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Nach nur 3 Tagen

Detox mit Saftkur? Warum Ihr Körper darunter leiden könnte

Saftkur Mikrobiom
Fertig gekaufte Saftkuren kommen in portionierten Flaschen und bunten Farben Foto: Getty Images/Tetra images RF

5. Februar 2025, 16:58 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Bestimmt kennen Sie jemanden, der bereits eine Saftkur ausprobiert hat – oder haben es sogar selbst getestet. Viele Menschen greifen dazu, um ihrem Körper etwas Gutes zu tun, sei es zur Entgiftung, zum Abnehmen oder einfach zur Verbesserung der Gesundheit. Doch eine aktuelle Studie wirft Zweifel an der vermeintlichen Heilkraft des Saftfastens auf. Bereits nach nur drei Tagen stellten die Wissenschaftler negative Effekte fest. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke berichtet.

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Die gesundheitlichen Vorteile von Obst und Gemüse sind unbestritten – sie liefern Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe, die unser Wohlbefinden fördern. Doch seit Jahren hält die Beliebtheit von Saftkuren an, welche versprechen, den Körper zu „entgiften“. Das Problem: Beim Entsaften von Obst und Gemüse bleibt der Großteil der unlöslichen Ballaststoffe auf der Strecke. Diese Fasern spielen jedoch eine entscheidende Rolle für unsere Darmgesundheit, da sie als Nahrung für nützliche Darmbakterien dienen, die z. B. entzündungshemmende Verbindungen produzieren. Ein amerikanisches Forschungsteam der Northwestern University hat nun erstmals untersucht, wie sich eine rein pflanzliche Saftkur auf das Mikrobiom im Mund und im Darm auswirkt. Das Ergebnis: Der Verzicht auf Ballaststoffe kann innerhalb weniger Tage zu einer Verschiebung der Bakterienzusammensetzung führen – mit potenziell negativen Folgen für die Gesundheit.

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Was die Wissenschaftler untersuchen wollten

Säfte gelten als einfache Methode, um den eigenen Obst- und Gemüsekonsum nach oben zu schrauben. Allerdings bleiben bei dieser Methode wertvolle Ballaststoffe im Entsafter und landen in der Biotonne.

Ziel der Studie war es, die Auswirkungen von Gemüse- und Fruchtsaft auf das menschliche Mikrobiom zu analysieren – also auf die Gesamtheit der Mikroorganismen, die unseren Darm und Mund besiedeln. Hintergrund ist die Annahme, dass ballaststoffarme Saftkuren die Darmflora ungünstig beeinflussen könnten.1

Die Autoren erklären, dass zahlreiche Studien den gesundheitlichen Nutzen einer ballaststoffreichen Ernährung belegen, jedoch bislang wenig darüber bekannt ist, wie sich eine kurzzeitige Saftkur auf das Mikrobiom auswirkt. Die Forscher wollten daher herausfinden, ob sich durch Saftfasten die Zusammensetzung der Bakterien im Mund und Darm verändert – und ob dies möglicherweise (stille) Entzündungen im Körper befeuert. Diese können schleichend zur Entstehung chronischer Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 oder Stoffwechselstörungen beitragen.

Probanden erhielten Saftkur mit „Whitney Juice-ton“

Die Wissenschaftler führten eine dreitägige Interventionsstudie mit 14 gesunden Erwachsenen durch, welche im Schnitt 22,7 Jahre alt waren. Die Teilnehmer wurden zufällig in drei Gruppen eingeteilt:

  • Saftgruppe: ausschließlich kalt gepresster Saft, 800 bis 900 kcal täglich (5 Probanden)
  • Saft und feste Nahrung: Saft und reguläre Ernährung nach Belieben (4 Probanden)
  • Pflanzenbasierte Vollwertkost: 800 bis 900 Kalorien aus vollwertigen pflanzlichen Lebensmitteln (5 Probanden)

So erhielt die Saftgruppe fünf verschiedene Säfte zur Auswahl. Darunter bspw. „Whitney Juice-ton“, bestehend aus Spinat, Gurke, Sellerie, Karotten, Äpfeln und Zitrone, und „Juice Bigalow“, bestehend aus Apfel, Rote Bete, Karotte, Ingwer und Zitrone.

Vorbereitung und Probenentnahme

Vor Beginn der Intervention in den jeweiligen Gruppen absolvierten alle Teilnehmer eine dreitägige Eliminationsdiät mit frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln. Dazu zählte Obst und Gemüse in Bioqualität, glutenfreien Vollkornprodukten, Eiern und acht Gläsern Wasser pro Tag. Die Studienautoren rieten ihnen zusätzlich auf Alkohol, Koffein, Zucker, verarbeitete Lebensmittel, Milchprodukte, rotes Fleisch und Gluten zu verzichten. Auf diese Weise waren alle Probanden zum Start der jeweiligen Diäten auf dem gleichen Stand.

Proben des Mikrobioms wurden zu Beginn, nach der Eliminationsdiät, unmittelbar nach der Intervention und 14 Tage nach Abschluss der dreitägigen Phase gesammelt. Dafür wurden Speichel, Wangenabstriche und Stuhlproben entnommen und mittels Gensequenzierungstechniken auf ihre Bakterienzusammensetzung untersucht.

