31. Oktober 2024, 4:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Es gibt immer mehr sogenannte High-Protein-Produkte im Supermarkt. Meist handelt es sich um Milchprodukte im Kühlregal wie zum Beispiel Protein-Pudding. Aber wie sinnvoll sind diese? Ernährungsmediziner und Internist Dr. Matthias Riedl gibt eine Einschätzung.
In den letzten Jahren hat sich ein klarer Trend bei der Empfehlung zur Nährstoffzusammensetzung etabliert: viel Eiweiß, reichlich Fett, wenig Kohlenhydrate. Zumindest, wer sein Gewicht halten will, eine Abnehmstrategie verfolgt oder Muskeln aufbauen will, sollte viel Eiweiß zu sich nehmen. Je nach persönlichem Bedarf werden täglich ein bis zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Welche Personengruppe wie viel Eiweiß benötigt, erklärt FITBOOK in einem anderen Beitrag. Nun gibt es im Kühlregal immer mehr sogenannter High-Protein-Desserts, die mit viel Eiweiß und wenig Zucker werben. Doch wie sinnvoll und gesund sind Protein-Pudding und Co.? FITBOOK hat einen Experten dazu befragt.
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Übersicht
Für wen ist Protein-Pudding geeignet?
Insbesondere für Vegetarier und Veganer ist es gar nicht so einfach, auf die empfohlenen ein bis zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu kommen. Vegetarier haben immerhin den Vorteil, dass sie meist Eier und Milchprodukte verzehren. Doch auch hier müsste man täglich mehrere Eier oder etliche Joghurts und Quark verzehren, um den Tagesbedarf zu decken. Für Abhilfe sollen sogenannte High-Protein-Desserts aus dem Kühlregal sorgen. Sowohl Sportler mit einem hohen Proteinbedarf als auch Vegetarier sind hier vorrangig die Zielgruppe.
Protein-Pudding: Das ist drin
High-Protein-Pudding von Ehrmann
Die Hersteller werben mit „maximaler Genuss ganz ohne Reue“, wie z. B. Platzhirsch Ehrmann für seinen „High Protein Pudding“. Denn die Milchprodukte sind überwiegend fettarm und kommen ohne Zuckerzusatz aus. Das Produkt von Hersteller Ehrmann enthält folgende Zutaten:
- Magermilch
- 8,5 Prozent Milcheiweiß
- Sahne
- 1,8 Prozent Kakaopulver
- 0,2 Prozent fettarmes Kakaopulver
- modifizierte Stärke
- Laktase
- Verdickungsmittel
- Carrageen (Verdickungsmittel und Stabilisator)
- E 466 (Natrium-Carboxymethylcellulose) – der Zusatzstoff sorgt beispielsweise für eine cremige Konsistenz
- Süßungsmittel: Acesulfam K, Sucralose
- Natürliches Aroma
100 Gramm des Puddings enthalten lediglich 1,5 Gramm Fett und 4 Gramm Zucker, dafür aber 10 Gramm Eiweiß. Ein 200-Gramm-Becher liefert somit 20 Gramm Eiweiß, was bei einer Person mit 80 Kilogramm Körpergewicht bereits ein Viertel der empfohlenen Tagesration entspricht.
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Protein-Pudding von Dr. Oetker
Auch andere Hersteller wie Dr. Oetker haben Protein-Puddings im Angebot. Dieser trägt sogar den Nutri-Score A. Sowohl die Zutatenliste als auch die Nährstoffwerte ähneln sehr dem Konkurrenzprodukt von Ehrmann. Es kommen lediglich etwas andere Süßungsmittel zum Einsatz (Cyclamat, Acesulfam K, Saccharin) sowie Stabilisatoren und Schaumverhüter.
Beim Verzehr nimmt man ebenfalls 10 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm Pudding zu sich. Nebenbei noch 1,4 Gramm Fett und 4,8 Zucker. Also kaum Nährwertunterschiede zwischen den beiden Protein Puddings von Ehrmann und Dr. Oetker.
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Viel Eiweiß, wenig Zucker, aber …
Auf den ersten Blick wirkt der Protein-Pudding einfach wie eine gute Proteinquelle. Allerdings versteckt sich das Problem solcher Lebensmittel im Detail. Denn die meisten High-Protein-Produkte setzen auf Süßungsmittel wie Cyclamat, Acesulfam K, Aspartam und Sucralose. Sie ersetzen Zucker und damit viele unnötige Kalorien. Das ist ein starkes Kaufargument für körperbewusste Konsumenten, die viel Eiweiß und wenig Zucker zu sich nehmen wollen. Doch sind die Süßungsmittel wissenschaftlich umstritten.
Beispielsweise lieferte eine Studie Hinweise darauf, dass der Süßstoff Sucralose bei Menschen womöglich den Appetit steigern könnte.1 Dies führt dazu, dass man am Ende mehr isst. Dieses Süßungsmittel wird gerne in Protein-Produkten und Light-Getränken eingesetzt (FITBOOK berichtete). Das Süßungsmittel Aspartam wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sogar als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft, wie wir bereits berichteten.
Doch wie so oft macht auch hier die Dosis das Gift. In kleinen Mengen und nur gelegentlich verzehrt sind die Zuckeraustauschstoffe wenig bedenklich. Das Problem ist, dass diese Stoffe mittlerweile in unzähligen Produkten als Zutaten auftauchen. Wer sich täglich zum Großteil von solchen Produkten ernährt, um Kalorien zu sparen, der kann womöglich Langzeitfolgen wie eine gestörte Darmflora, eine geringere Gedächtnisleistung entwickeln oder sogar die DNA schädigen (FITBOOK berichtete), wie Studien zeigten.2,3,4
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Das Problem ist die Vermarktung und der häufige Verzehr solcher Produkte
Auch der Ernährungsexperte Dr. Matthias Riedl, Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg sieht solche Lebensmittel kritisch. Denn die Industrie springe hier einfach nur auf ein Trend auf (High-Protein, Low Carb) und verkaufe gewinnoptimierte, aber „nährwertverschlechterte“ Produkte. „Das Prinzip lautet, minderwertige Nährstoffe so zu kombinieren, dass sie gesund wirken“, urteilt der Ernährungsexperte über die Protein-Puddings. „Damit es schmeckt, kommen Süßstoffe zum Einsatz. Diese sind schlecht für die Darmflora sowie die Zuckerregulation des Gehirns“, sagt Dr. Matthias Riedl.
Zudem werden laut ihm teils schlecht untersuchte Aromen eingesetzt, die zum Mehrkonsum anregen und so in Konkurrenz zur „richtigen“ Nahrung stehen. „Das Ergebnis sind inhaltsleere Produkte ohne sekundäre Pflanzenstoffe, Spurenelemente und Vitamine sowie fehlende Ballaststoffe, die erst gemeinsam in Kombination eine gesunde Ernährung ausmachen“, lautet das Expertenfazit.
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Tipp: Protein-Dessert einfach selbst machen
Dabei kann man sich ganz einfach selbst ein High-Protein-Dessert herstellen: Magerquark und Körniger Frischkäse haben meist mehr als 10 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm. Dazu etwas frisches Obst wie Heidelbeeren, Himbeeren oder Birne – und schon hat man eine gesunde und leckere Proteinbombe!