2. Februar 2018, 15:59 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Es gibt zwei Sorten von Menschen: die „Frühstücker“ und diejenigen, die morgens nichts herunterbekommen. Stets neue wissenschaftliche Erkenntnisse bleiben mal der einen, mal der anderen Fraktion im Halse stecken – schließlich soll eine morgendliche Mahlzeit zeitweise gesund sein und sogar Krankheiten vorbeugen, dann wiederum zu Übergewicht führen können. FITBOOK hat verschiedene Studien gesichtet und mit einem Experten gesprochen.
Lange hieß es, das Frühstück sei die wichtigste Mahlzeit des Tages. So haben die meisten von uns verinnerlicht: Wer morgens vernünftig isst, hat mehr Energie zur Verfügung und bekommt später und weniger Hunger. Entsprechend seien „Frühstücker“ insgesamt seltener übergewichtig oder zuckerkrank. Erst kürzlich wieder haben Wissenschaftler des Imperial College in London zehn internationale Studien auf Zusammenhänge zwischen dem Gewicht von Probanden und deren Nahrungsaufnahme samt entsprechender Uhrzeit verglichen. Zusammenfassend stellten sie fest: Personen, die morgens nicht und dafür im Tagesverlauf oder abends mehr essen, haben häufig einen höheren BMI.
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Macht Frühstück nun gesund oder krank?!
Eine ganz andere Erkenntnis haben Forscher an der Columbia University gewonnen. Ihre Ergebnisse besagen, dass das Auslassen des Frühstücks zu einer Gewichtsreduktion führt. Im Rahmen der entsprechenden Studie wurden übergewichtige Probanden in Gruppen aufgeteilt. Gruppe eins und zwei sollten einen Monat lang morgens um 8.30 Uhr Haferflocken bzw. Cornflakes essen, Gruppe drei bekam nur Wasser zum Frühstück – und verzeichnete im angegebenen Zeitraum einen „deutlichen Gewichtsverlust“. Die restlichen Probanden sollen sich körperlich nicht verändert haben.
Tatsächlich bezeichnet manch ein Wissenschaftler das Frühstück sogar als „gefährlich“. Der britische Biochemiker Prof. Terence Kealey etwa erläutert in seinem Buch „Breakfast is a Dangerous Meal“, dass Essen am Morgen den Blutzuckerspiegel in ungesunde Höhen treibt. Das führe schnell zu Übergewicht und – schlimmer noch – langfristig zu Diabetes Typ 2.
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Die verwirrende Datenlage macht es schwer, sich für den einen oder anderen Weg zu entscheiden. Und das ist ganz typisch für ernährungswissenschaftliche Forschung, wie Diplom-Ökotrophologe Uwe Knop weiß. Frühstücken oder nicht frühstücken, das wollte FITBOOK ein für alle Mal von ihm wissen. Und seine Antwort ist zwar nicht eindeutig, aber durchaus erfreulich.
Alles kann, nichts muss
„Frühstück ist weder wichtig noch unwichtig“, erklärt der Experte. Es gebe keine wissenschaftliche Beweise, die das eine oder andere belegen könnten. Entsprechend rät Knop nur denjenigen zum Essen, die morgens Hunger haben. Diejenigen, die nur Kaffee herunterbekommen, holten die Mahlzeit zum gegebenen Zeitpunkt schon nach. „Das Einzige, was darüber entscheidet, ob und wann ich essen sollte, ist das persönliche Empfinden. Sich auf scheinbare ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse zu verlassen, macht weder gesund noch schlank – geschweige denn glücklich.“
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Der Bauch soll entscheiden
Selbst WAS man isst, sei jedem selbst überlassen. Somit könne man Empfehlungen à la „ballaststroffreich frühstücken!“ oder „Porridge ist viel besser als Brötchen“ getrost ignorieren. „Keines davon ist besser als das andere. Und: Es kann nicht gesund sein, was mir nicht schmeckt und was ich nicht vertrage“, versichert der Ernährungswissenschaftler.
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Aber woher kommt es dann, dass immer wieder gesagt wird, „schnelle Kohlenhydrate“ – beispielsweise aus hellem Weizenmehl, süßer Marmelade oder auch Fruchtzucker – würden zu einem schnellen Anstieg und ebenso rasanten Abfall des Blutzuckerspiegels führen? Das soll ja bekanntlich Heißhungerattacken auslösen. „Diese Auffassung rührt daher, dass es bei manchen Menschen so ist. Aber eben nicht bei allen. So wie die einen schneller zunehmen als andere, reagiert auch der Blutzuckerspiegel unterschiedlich.“ Es komme auf Erfahrungswerte an. Höchstens, wer merkt, dass er kurz nach dem Frühstück ein großes Loch im Bauch hat, sollte eventuell etwas an seinen Gewohnheiten ändern. Dass es aber keine absolutistischen Verhaltensvorgaben geben kann, belege nicht zuletzt die Tatsache, dass es „süße und herzhafte Typen“ gibt. Erstere würden morgens niemals aus freien Stücken Spiegeleier oder Leberwurst essen, Letztere würden sich bei einem Schokocroissant äußerst schwertun.
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Und was hilft nun beim Abnehmen?
Gibt es zumindest im Hinblick auf eine schlanke Linie eine Empfehlung? „Nein“, versichert Knop. „Entscheidend darüber, ob ich zunehme oder nicht, ist die Energiebilanz. Sprich, was unterm Strich an Kalorien ’rumgekommen ist.“ Die Rechnung, man würde unterm Strich mehr zu sich nehmen, weil man sich das Frühstück gespart hat, würde nicht aufgehen. Wer beim Weglassen nur auf sein Bauch- und Hungergefühl gehört hat, der werde auch später keinen Nachholbedarf verspüren.
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Fazit
Intuition ist das A und O. Dann zu essen, wann man mag (und was man selbst am besten verträgt), scheint in jedem Fall figurfreundlicher zu sein als das blinde Folgen irgendwelcher Empfehlungen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen guten Appetit am Frühstückstisch – oder eben auch nicht.