17. Juni 2024, 18:37 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Sie verläuft in Schüben und geht mit sehr individuellen Symptomen einher, was eine frühe Diagnose erschwert. Eine neue Studie zeigt nun, dass man der Krankheit mithilfe der Ernährung vorbeugen kann. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle erklärt die neuesten Erkenntnisse.
Die Anzahl an Menschen, die an Multiple Sklerose – kurz MS – erkranken, steigt seit 2013 an: Damals diagnostizierte man die Krankheit bei rund 2,3 Millionen Personen, 2020 lag die Zahl bei 2,8 Millionen – ein Anstieg von einer halben Million Fälle.1 Derzeit ist die entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems noch nicht heilbar. Eine neue Studie gibt jedoch Hinweise, wie man das MS-Krankheitsrisiko mithilfe der Ernährung verbessern könnte.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Studie mit Daten von 499.563 Personen
Die Forscher bezogen Daten aus der UK Biobank von zunächst über 500.000 Personen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren, die in England, Wales oder Schottland lebten.2 In der Pilotphase 2006 und in der Hauptphase von 2007 bis 2010 füllten die Teilnehmer Fragebögen aus, mit denen Informationen zu soziodemografischen Merkmalen, Lebensgewohnheiten, medizinischen Vorgeschichten und Ernährungsgewohnheiten abgefragt wurden. Die Wissenschaftler schlossen allerdings diejenigen aus, auf die folgende Kriterien zutrafen:
- Personen, die vor Studieneintritt an MS erkrankten.
- Teilnehmer mit unvollständigen Angaben zu den Ernährungsfaktoren
- Menschen, die während der Studie an MS erkrankt sind und deren Diagnosedatum unbekannt war.
Somit eigneten sich insgesamt 499.563 Personen für die Studie.
Angaben zur Ernährungsweise
Die Studienteilnehmer füllten zu Beginn einen Fragebogen aus, der die Häufigkeit des Verzehrs bestimmter Lebensmittel innerhalb eines Jahres abfragte. Bei einigen Lebensmitteln wurde man konkreter, indem man beim täglichen Verzehr nachhakte. Außerdem gaben die Teilnehmer die genaue Anzahl der verzehrten Esslöffel bzw. Portionen an. Dazu zählten:
- Gekochtes Gemüse
- Salat und rohes Gemüse
- Frisches und getrocknetes Obst
- entkoffeinierter oder koffeinhaltiger Kaffee und Tee
Bei anderen Lebensmitteln ging man auf den wöchentlichen Verzehr ein, wobei man im Detail wissen wollte, ob man diese nie, weniger als einmal pro Woche, einmal pro Woche, zwei bis viermal mal pro Woche, fünf bis sechsmal pro Woche oder einmal oder mehrmals täglich verzehrte. Dazu gehörten:
- Fettiger Fisch
- Anderer Fisch
- Verarbeitetes Fleisch
- Geflügel
- Rindfleisch
- Lammfleisch
- Schweinefleisch
- Käse
- Salz in Lebensmitteln
- Tee
- Wasser
- Milch
- Brot
- Frühstücksflocken
Auch interessant: Ernährungsform, die die Symptome von Multiple Sklerose lindern kann
Teilstichprobe
Bei einer kleinen Gruppe von 70.467 Personen konzentrierte man sich bei einer zusätzlichen Online-Abfrage auf die Nährstoffaufnahme in den vergangenen 24 Stunden. Die Teilnehmer sollten diesen sogenannten 24-Stunden-Recall zwischen Februar 2011 und April 2012 insgesamt viermal ausfüllen. Abgefragt wurde der Verzehr von 200 verschiedenen Lebensmitteln und Getränken. Die Energie- und Nährstoffgehalte wurden automatisch berechnet, auf dieser Basis bewerteten die Forscher anschließend „die Auswirkungen der Aufnahme einzelner Mikro- oder Makronährstoffe auf das Krankheitsrisiko“.
Bestimmte Lebensmittel haben offenbar schützende Eigenschaften im Zusammenhang mit MS
Bei 478 Personen von insgesamt 499.563 diagnostizierte man MS bei einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 12,29 Jahren. Innerhalb der Teilstichprobe stellte man die Krankheit bei 67 Menschen fest.
Lebensstilfaktoren
Bei aktiven Rauchern stieß man auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko für MS, im Vergleich zu Personen, die noch nie geraucht hatten oder ehemalige Raucher waren. Körperliche Aktivität verringerte das Krankheitsrisiko, insbesondere, wenn man mindestens ein bis dreimal pro Woche sportlich aktiv war. Der BMI nahm keinen Einfluss auf das MS-Risiko, jedoch beobachtete man ein erhöhtes Risiko bei Personen, die aufgrund genetischer Faktoren in der Kindheit zu (starkem) Übergewicht neigten.
Begleiterkrankungen
Diabetes, Bluthochdruck und Hypercholesterinämie nahmen in der Analyse keinen Einfluss auf das MS-Risiko. Allerdings fiel dieses bei denjenigen höher aus, die eine andere Autoimmunkrankheit oder einen Vitamin-D-Mangel aufwiesen bzw. in der Vergangenheit an einer Epstein-Barr-Virus-Infektion erkrankt waren.
Ernährung beeinflusst das MS-Risiko
Auf besonders überraschende Ergebnisse stießen die Forscher in puncto Ernährung: Der Verzehr von öligem Fisch brachte man mit einem geringeren MS-Krankheitsrisiko in Verbindung. Die besonders schützende Wirkung beobachtete man bei Teilnehmern, welche dieses Lebensmittel einmal pro Woche verzehrten. Aber auch das Essen des öligen Fisches zwei oder mehrfach pro Woche verringerte das Risiko. Die Einhaltung der mediterranen Ernährungsform, der viele gesundheitliche Vorteile nachgesagt wird, stand in einem so leichten Zusammenhang zu einem geringeren MS-Risiko, dass er statistisch nicht relevant war.
Auch die Häufigkeit des Alkoholkonsums beeinflusste das MS-Risiko. Laut der Ergebnisse wirkte es sich überraschenderweise positiv auf das MS-Risiko aus, wenn man einmal die Woche moderat Alkohol konsumierte.
Studie aus den USA Ernährungsform, die die Symptome von Multiple Sklerose lindern kann
Laut Studie Der tägliche Verzehr von Eiern soll vor Demenz schützen können
Laut schwedischer Studie Der Faktor, der bei Teenagern das Risiko für Multiple Sklerose erhöht
Einordnung der Studie
Die Studie liefert einen guten Ansatz dafür, dass die Ernährung durchaus eine Rolle dabei spielen kann, das MS-Krankheitsrisiko so gering wie nur möglich zu halten. Jedoch sollte man kritisch betrachten, dass die Teilnehmer Fragen zum Lebensmittelverzehr innerhalb eines Jahres beantworteten. Diese Vorgehensweise birgt eine hohe Fehlerhaftigkeit, da die Angaben aufgrund des Erinnerungsvermögens nicht exakt zustimmen könnten.
Außerdem stammten die Teilnehmer allesamt aus Großbritannien, was bedeutet, dass die Ergebnisse nicht zwingend auf Personen zutreffen müssen, die bspw. aus dem asiatischen Raum stammen.
Auch die Kausalitäten, warum beispielsweise der Konsum von öligem Fisch das MS-Risiko genau beeinflusst, ist ungeklärt. Das müsste in darauf aufbauenden Studien noch geklärt werden.