10. Juli 2023, 13:44 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Käseliebhaber wussten es schon immer: Einer weltweiten Studie zufolge sind vollfette Milchprodukte ein mehr als berechtigter Teil gesunder Ernährung. Sie sind offenbar eines von sechs Lebensmitteln, die das Zeug dazu haben, uns vor Todesursache Nr. 1 zu schützen: Herzerkrankungen.
„Milchprodukte sollten nicht in zu großen Mengen auf dem Speiseplan stehen“ – dieses Mantra haben wir verinnerlicht. Und es wird bis heute gepredigt – bspw. von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die ihrer Satzung nach dem Gemeinwohl und der Wissenschaft verpflichtet ist und die Gesundheit der Bevölkerung im Blick hat, also deren vollwertige Ernährung fördert. Aber inwiefern ist dieser Ratschlag ernährungswissenschaftlich noch richtig? Tatsächlich darf man hier zweifeln! Eine weltweite Studie mit Daten aus insgesamt 80 Ländern setzt ein Ausrufezeichen hinter die gesundheitliche Wirkung von vollfetten Milchprodukten: Ihnen wird – als ein Lebensmittel von insgesamt sechs – ein Zusammenhang mit niedrigerer Sterblichkeit attestiert.
Übersicht
Niedrigere Sterblichkeit – mit diesen 6 Lebensmittel geht sie einher
Vollfette Milchprodukte können zum Schutz vor einem vorzeitigen Tod beitragen – diese Information tragen Forschende des Population Health Research Institute der McMaster University im kanadischen Hamilton gerade über ihre Studie, die im European Heart Journal erschien, in die Welt hinaus.1 Diese Wirkung schreiben sie auch fünf weiteren Lebensmitteln zu: Auch der Konsum von Obst, Gemüse, Nüssen, Hülsenfrüchten und Fisch sei in allen Regionen der Welt mit einer niedrigeren Sterblichkeit verbunden. Vollfette Milchprodukte sind damit zwar nur eines von insgesamt sechs Lebensmitteln, die die Mortalität gering halten sollen – aber mit Sicherheit die größte Überraschung.
Schließlich will uns die Lebensmittelindustrie seit vielen Jahren weismachen, dass die Lösung all unserer fetten Probleme in der Reduzierung von Fett liege. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass bis zu zwei Portionen Milchprodukte pro Tag, hauptsächlich Vollfett, in eine gesunde Ernährung aufgenommen werden können“, wird der Hauptautor der Studie, Dr. Andrew Mente, in einer Pressemitteilung der European Society of Cardiology zitiert.2 Experten wie der Kardiologe Dr. Dariush Mozaffarian von der Friedmann School of Nutrition Sciene and Policy der Tufts University in Boston forder nun eine Neubewertung von Richtlinien, die zur Meidung vollfetter Milchprodukte beitragen.
Grundstock für die Ergebnisse bildet die sogenannte PURE-Studie, an der knapp 150.000 Personen in 21 Ländern teilnahmen und die Zusammenhänge zwischen gesunder Ernährung und Sterblichkeitsrate bzw. den dazu führenden Erkrankungen herausfilterte. Binnen 9,3 Jahren kam es zu 15.707 Todesfällen sowie 40.764 kardiovaskulären Erkrankungen.
Für die „gesündeste Ernährung“ ergab die Studie
- ein um 30 Prozent niedrigeres Sterberisiko
- eine um 18 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung
- ein um 14 Prozent geringeres Myokardinfarkt-Risiko sowie
- ein um 19 Prozent geringeres Schlaganfallrisiko.
Die Ergebnisse der Studie wurden anschließend in fünf unabhängigen Studien mit insgesamt nochmals knapp 100.000 Patienten in 70 Ländern mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestätigt.
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Portionen pro Tag und Woche für eine niedrigere Sterblichkeit
Aber was heißt nun „gesündeste Ernährung“? Die Forscher definierten Lebensmittel, die mit Langlebigkeit in Verbindung gebracht werden und gaben hinsichtlich der Wochenportionen eine „gesündeste Ernährungsweise“ aus. Diese umfasste:
- 2 bis 3 Portionen Obst
- 2 bis 3 Portionen Gemüse pro Tag
- 3 bis 4 Portionen Hülsenfrüchte pro Woche
- 7 Portionen Nüsse pro Woche
- 2 bis 3 Portionen Fisch pro Woche sowie
- 14 Portionen Milchprodukte (hauptsächlich Vollfett, jedoch ohne Butter oder Schlagsahne) pro Woche
Sterblichkeit fragt nach den Patienten, die nach einer Diagnose sterben werden
Je näher die Teilnehmer an diesem Optimum waren, desto mehr Punkte wurden vergeben – und dann in Relation zu den oben genannten Krankheitsrisiken bzw. der Sterblichkeitsrate gesetzt. Die Mortalitätsrate gibt an, wie viele Patienten nach der Diagnose (ebendieser Krankheiten) sterben werden.
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Politik sollte mehr Anreize für schützende Lebensmittel schaffen
Der Anteil ernährungsbedingter, chronischer Krankheiten, die tödlich enden können, ist weltweit verheerend angestiegen – und teigt weiter an. Entsprechend muss viel mehr über schützende Lebensmittel informiert werden, vor allem seitens der Politik. Dariush Mozaffarian, Kardiologe der Friedmann School of Nutrition Sciene and Policy der Tufts University in Boston, fordert: „Es ist an der Zeit, dass nationale Ernährungsrichtlinien, Innovationen im Privatsektor, staatliche Steuerpolitik und landwirtschaftliche Anreize, Lebensmittelbeschaffungsrichtlinien, Kennzeichnung und andere regulatorische Prioritäten sowie nahrungsmittelbasierte Gesundheitsmaßnahmen mit der Wissenschaft Schritt halten. Das Leben von Millionen von Menschen hängt davon ab.“
Auch Hauptautor Dr. Andrew Mente schlussfolgert, dass die Priorität darin liegen sollte, mehr zum Verzehr schützender Lebensmittel aufzurufen – anstatt sich auf geringen Mengen zu beschränken. Im Klartext: Nüsse (die aufgrund ihrer hohen Energiedichte häufig gemieden werden), Fisch und vollfette Milchprodukte wie Vollmilch und Käse.
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Die Einbeziehung des Verzehrs von unverarbeitetem rotem Fleisch (Wurstwaren etc. gehören entsprechend nicht dazu) und/oder Vollkornprodukten hatte offenbar kaum Einfluss auf die Studienergebnisse. Sie können daher – im Hinblick auf die Gesundheit und in Maßen verzehrt – als optional angesehen werden.
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Quellen
- 1. Mente, A., Dehghan, M., Rangarajan, S. et al. (2023).„Diet, cardiovascular disease, and mortality in 80 countries. European Heart Journal.
- 2. European Society of Cardiology. Global diet study challenges advice to limit high-fat dairy foods. EurekAlert! (aufgerufen am 10.7.2023)