8. März 2020, 8:43 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Flavios Wohnzimmer ist das Fitnessstudio. Außerdem ist der FITBOOK-Autor bekennender Fleischliebhaber, der jeden Monat einen halben Hühnerstall verdrückt. Das soll sich jetzt ändern: Für sechs Monate will er sich rein vegan ernähren und im Rahmen einer Kolumne über sein neues Leben berichten. Im vierten Teil berichtet er, wie sich sein Leben nach einem Monat verändert hat und ob er noch weiter macht…
Der erste Monat ist vorbei und ich möchte ein Resümee ziehen. Welche Eindrücke und Erfahrungen habe ich in der ersten Phase meines Experiments gewonnen?
Wie sieht meine Ernährung momentan aus?
Ich habe mich gut an die Umstellung gewöhnt und kann das Pflanzenfuttern bis jetzt noch genießen. Essen erfüllt für mich sowieso eher nur eine Funktion…
Allerdings wird selbst mir der Räuchertofu langsam zu fad. Ich versuche zwar, durch ein Übermaß an Gewürzen die knautschige Masse geschmacklich aufzuwerten, jedoch mit mäßigem Erfolg. Ein weiteres Problem am Tofu: Sobald ich einen Bissen davon zu viel esse, wächst das Foodbaby rasant und meine Verdauung spielt verrückt.
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Leider muss ich konstatieren, dass Fleisch schon echt ein Geschmacksträger im Essen ist, den ich irgendwie kompensieren will und muss. Das klappt nur bedingt. Zumindest kann ich das Verlangen nach einer anderen Konsistenz im Essen dadurch stillen, dass ich auf Hähnchen- und Hackimitate ausweiche. Ein bisschen widerspricht das aber meiner Logik – auf Fleisch verzichten, um am Ende Fleischimitate zu futtern.
Nach dem ersten Monat habe ich noch keine Problem damit, dem Gruppenzwang bei einem Fast-Food-Gelage zu widerstehen. Einfacher wäre es allerdings, wenn die veganen Junk-Food-Burger nicht so eklig wären.
Ich versuche mich noch etwas auszuprobieren und würde mich eigentlich gerne ketogen ernähren, weil ich mich in der Vergangenheit damit am wohlsten gefühlt habe. Leider ist diese Form der Ernährung nur schwer mit dem Veganismus umzusetzen – oder ich habe mich noch nicht genug damit beschäftigt.
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Wie läuft das Pumpen?
Im Moment verdient das Training nicht mehr das Prädikat „Pumpen“. Denn ein Ausdehnen meiner Muskulatur beim Workout ist kaum spürbar. Meiner Kraft hat das zwar bis jetzt nicht geschadet, aber der Spaß am Sporteln leidet etwas darunter.
Durch neue Übungen und andere Ziele beim Studiobesuch will ich meine Motivation neu beleben. Das Austoben an für mich noch ungewohnten Geräten hilft mir dabei, mich nicht zu sehr unter Druck zu setzen und nicht jede noch so kleine Änderung in der Kraft gleich dem Veganismus in die Schuhe zu schieben.
Jedoch fühle ich mich mit zunehmendem Gewichtsverlust (s. nächster Absatz) wie der Lauch im Studio, was mich wieder demotiviert.
Ein emotionales Auf und Ab also!
Was bringe ich auf die Waage?
Der anfangs hohe Verlust hat sich etwas eingependelt – waren es nach einer Woche minus sieben Kilo, bringe ich nach einem Monat ungefähr zwölf Kilo weniger auf die Waage.
Im Vergleich zu vergangenen Diäten als „Fleischfresser“, als meine Pfunde ebenfalls stark purzelten, wirkt meine abgespeckte körperliche Form etwas undefinierter.
Woher das kommt, kann ich mir noch nicht erklären. Wahrscheinlich findet das nur in meinem Kopf statt – auch weil ich von vielen Leuten und Kollegen höre, dass ich merklich dünner aussehe.
Für jemanden, der viel Wert auf den Kraftsport legt, ist es der Horror zu hören, dass man schlanker wirkt, weil man damit sofort einen Verlust seiner Muckis assoziiert.
Wie hat sich mein Schlaf verändert?
Die größte Veränderung fällt mir bei meinem Schlaf auf. Ich kann zwar länger und häufiger durchschlafen, aber seit Kurzem plagen mich nächtliche Hitze- und Kältewallungen, die mich regelmäßig denken lassen, dass ich krank werde.
Mal heiß, mal kalt, manchmal friere ich, manchmal schwitze ich enorm. Am nächsten Morgen ist aber alles wieder tutti. Vielleicht reagiert mein Körper einfach nur auf den Gewichtsverlust und die Ernährungsumstellung. Kommt Zeit, kommt Rat!
Wie reagieren Außenstehende auf meinen Selbstversuch?
Ich bin überrascht von den Reaktionen!
Sowohl negativ als auch positiv. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Veganer mich ungefragt missionieren wollen, unbedingt Veganer zu bleiben. Würden das auch Fleischesser bei Ex-Veganern tun? Ich möchte aber auch klarstellen: Viele Kommentare sind freundlich und motivieren mich zusätzlich weiterzumachen.
Vor allem beeindruckt mich, wie viele Leute sich für das Thema interessieren und ernsthafte Fragen stellen und mir auf meinem Weg folgen wollen.
Ich bin gespannt, mit wie vielen neuen Menschen und Projekten ich noch in Berührung komme, die meinen Horizont erweitern werden.
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So geht es weiter
Mit einer Kollegin werde ich auf der Berliner Veggie-World auflaufen, um mich einmal durch sämtliche Produkte zu schlemmen. Vielleicht kann ich mich ja inspirieren lassen und mein bisher eher einseitiges Kochen etwas aufmöbeln.
Außerdem steht auch ein Workout samt Mini-Showkampf mit Julia Dorny, der deutschen MMA-Weltmeisterin, auf meiner Agenda. Langweilig wird mir also nicht.
Mit Beendigung des zweiten Monats meiner Challenge melde ich mich zurück und berichte, wie es mir so ergangen ist.
Bis dahin!
Ihr habt eine Meinung oder Fragen zu Flavios Vegan-Challenge? Dann schreibt ihm eine E-Mail an flavio.treppner@axelspringer.com