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Wie sich das Mikrobiom veränderte

Die Studie zeigte deutliche Unterschiede in der Bakterienzusammensetzung zwischen den Gruppen. Die Saftgruppe wies den stärksten Anstieg von Bakterien auf, die mit Entzündungen und Darmdurchlässigkeit in Zusammenhang stehen, während die Gruppe, die pflanzliche Vollwertkost zu sich nahm, gesundheitlich günstigere mikrobielle Veränderungen aufwies. Die Gruppe, die Saft zusätzlich zu ihrer regulären Ernährung trank, wies zwar einige bakterielle Veränderungen auf, diese waren jedoch weniger schwerwiegend als in der Saftgruppe.

Die Ergebnisse im Überblick:

  • Saftgruppe: Die größte Veränderung trat in der Mundflora auf. Es kam zu einem Rückgang der relativen Häufigkeit nützlicher Firmicutes-Bakterien und einem Anstieg der relativen Häufigkeit von Proteobacteria, einer Bakteriengruppe, die mit Entzündungsprozessen assoziiert wird. Im Darm wurden vermehrt Bakterien nachgewiesen, die mit erhöhter Durchlässigkeit der Darmwand („Leaky Gut“) und kognitivem Abbau in Verbindung gebracht werden.
  • Saft und feste Nahrung: Ähnliche, aber weniger ausgeprägte Verschiebungen im Mundmikrobiom.
  • Pflanzenbasierte Vollwertkost: Keine negativen Veränderungen; stattdessen eine Zunahme von gesundheitsförderlichen Bakterien.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Saft ohne Ballaststoffe das Mikrobiom stören kann, was möglicherweise langfristige gesundheitliche Folgen hat.

Effekt im Mund stärker ausgeprägt

Im Gegensatz zur Darmflora, die relativ stabil blieb, zeigte das orale Mikrobiom während der Saftdiät starke, unerwünschte Veränderungen, die Entzündungen begünstigen. Die leitende Autorin Dr. Melinda Ring, Leiterin des Osher Center for Integrative Health an der Northwestern University Feinberg School of Medicine und Ärztin an der Northwestern Medicine, erklärt in einer Pressemitteilung: „Das zeigt, wie schnell Ernährungsgewohnheiten gesundheitsrelevante Bakterienpopulationen beeinflussen können. Das orale Mikrobiom scheint ein schnelles Barometer für die Auswirkungen der Ernährung zu sein.“2

„Diese Studie bietet einen Realitätscheck“

„Die meisten Menschen denken, dass Entsaften eine gesunde Reinigungskur ist, aber diese Studie bietet einen Realitätscheck“, schlussfolgert Ring weiter. „Der Konsum großer Mengen Saft mit wenig Ballaststoffen kann zu einem Ungleichgewicht im Mikrobiom führen, das negative Folgen wie Entzündungen und eine Verschlechterung der Darmgesundheit haben kann.“

Einordnung der Studie

Die Studie gibt wertvolle Einblicke in die kurzfristigen Auswirkungen von Saftkuren auf das Mikrobiom, die Autoren verweisen aber auch Einschränkungen.

Insgesamt zeigten die Autoren sich überrascht, dass die gemessenen Effekte eher gering ausfielen, obwohl eine „extreme Ernährungsumstellung“ stattfand. Allerdings war die Teilnehmerzahl von 14 Personen gering und die Interventionsdauer von drei Tagen kurz, was die Aussagekraft der Ergebnisse begrenzt. Zudem wurden längerfristige Folgen nicht untersucht. Außerdem kann auch die jeweilige Ernährung der Probanden, die noch vor der Eliminierungsdiät stattfand, das Ergebnis beeinflusst haben.

Dennoch zeigt die Studie klar, dass bereits kurze Saftkuren messbare Effekte auf das Mikrobiom haben – insbesondere im Mund.

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Fazit und Ausblick

Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Ballaststoffen für eine gesunde Darm- und Mundflora. Wenn Sie gerne Saft trinken, sollte sie zusätzlich darauf achten, ballaststoffreiche Lebensmittel zu essen. Oder Sie greifen zu Smoothies aus der ganzen Frucht.

Die Autoren zeigen die Wichtigkeit auf, weitere Forschung zu den Auswirkungen von Saft und anderen Nahrungsmitteln auf das Mikrobiom zu betreiben, vor allem bei Kindern, die Saft oft als Obstersatz zu sich nehmen. Hierbei sollte die Teilnehmeranzahl erhöht und die Interventionsdauer verlängert werden.

Erstautorin Maria Luisa Savo Sardaro, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Amato Lab des Fachbereichs Anthropologie der Northwestern University und Professorin für Lebensmittelmikrobiologie an der Universität San Raffaele in Rom betont: „Die Nährstoffzusammensetzung von Saftdiäten – insbesondere ihr Zucker- und Kohlenhydratgehalt – spielt eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der mikrobiellen Dynamik sowohl im Darm als auch in der Mundhöhle und sollte sorgfältig bedacht werden.“

Themen Darmgesundheit Diäten Fasten

Quellen

  1. Sardaro, M. L. S., Grote, V., Baik, J. et al. (2025). Effects of Vegetable and Fruit Juicing on Gut and Oral Microbiome Composition. Nutrients. ↩︎
  2. Northwestern University. Juicing may harm your health in just three days, new study finds. (aufgerufen am 05.02.2025) ↩︎
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