beteiligt. Außerdem unterstützen sie das Immunsystem bei der Bekämpfung von Krankheiten, indem sie die Ansiedlung unerwünschter Erreger verhindern. Ein Ungleichgewicht des Mikrobioms – also eine ungünstige Verteilung von guten und weniger guten Darmbakterien – kann in Kombination mit genetischen Vorbelastungen und ungesunden Lifestyle-Faktoren die Entstehung verschiedener Krankheiten begünstigen. FITBOOK erklärt die Funktion und Bedeutung des Darmmikrobioms hier ausführlicher.
Die Studienautoren erklären, dass der Einfluss von Milchprodukten auf die mit der Darmschleimhaut verbundenen Mikrobiota (Gesamtheit aller Mikroorganismen) bisher noch nicht erforscht wurde. Mit ihrer Untersuchung wollten sie konkret der Frage nachgehen, wie (unterschiedlich) sich jeweils z. B. Milch und Käse auf die Zusammensetzung der Bakterien in Darm auswirken.
Einfluss von Käse, Milch und Co. auf den Darm – Studiendetails
Bei der Untersuchung handelte es sich um eine Querschnittstudie. Das bedeutet, dass Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt erhoben werden, wodurch sich eine Momentaufnahme darstellen lässt. In diesem Fall verwendeten die Forscher Daten von US-amerikanischen Kriegsveteranen – darunter nur eine Frau – im Durchschnittsalter von 62,7 Jahren, die sich zwischen 2013 und 2017 einer Koloskopie (= Darmspiegelung) unterzogen. Die Untersuchungen waren „geplant“, erklären die Studienautoren. Dies ist so zu deuten, dass sie nicht aufgrund etwaiger Krankheitssymptome erfolgten, sondern im Rahmen eines Check-ups.
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Die berücksichtigten Daten
Von der Studie ausgeschlossen waren Probanden mit verschiedenen Vorerkrankungen, darunter Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sowie bestimmte Krebsarten, schwere geistige Behinderungen und Nieren- wie auch Infektionskrankheiten. Von den insgesamt 612 rekrutierten Probanden schlossen 562 die Darmuntersuchung ab. Bei 172 von ihnen zeigte die Koloskopie keine Veränderungen der Darmschleimhaut auf. Bei der Analyse der Befunde berücksichtigten die Forscher weitere, auf Auskünften der Probanden basierende Daten, etwa verschiedene Lebensstil- und Gesundheitsfaktoren. Informationen zur Ernährung der Veteranen ermittelten die Forscher mithilfe des sogenannten Food Frequency Questionnaire (FFQ), einem anerkannten 110-teiligen Fragebogen, der häufig in der Ernährungsforschung genutzt wird, um die tägliche Nährstoffaufnahme von Probanden oder Patienten zu bewerten.
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Ergebnis: Milch ist günstig für den Darm, Käse weniger
Die Forscher stellten bei den Probanden, die insgesamt mehr Milchprodukte konsumierten, eine größere Vielfalt an Bakterienarten sowie eine gleichmäßigere Verteilung der Mikroorganismen im Darm fest. Besonders vorteilhaft werten die Autoren das häufigere Vorkommen des Bakteriums Faecalibacterium, dem eine entzündungshemmende Wirkung im Körper zugeschrieben wird. Menschen, deren Darm reich mit diesem Bakterium besiedelt ist, sollen zudem seltener an koronarer Herzkrankheit und Angststörungen leiden. Ein Mangel an Faecalibacterium wird hingegen mit einem erhöhten Risiko für entzündliche Darmerkrankungen in Verbindung gebracht.
Laut der Auswertung war der Konsum von Käse hingegen mit einer geringeren mikrobiellen Vielfalt im Darm verbunden. Dies könnte mit der Art der Herstellung zusammenhängen. Zwar wird Fermentation allgemein als gesundheitsförderlich betrachtet und der Verzehr von Produkten wie Buttermilch und Kefir empfohlen.2 In der aktuellen Untersuchung assoziierten die Forscher jedoch vor allem nicht-fermentierte Milchprodukte mit einem geringeren Risiko für verschiedene Krankheiten. Für eine abschließende Bewertung des möglichen Einflusses von Joghurt standen ihnen nicht genügend Daten zur Verfügung.
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Bedeutung der Studie und Einschränkungen
Der Umfang der Daten war zu gering, um belastbare und allgemein gültige Aussagen über den Einfluss von Milchprodukten oder speziell Käse auf den Darm treffen zu können. Zudem basiert die Untersuchung auf Angaben der Teilnehmer zu ihren eigenen Ernährungsgewohnheiten, was immer das Risiko von Ungenauigkeiten mit sich bringt – sei es durch einen Fehler oder weil Teilnehmer den häufigen Verzehr von Fast Food, wie etwa einer Käsepizza, lieber verschweigen.
Abschließend ist zu bemerken, dass der Konsum von Milchprodukten unter den Studienteilnehmern insgesamt eher gering war. Die Durchschnittswerte lagen bei 0,57 Portionen Milchprodukten pro Tag, heruntergebrochen auf etwa 0,24 Tassen Milch und 0,27 Portionen Käse täglich. Joghurt trug mit lediglich 0,002 Tassen sehr wenig zur Ernährung der Probanden bei. Außerdem gaben nur zwei Teilnehmer an, fettarmen Käse zu konsumieren. Dies lässt Vermutungen über den allgemeinen Ernährungsstil der Teilnehmer zu – und schließt nicht aus, dass andere Ernährungs- oder Lebensstilfaktoren Einfluss auf das Darmmikrobiom der Probanden hatten.