2. März 2023, 17:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Höher, schneller, besser – das ist die Devise vieler Leistungssportler und zugleich auch der Druck. Die Leistung muss stets stimmen und dafür müssen viele Opfer gebracht werden – auch in Sachen Ernährung. Ex-Biathlon-Weltmeisterin Miriam Neureuther verriet nun, wie sie unter den Erwartungen – besonders bezüglich ihres Gewichts – zu leiden hatte.
Zweimal Weltmeisterin im Biathlon, Silber bei der Langlauf-WM und den Olympischen Spielen. So perfekt das alles klingt, die Erfolge haben auch ihre Schattenseiten. Von genau diesen hat Miriam Neureuther jetzt in einem Interview berichtet – und offenbart dabei vor allem die belastende Rolle, die das Thema Gewicht dabei spielte.
Übersicht
„Die haben mir beide regelrecht die Pistole auf die Brust gesetzt“
Dass Leistungssportler auf das Gewicht und die Ernährung achten müssen, ist kein Geheimnis. Allerdings kann dies zu einem enormen Leidensdruck führen. So hat Miriam Neureuther im Gespräch mit dem Münchener Merkur offenbart, dass sie innerhalb kürzester Zeit zehn Kilo abnahm. Auslöser war offenbar eine Situation nach einem gewonnenen Weltmeistertitel: Anstatt sich über das Erreichte zu freuen, hätten ein Trainer aus dem Weltcup-Stab ihr Gewicht (nach einer OP wog die heute 32-Jährige damals vier Kilogramm mehr als sonst) kritisiert.
„Stell dir vor, wie viel schneller du gewesen wärst, hättest du drei Kilo weniger gehabt“, berichtet Neureuther von Sätzen, die zu dieser Zeit so und so ähnlich fielen. „Das ging immer so weiter. Bis ich mich irgendwann am Tisch überhaupt nicht mehr wohlgefühlt habe und vor diesen ‘Bestimmern‘ keinen Kuchen mehr essen wollte“, erinnert sich die dreifache Mutter an die Zeit vor elf Jahren zurück. „Die haben mir beide regelrecht die Pistole auf die Brust gesetzt und gesagt, dass ich abnehmen müsse, wenn ich wieder bei Wettkämpfen starten möchte.“
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Erst soll sie abnehmen, dann wieder zunehmen
Am Ende beugte sich Neureuther dem Druck und nahm sogar in kürzester Zeit zehn Kilogramm ab. Ebenfalls Grund für Kritik von oben, wie Neureuther erzählt: „Ich war sicher an meinem persönlichen unteren Gewichtslimit. Mit dem Ergebnis, dass dieselben Leute, die mir erst gesagt hatten, ich müsste abnehmen, nun sagten, ich müsse zunehmen. Da hab‘ ich mir wirklich gedacht: Wollt ihr mich, Entschuldigung, verarschen? Ich habe aber die Anweisung befolgt und wieder zugenommen.“ Ein Teufelskreis, der sich in ihrer Karriere mehrmals wiederholte – etwa wenn sie nach sportlichen Zwangspausen mal wieder ein paar Pfunde zunahm.
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„Keine Medaille der Welt ist es wert, dass man seine Gesundheit aufs Spiel setzt“
Irgendwann zog die Leistungssportlerin die Reißleine und entschied: Dieses Gewichts-Auf-Und-Ab hat ein Ende. Geholfen habe ihr dabei ihr Kinderwunsch, den sie durch den ungesunden Umgang mit ihrem Körper nicht gefährden wollte. „Ich wollte also keine krasse Diät mehr machen, nicht wieder ins Untergewicht rutschen und damit riskieren, dass ich irgendwann keine Kinder kriegen kann. Das ist nämlich oft die Folge einer Essstörung“, so Neureuther. Vor diesem Hintergrund sei ihr der sportliche Erfolg dann auch nicht mehr so wichtig gewesen: „Keine Medaille der Welt ist es wert, dass man seine Gesundheit aufs Spiel setzt.“
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Neureuther stellt klar: Sie hatte keine Essstörung
Erstmals über ihre Erfahrungen rund um Gewicht, Ernährung und Leistungssport sprach Miriam Neureuther im Rahmen der ARD-Doku „Hungern für Gold“, die sie gemeinsam mit der ehemaligen Spitzenturnerin Kim Bui produzierte. Darin wollen die Frauen auf das Thema Essstörung und speziell Essstörungen im Leistungssport aufmerksam machen. Neureuther selbst kämpfte zwar mit den Erwartungen an ihren Körper, litt aber nicht an einer Essstörung. Das stellte sie im Anschluss an die Veröffentlichung der Doku und einer Pressemitteilung, die eben dies suggeriert habe, in einem Post auf Instagram klar.