3. Mai 2024, 16:15 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Zu viel Zucker ist ungesund und kann sich unliebsam auf das Körpergewicht auswirken. Deshalb gibt es inzwischen viele Lebensmittel, welche mit Süßstoffen versetzt sind – insbesondere Softdrinks in der Light-Version oder zuckerfreie Kaugummis. Ein chinesisches Forschungsteam testete, auf welche Weise das Gehirn auf verschiedene Süßungsmittel reagiert und identifizierte einen nahen „Verwandten“ des weißen Haushaltszuckers. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke erläutert Ihnen die Studie.
Ein hoher Zuckerkonsum ist mit einer Reihe gesundheitlicher Risiken verbunden. Neben Übergewicht und Karies kann er auch an der Entstehung von Bluthochdruck, Diabetes und Depressionen beteiligt sein. Schnell wird dann lieber zu Süßstoffen gegriffen, doch diese sind auch nicht ganz ungefährlich: So können sie die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen und sogar das Gehirn beeinflussen, in dem sie das Gedächtnis beeinträchtigen. Wissenschaftler der Universität Shanghai hat in Zusammenarbeit mit weiteren chinesischen Forschungsinstituten die Reaktion des Gehirns auf verschiedene Süßungsmittel an Mäusen getestet, darunter auch Stevia. Dabei konnten sie eins identifizieren, auf welches das Gehirn ähnlich wie bei Zucker reagierte.
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Übersicht
Forscher fütterten Mäuse mit unterschiedlich gesüßter Kost
Die Studienautoren erklären, dass der menschliche Verzehr von zugesetztem Zucker trotz des Vorhandenseins vieler künstlicher Süßstoffe hoch sei. Dies legt nahe, dass viele Süßstoffe möglicherweise nicht die gleiche Konsummotivation anregen wie weißer Haushaltszucker (Saccharose). Um zu verstehen, was im Gehirn beim Zucker- oder Süßstoffessen passiert, machten die Wissenschaftler einen Tierversuch mit Mäusen. Hierfür verfütterten sie über einen Zeitraum von sechs Wochen sechs verschiedene Diäten mit gleicher Süße:
- Kontrolldiät (CD), Standard-Laborfutter
- Diät mit hohem Saccharosegehalt (HSD)
- Diät mit hohem Steviosidgehalt (HSSD)
- Diät mit hohem Xylitol-Gehalt (HXD)
- Diät mit hohem Glycyrrhizin-Gehalt (HGD)
- Diät mit hohem Mogrosid-Diät (HMD)
Da die Süßkraft der Süßstoffe um ein Vielfaches höher ist als bei Zucker – allerdings jeweils unterschiedlich hoch – variierte hier die Menge an zugesetztem Süßstoff in den Diäten. Beispielsweise war die Kost der HSSD-Mäuse mit 1,2 Prozent Stevia angereichert, die Kost der HGD-Gruppe enthielt nur 0,8 Prozent Glycyrrhizin.1
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Stevia wird als natürlich beworben, ist es aber nicht
Stevia wird aus der Pflanze Stevia rebaudiana hergestellt und ist auch als Süßkraut oder Honigkraut bekannt. Die aus der Pflanze gewonnenen Extrakte – die Steviolglycoside –sind hierzulande als Süßstoff mit der Nummer E 960 zugelassen. Die süß schmeckenden Steviolglycoside werden bei der Herstellung durch ein chemisches Extraktionsverfahren aus den Steviablättern isoliert und müssen gesetzlich definierten Reinheitsanforderungen entsprechen. Soll heißen: Auch wenn der Rohstoff eine Pflanze ist, ist das Endprodukt nicht natürlicher als manch anderes Industrieprodukt. Denn auch raffinierter Zucker findet seinen Ursprung in der Zuckerrübe – als besonders naturbelassen gilt er trotzdem nicht.
Ein Süßstoff zeigte ähnliche Reaktionen im Gehirn wie Zucker
Um die neuronalen Prozesse im Gehirn nachvollziehen zu können, nutzten die Wissenschaftler ein bildgebendes Verfahren, welches die Aktivität der Neuronen in Echtzeit darstellte. Die Aufzeichnungen zeigten, dass Stevia im Vergleich zu den anderen untersuchten Süßstoffen, eine Aktivität im Gehirn auslöste, die der durch Zuckerkonsum hervorgerufenen Aktivität sehr ähnlich war. Genauer fand dieser Prozess im Nucleus paraventricularis, einem neurosekretorischen Kern des Hypothalamus, statt. Dies deutet darauf hin, dass Stevia von den untersuchten Süßungsmitteln das verträglichste für das Gehirn ist.
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Sollte ich Zucker künftig vollständig durch Stevia ersetzen?
Die Studienautoren hoffen, dass Stevia in Zukunft mehr Aufmerksamkeit in der Lebensmittelindustrie erlangt und häufiger in der Produktentwicklung genutzt wird. Stevia kann aber auch in reiner Form als Süßungsmittel für zu Hause gekauft werden. Ein vollständiger Ersatz von Zucker ist jedoch nicht notwendig. Wichtig ist, dass Sie nicht zu viel Zucker zu sich nehmen. Maximal zehn Prozent der täglich benötigten Energie sollte aus Zucker stammen. Außerdem werden Süßstoffe noch laufend erforscht. In einer vergangenen Studie an Ratten zeigte sich etwa, dass sich ein regelmäßiger Süßstoffkonsum – auch Stevia war Teil der Studie – negativ auf das Gedächtnis auswirkte. Wer gerne süß isst, sollte also lieber nur gelegentlich zu anderen Süßungsmitteln greifen.