19. Dezember 2023, 18:24 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Spätestens seit dem Erfolgszug des Intervallfastens wissen wir, dass es für verschiedene gesundheitliche Bereiche eine wesentliche Rolle spielen kann, wann man isst. Das gilt auch speziell für die Herzgesundheit, wie eine aktuelle Studie zeigt. In ihr hat ein Team europäischer Forscher sich im Speziellen mit dem Einfluss der Frühstücks- und Abendessenszeiten auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auseinandergesetzt.
Die Global Burden of Disease Study (GBD) ist ein gemeinsames Projekt der Harvard School of Public Health, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltbank. Sie quantifiziert u. a. Erkrankungen, Todesfälle und Risikofaktoren auf der ganzen Welt, mit dem Ziel, Ursachen zu ergründen und mögliche Zusammenhänge einsehbar zu machen. Mitarbeiter verschiedener europäischer Forschungseinrichtungen (darunter das französische INRAE, die Sorbonne in Paris und das Barcelona Institute for Global Health) haben sich die GBD-Datensammlung angesehen. Demnach sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit die häufigste Todesursache. Und: von 18,6 Millionen entsprechender Todesfälle etwa 7,9 Millionen auf die Ernährung zurückzuführen. Die Forscher haben das zum Anlass genommen, sich im Rahmen einer gemeinsamen Studie genauer damit auseinanderzusetzen, was für den westlichen Ernährungsstil typisch und daran offenbar ungünstig ist. Dabei fanden sie heraus, dass es sich vor allem auf die Herzgesundheit niederschlägt, wann man isst.
Übersicht
Moderne Essgewohnheiten und die Herzgesundheit
„Der moderne Lebensstil der westlichen Gesellschaften hat zu bestimmten Essgewohnheiten geführt“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Forschungsorganisation INRAE.1 Gemeint seien vor allem späte Zeiten für das Abendessen und das immer üblicher gewordene Auslassen des Frühstücks. Dabei hätten – neben dem wesentlichen Faktor Tageslicht – die täglichen Nahrungsaufnahmen einen starken Einfluss auf den sogenannten zirkadianen Rhythmus. Die Forscher sprechen von einer „Chrononutrition“ (frei übersetzt: Zeit [betreffende] Ernährung). Diese wirke sich nicht zuletzt auf die Blutdruckregulation aus, und war somit Gegenstand ihrer aktuellen Studie.2
Details zur Studie
Die Forscher untersuchten Daten von rund 103.400 erwachsenen Teilnehmern der NutriNet-Santé-Studie. Es handelt sich dabei um eine prospektive Kohortenstudie zum Zusammenhang zwischen u. a. Ernährungsmustern und dem Gesundheitsstatus. Die Frauen und Männer waren im Durchschnitt 42 Jahre alt. Für ein sauberes Ergebnis berücksichtigten die Forscher eine Vielzahl von möglichen Einflussfaktoren (genaues Alter, Geschlecht, familiäre Situation, etc.) gesondert. Im Verlauf des Untersuchungszeitraums wurden unter den Probanden mehr als 2000 Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen dokumentiert.
Je später die Mahlzeit, desto höher das Erkrankungsrisiko
Bei der Auswertung stellten die Forscher fest, dass bei den Probanden das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stieg, je später sie frühstückten – pro Stunde um immerhin rund 6 Prozent. „So hat eine Person, die ihre erste Mahlzeit um 9 Uhr morgens zu sich nimmt, ein um 6 Prozent höheres Risiko (…) als eine Person, die um 8 Uhr morgens isst“, heißt es dazu beispielhaft in der Pressemitteilung.
Auch beim Abendessen erwies sich später als schlechter. Probanden, die ihre letzte Tagesmahlzeit nach 21 Uhr einnahmen, waren demnach um 28 Prozent stärker gefährdet, z. B. einen Schlafanfall zu erleiden, also solche, die vor 20 Uhr zu Abend aßen. Bei Frauen sei die Korrelation besonders auffällig gewesen.
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Das Wichtigste scheinen nächtliche Fastenzeiten zu sein
Die Forscher planen, ihre vorläufigen Ergebnisse mit weiterführenden Untersuchungen zu stützen. Doch jetzt schon lieferten sie demnach starke Hinweise darauf, dass ein möglichst großer Abstand zwischen dem Abendessen und der nächsten Mahlzeit am Folgetag der Herzgesundheit zuträglich sein könnte. Konkret soll jede Stunde Fasten mit einem um rund 7 Prozent reduzierten Erkrankungsrisiko in Verbindung stehen.
FITBOOK hat über die gesundheitlichen Vorzüge von Essenspausen bzw. Intervallfasten schon häufiger berichtet, und darüber auch bereits mit dem Internisten und Ernährungsmediziner Dr. med. Matthias Riedl gesprochen. Er erklärte uns, dass der temporäre Verzicht auf eine Nahrungszufuhr den Organismus entlastet und so dem Stoffwechsel und den Organen die Möglichkeit gibt, sich zu erholen. Intervallfasten führe nicht nur zu einer reduzierten Kalorienaufnahme, was natürlich bei einem Abnehmwunsch von Bedeutung sein kann. Vor allem senke es den Insulinspiegel und langfristig wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Lesen Sie mehr dazu hier!
Frühstücken oder nicht? Unerheblich
Im Sinne längerer Essenspausen neigen einige Menschen dazu, wie auch oben kurz erwähnt, das Frühstück auszulassen. Das Thema wird immer wieder diskutiert: Während die einen daran glauben, dadurch für ihren Blutzuckerspiegel etwas Gutes zu tun, wird dem Frühstücksverzicht auf der anderen Seite ein negativer Einfluss auf die Nährstoffversorgung unterstellt. Daneben heißt es oft, dass die erste Tagesmahlzeit wichtig sei, um möglichen Heißhunger-Attacken im Tagesverlauf vorzubeugen.
Auch die Erkenntnisse der aktuellen Studie sind nicht so zu deuten, dass ein Weglassen des Frühstücks (oder des Mittag- bzw. Abendessens) zu empfehlen wäre. Denn der Auswertung zufolge hatte die Anzahl der Mahlzeiten keinen messbaren Einfluss auf die Herzgesundheit. Stattdessen legten die Ergebnisse nahe, „dass (…) eine längere nächtliche Fastenzeit dank einer frühen letzten Mahlzeit, mehr noch als das Auslassen des Frühstücks, für die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Vorteil sein könnte“. So ist es im Abstract zur Studie nachzulesen.