27. August 2023, 7:48 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Die Mariendistel ist auch als heilige Distel bekannt und erfreut sich als Nahrungsergänzungsmittel zunehmender Beliebtheit. FITBOOK erklärt, inwiefern sie sich positiv auf die Lebergesundheit und andere Aspekte des Wohlbefindens auswirkt.
Die heilenden Eigenschaften der Früchte und Samen der Mariendistel sind schon seit der Antike bekannt, wo sie traditionell bei verschiedenen Lebererkrankungen verabreicht wurden. Diese Wirkung ist auf den Wirkstoffkomplex Silymarin zurückzuführen, der in konzentrierter Form in Nahrungsergänzungsmitteln vorliegt. Wie genau die Supplements wirken, welche Dosierung zu empfehlen ist und ob es Risiken gibt, erfahren Sie hier.
Übersicht
- Worum handelt es sich bei der Mariendistel und was enthält sie?
- Wie funktioniert die Mariendistel im Körper?
- Zugeschriebene Wirkung von Mariendistel-NEM auf die Gesundheit und Leistung – Studienlage
- Für wen Mariendistel-Supplemente sinnvoll sein können bzw. wer davon profitiert
- Wann man bzw. wer Mariendistel-Supplemente nicht einnehmen sollte
- Mögliche Risiken, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Medikamenten
- Empfohlene Dosis
- Mariendistel in der Ernährung
- Fazit
- Quellen
Worum handelt es sich bei der Mariendistel und was enthält sie?
Als die heilige Maria ihr Kind stillte, soll sie einen Tropfen Muttermilch verloren haben, der auf die Blätter einer Distel fiel und weißliche Flecken hinterließ. Diese Legende verhalf der Heilpflanze zu ihrem Namen, wobei sie botanisch als Silybum marianum bekannt ist. Sie gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und fällt neben ihrer Größe von bis zu 1,5 Metern durch ihre purpurroten Blüten auf, die von stacheligen Blättern umgeben sind. Ursprünglich war die Mariendistel in Südeuropa heimisch. Heute wird sie neben Argentinien, Venezuela, Ungarn und China auch in Österreich und Deutschland angebaut.1
Die Mariendistel wird heutzutage aber immer häufiger in Form von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) angeboten. Das Angebot reicht dabei von den handelsüblichen Ölen, Samen, Tee oder Pulver bis hin zu höher dosierten Kapseln oder Tabletten, die in Apotheken und Drogeriemärkten zu finden sind. Diese haben gegenüber den Früchten den Vorteil, dass der Hauptwirkstoff Silymarin in konzentrierter Form vorliegt. Es handelt sich dabei um ein Wirkstoffgemisch aus folgenden bioaktiven Verbindungen: Silibinin, Isosilibinin, Silychristin und Silydianin, die für ihre antioxidativen, entzündungshemmenden und leberschützenden Eigenschaften bekannt sind.2
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Wie funktioniert die Mariendistel im Körper?
Schon seit dem Mittelalter ist die Mariendistel für ihre Heilwirkung im Bereich Entgiftung und bei chronisch-entzündlichen Leberkrankheiten bekannt. Erklärt wird dies durch den Wirkstoffkomplex Silymarin, der mit den äußeren Hüllen (Zellmembranen) der Leberzellen interagieren soll und diese stabilisiert bzw. stärkt. Das bedeutet wiederum einen besseren Schutz vor Giftstoffen, weniger Zellschäden und Unterstützung bei Regenerationsprozessen.3
Hinzu kommen die antioxidativen Eigenschaften, die Zellen vor den schädlichen Auswirkungen freier Radikale schützen und Entzündungen im Körper reduzieren sollen. Als wäre das noch nicht genug, ist die Mariendistel zusätzlich reich an Proteinen, die Verdauung anregenden Schleimstoffen und ungesättigten Fettsäuren wie Linol- und Ölsäure.4
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Zugeschriebene Wirkung von Mariendistel-NEM auf die Gesundheit und Leistung – Studienlage
Schutz der Lebergesundheit
Vorbeugend kann mit der Einnahme der Mariendistel einer Schwächung der Leber durch Schadstoffe wie Alkohol, Medikamente, Drogen oder chemische Umweltgifte entgegengewirkt werden, indem die Leber, wie oben beschrieben, gestärkt wird.5 Trotzdem vermag die Mariendistel keine Wunder zu bewirken – übermäßiger Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenkonsum kann die Leber trotz einer Einnahme irreversibel schädigen.
