19. Dezember 2024, 3:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Gehören Sie zu den Menschen, die von Rotwein schnell Kopfschmerzen bekommen? Das könnte am enthaltenen Histamin liegen – oder womöglich ist ein (wenn auch eigentlich gesundheitsförderlicher) Pflanzenstoff im Rotwein daran schuld. Hierauf jedenfalls wollen Forscher die typischen Rotwein-Kopfschmerzen zurückführen können.
Die einen lieben ihn, die anderen begegnen ihm mit Respekt: Rotwein steht für einen besonderen Genuss, den jedoch einige Menschen spätestens dann bereuen, wenn sie einen dicken Schädel davontragen. Ein roter Tropfen ist gemeinhin schwerer als ein weißer und steigt entsprechend schneller zu Kopf. Bloß, woran konkret das liegt – darüber gab es bislang vor allem Mutmaßungen. Mitarbeiter des Kopfschmerz-Zentrums an der University of California gingen den berüchtigten Rotwein-Kopfschmerzen auf den Grund und sind offenbar fündig geworden.
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Übersicht
Forscher untersuchten Ursachen von Rotwein-Kopfschmerzen
Laut Zentrumsleiter Morris Levin und seinem Team unterscheiden sich die untersuchten Beschwerden vom klassischen Alkoholkater, wie man ihn als Folge einer durchzechten Nacht kennen dürfte. Rotwein-Kopfschmerzen können demnach bereits nach nur einem Glas auftreten, oftmals schon 30 Minuten nach dem Verzehr. Um die Ursache dafür zu verstehen, haben die Wissenschaftler verschiedene Stoffwechselprozesse beim Rotweintrinken untersucht. Die Studie erschien im Fachblatt „Scientific Reports“.1
Wein enthält einiges potenziell Unverträgliches
Rotwein enthält der Studiendokumentation zufolge verschiedene Stoffe, die potenziell Unwohlsein und Kopfschmerzen auslösen können. Hierzu zählen u. a. Histamine, auf die bekanntlich einige Menschen unverträglich reagieren (mehr Infos dazu hier), daneben verschiedene pflanzliche Gerbstoffe und die sogenannten Sulfite, also Schwefelverbindungen, die im Wein als Konservierungs- und Antioxidationsmittel funktionieren.
Im Fokus der Untersuchung standen nun ausgerechnet diejenigen Inhaltsstoffe, die Rotwein aus gesundheitlicher Sicht „besser“ machen sollen als manch anderes alkoholisches Getränk: die Flavonoide. Das sind die speziellen Pflanzenstoffe, die für die Farbgebung verschiedener Kräuter, Gemüse- und Obstsorten verantwortlich sind. Vor allem sollen Flavonoide in der Ernährung sich günstig auf die Herzgesundheit und Hirnfunktion auswirken können. Neben Kirschen und dunklem Blattgemüse sollen speziell grüner Tee und eben Rotwein hohe Mengen davon enthalten.
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Sekundäre Pflanzenstoffe bewirken viel Gutes – aber offenbar nicht nur
Sekundäre Pflanzenstoffe sind in erster Linie dafür bekannt, antioxidativ und entzündungshemmend zu wirken. Allerdings fiel ein bestimmtes Flavonol bei den Untersuchungen negativ auf. Es heißt Quercetin und kommt unter anderem in roten Trauben, ergo auch in Rotwein, vor. Gelangt Quercetin in den Blutkreislauf, entsteht Quercetin-Glucuronid. Und in dieser Form blockiert das Flavonol den Abbau von Alkohol in zunächst Acetaldehyd und im nächsten Schritt Acetat. In der Folge sammelt sich Acetaldehyd in der Blutbahn an, erklären die Wissenschaftler, was zu den (Rotwein-)Kopfschmerzen und weiteren katertypischen Beschwerden führen kann.
Effekt ähnelt Wirkung eines Medikaments
Diesen Effekt kenne man aus der medizinischen Therapie von Alkoholabhängigkeit, heißt es in der Arbeit weiter, und hier speziell aus der Behandlung mit Disulfiram. Die Vergabe des Arzneistoffs zielt darauf ab, den Alkoholabbau zu blockieren – die beschriebenen Beschwerden sind in dem Fall also erwünscht. Der Griff zum Glas soll bei Suchtkranken Übelkeit, Kopfschmerzen und Co. auslösen, um auf diesem Weg eine Alkoholentwöhnung zu unterstützen. Allerdings kann Disulfiram in Kombination mit größeren Alkoholmengen „zu gefährlichen bis hin zu letalen Unverträglichkeitsreaktionen führen“.2 Deshalb ist die Behandlung mit dem Medikament in Deutschland nicht üblich.

Pflanzenstoff Anwendung und Wirkung von Quercetin als Supplement

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Veränderte Rotwein-Rezepturen denkbar
Ihre Theorie wollen die Forscher zeitnah mit weiteren klinischen Studien untermauern. Darin sollen Rotweine mit jeweils unterschiedlichem Gehalt an Quercetin darauf überprüft werden, ob ihr Konsum Kopfschmerzen auslöst.
Wie Studienautor Andrew Waterhouse in einer Pressmitteilung erklärt, hängt es vor allem vom Anbaugebiet ab, wie viel des Flavonols ein Wein enthält.3 „Quercetin wird von den Trauben als Reaktion auf Sonnenlicht produziert“, heißt es da. Bei Wein aus besonders sonnenexponierten Trauben könne der Quercetingehalt bis zu fünfmal höher sein. Waterhouse mahnt daher zur Vorsicht mit Weinen aus dem kalifornischen Napa Valley; in Europa sind vor allem sizilianische Weine für ihre Sonnengeküsstheit bekannt.