Das enthaltene Silymarin soll auch bei der Bekämpfung von Infektionen durch Hepatitis C, Herpes simplex, Grippeviren und Leberparasiten, die zur Entzündung der Leber führen können, helfen. Sicher ist, dass Silymarin, wenn rechtzeitig und hoch dosiert eingenommen, gegen die Vergiftung durch einen Knollenblätterpilz (Amatoxin) helfen kann.6
Schließlich soll die Mariendistel aber auch bei Lebererkrankungen wie Leberzirrhose und Fettleber helfen, wobei die Ergebnisse von Studien teilweise widersprüchlich sind, wie eine Metaanalyse zusammenfasst.7 Es bedarf also weiterer Forschung, gerade um genaue Dosierung und Dauer einer Behandlung je nach Diagnose festzulegen. In jedem Fall sollten die Supplemente nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden.
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Unterstützung der Verdauung
Nicht nur bei leberbedingten Verdauungsbeschwerden durch einen gestörten Gallenfluss, sondern auch bei der generellen Verdauungsfunktion, können Mariendistel-Supplemente unterstützen. Dies geschieht dadurch, dass sie Entzündungen im Magen-Darm-Trakt reduzieren, indem sie die Magenschleimhaut schützen. Zudem tragen sie dazu bei, die Produktion der Säure im Magen zu regulieren und die Darmbewegungen zu aktivieren. Somit können sie bei Beschwerden wie Durchfall, Verstopfung, Völlegefühl, Bauchweh, Appetitlosigkeit und Sodbrennen hilfreich sein.8
Neurologische und psychische Auswirkungen
Gerade durch die antioxidative und entzündungshemmende Wirkung der Mariendistel liegt ein neuroprotektiver Effekt, also ein Schutz der Gehirnzellen, nahe. Dies konnte auch in Tierversuchen gezeigt werden, in denen der Wirkstoff Silymarin vor neurodegenerativen Schäden im Gehirn sowie Alzheimer und Parkinson schützen konnte.9
Die Ergebnisse können aber nicht auf den Menschen übertragen werden, wo es derzeit an Studien mangelt. Eine Vermutung ist nämlich, dass die Mariendistel-Extrakte, je nach Dosierung, nicht die Blut-Hirn-Schranke passieren können.10
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Für wen Mariendistel-Supplemente sinnvoll sein können bzw. wer davon profitiert
Die Mariendistel kann für Menschen mit Leberproblemen wie Leberzirrhose oder Fettleber von Nutzen sein. Ebenso kann sie in Betracht gezogen werden, um die allgemeine Lebergesundheit zu unterstützen.11
Auch bei entsprechenden Verdauungsbeschwerden kann über eine Einnahme nachgedacht werden. Dasselbe gilt für die Themen Knochengesundheit, Akne, Diabetes und Krebs, wo eine potenzielle positive Wirkung diskutiert wird.12 Wer also in diesen Bereichen Probleme hat und schon verschiedenstes (erfolglos) ausprobiert hat, kann bei Bedarf mit einem Arzt Rücksprache halten, ob eine Einnahme sinnvoll sein könnte.
Wann man bzw. wer Mariendistel-Supplemente nicht einnehmen sollte
Die Mariendistel ist ein Korbblütler. Wer also weiß, dass er auf Pflanzen dieser Art, wie Artischocken, Kiwi oder Gänseblümchen allergisch reagiert, sollte die Heilpflanze vorsichtshalber nicht anwenden.
Für die Anwendung bei Kindern unter zwölf Jahren, Schwangeren und Stillenden liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor, weshalb von einer Einnahme abgeraten wird. Grund dafür sind hormonähnliche Effekte, die der Pflanze nachgesagt werden. Dementsprechend sollte auch bei hormonbedingten Krankheiten wie Brustkrebs oder Endometriose vorsichtshalber auf eine Anwendung verzichtet werden.
Auch bei Patienten, die unter Diabetes leiden, wird die Einnahme kritisch diskutiert, da die Gefahr für Unterzuckerung steigen könnte. Es gilt also, wie immer, dass besonders dann eine Behandlung mit einem Arzt oder Experten abgesprochen werden sollte.13
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Mögliche Risiken, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Medikamenten
Die Mariendistel wird im Allgemeinen als sicher angesehen, aber es kann bei einem Prozent der Einnahmen zu Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden kommen, gerade wenn Mariendistel-Präparate in höherer Dosierung eingenommen werden. Des Weiteren kann es zu weiteren allergischen Reaktionen auf die Inhaltsstoffe der Pflanze kommen.
Hinzukommt, dass Mariendistel-Extrakte mit Mykotoxinen belastet sein können. Bei einer 2015 veröffentlichten Untersuchung wurden bis zu 37 Milligramm pro Kilogramm festgestellt.14 Es lohnt sich also hier, auf qualitativ hochwertige Produkte zu setzen.
Schließlich sollte immer eine ärztliche Beratung erfolgen, besonders wenn Medikamente gegen Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes eingenommen werden.
Empfohlene Dosis
Die empfohlene Dosierung von Mariendistel-NEM kann variieren, weshalb es ratsam ist, den Anweisungen auf dem Produktlabel zu folgen. Zu beachten gilt generell, dass die Konzentration des Wirkstoffkomplexes Silymarin in Fertigarzneimitteln höher ist als in den entsprechenden Kräutertees.
Damit sind, bezogen auf Lebererkrankungen und Vergiftungen, die höher dosierten Präparate zu empfehlen. Eine Tagesdosis sollte hier etwa bei 200 bis 420 Milligramm liegen. Wer hingegen Verdauungsbeschwerden kurieren möchte, sollte eher zum niedrig dosierten Tee greifen. Eine genaue Empfehlung gibt es aber nicht, weshalb die Dosierung im besten Fall mit einem Arzt abgesprochen werden sollte.
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Mariendistel in der Ernährung
Gerade früher war die Mariendistel auch als „Wild-Artischocke“ bekannt.15 Sie kann also in ihrer eigenen Form, beispielsweise als Salat aus den Stielen und Blättern, zu sich genommen werden.
Diese Lebensmittel enthalten ähnliche Wirkstoffe, wie die Mariendistel
Es gibt auch einige Lebensmittel, die dieselben oder ähnliche Wirkstoffe enthalten. Diese sind:
Die Aufnahme von Nährstoffen und Vitaminen über eine ausgewogene Ernährung sollte natürlich immer gegenüber einer Supplementierung bevorzugt werden.
Fazit
Die Mariendistel als Nahrungsergänzungsmittel hat das Potenzial, die Lebergesundheit und Verdauung zu unterstützen, auch wenn die Studienlage an einigen Stellen noch lückenhaft ist, weshalb es an konkreten Empfehlungen mangelt.
Obwohl die Anwendung als sicher gilt, sollte immer eine Absprache mit einem Facharzt erfolgen, um mögliche Risiken und Interaktionen zu minimieren. Schließlich sollte das Nahrungsergänzungsmittel höchstens eine ergänzende Rolle zu einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Bewegung spielen.
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Quellen
- 1. Melzer, M. Heilpflanzen-Lexikon: Mariendistel. Apotheken Umschau. (aufgerufen am 24.08.2023)
- 2. Abenavoli, L., Capasso, R., Milic, N. et al. (2010). Milk thistle in liver diseases: past, present, future. Phytotherapy Research.
- 3. Federico, A., Dallio, M., Loguercio, C. et al. (2017). Silymarin/Silybin and Chronic Liver Disease: A Marriage of Many Years. Molecules.
- 4. Karimi, G., Vahabzadeh, M., Lari, P. et al. (2011). „Silymarin“, a promising pharmacological agent for treatment of diseases. Iranian Journal of Basic Medical Sciences.
- 5. Vargas-Mendoza, N., Madrigal-Santillán, E., Morales-González, A. et al. (2014). Hepatoprotective effect of silymarin. World Journal of Hepatology.
- 6. Mengs, U., Pohl, R.T., Mitchell, T. (2012). Legalon® SIL: the antidote of choice in patients with acute hepatotoxicity from amatoxin poisoning. Current Pharmaceutical Biotechnology.
- 7. De Avelar, C.R., Pereira, E.M., de Farias Costa, P.R., et al. (2017). Effect of silymarin on biochemical indicators in patients with liver disease: Systematic review with meta-analysis. World Journal of Gastroenterology.
- 8. Iberogast®. Mariendistel (Cardui mariae fructus) – Herkunft, Verwendung & Wirkung (aufgerufen am 24.08.2023)
- 9. Borah, A., Paul, R., Choudhury, S. et al. (2013). Neuroprotective potential of silymarin against CNS disorders: insight into the pathways and molecular mechanisms of action. CNS Neuroscience & Therapeutics
- 10. Pérez-Hernández, J., Zaldívar-Machorro, V.J., Villanueva-Porras, D., et al. (2016). A Potential Alternative against Neurodegenerative Diseases: Phytodrugs. Oxidative Medicine and Cellular Longevity.
- 11. APA. Mariendistel zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Salzburger Nachrichten. (aufgerufen am 24.08.2023)
- 12. West, H. 7 Science-Based Benefits of Milk Thistle. Healthline. (aufgerufen am 24.08.2023)
- 13. Klösterl-Apotheke. Mariendistel. (aufgerufen am 24.08.2023)
- 14. Veprikova, Z., Zachariasova, M., Dzuman, Z., et al. (2015). Mycotoxins in Plant-Based Dietary Supplements: Hidden Health Risk for Consumers. Journal of Agricultural and Food Chemistry.
- 15. Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden. Mariendistel. (aufgerufen am 19.08.2023)