31. März 2024, 17:53 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Cortisol ist lebenswichtig. Als primäres Stresshormon hilft es uns dabei, Krisen zu bewältigen. Aber dauerhaft erhöhtes Cortisol ist sehr problematisch. FITBOOK-Autorin Doris Tromballa verrät, wie Sie Ihrem Körper mithilfe der Ernährung helfen können, Ihren Cortisolspiegel auf einem gesunden Level zu halten.
Der Neurotransmitter Cortisol ist eigentlich ein Superstar in unserem Körper: Er sorgt vor allem dafür, dass unser Körper Stress bewältigen kann.1 Die Cortisolausschüttung ermöglicht aber auch, dass wir aus bedrohlichen Situationen lernen und sie wiedererkennen. Cortisol ist wichtig, um Entzündungen zu bekämpfen und hilft uns, am Morgen wach zu werden. Aber: Cortisol hat keinen guten Ruf. Denn ein langfristig erhöhter Cortisolspiegel trägt dazu bei, dass wir ungewollt zunehmen, nicht mehr gut schlafen, unser Erinnerungsvermögen leidet und erhöht das Risiko für Herzerkrankungen und Bluthochdruck. Auch unser Muskelaufbau und die Regenerationsfähigkeit kann unter zu lange zu viel Cortisol leiden.2 Bestimmte Lebensmittel und Nährstoffe können unseren Körper aber dabei unterstützen, wieder in die Cortisol-Balance zu kommen.
Übersicht
Folgende Lebensmittel können gegen zu viel Cortisol helfen
Dunkle Schokolade für Flavonoide
Schokolade als Stresskiller? Klingt super! Allerdings: Wir müssen etwas genauer hinschauen, bevor wir uns ein Rippchen gönnen. Es ist nämlich die richtig dunkle Schokolade mit wenig Zucker und viel Kakao, die in einer Studie ihr stressmilderndes Potential zeigte.3 Die Hälfte der Probanden bekam dabei 50 Gramm dunkle Schokolade (72 Prozent Kakao), die einen hohen Gehalt an sogenannten Flavonoiden hatte. Flavonoide zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und sorgen z. B. dafür, dass Pflanzen ihre charakteristische Blütenfarbe haben. Die andere Hälfte der Probanden bekam eine dunkel gefärbte, weiße Schokolade ohne Flavonoide. Zwei Stunden nach dem Schokogenuss kam dann der Stresstest für die Schoko-Esser: Kopfrechnen und eine Rede vor Publikum. Ergebnis: Bei den Probanden, die die flavonoidreiche Schokolade bekommen hatten, stellten die Forscher eine geringere Cortisolausschüttung fest als in der Kontrollgruppe.
Der Genuss dunkler, zuckerarmer Schokolade (9 Gramm Zucker pro 100 Gramm) führte auch in einer anderen Studie zu einem geringerem morgendlichen Cortisollevel.4 Offenbar können die in der Kakaobohne enthaltenen Pflanzenstoffe unsere Stressreaktion puffern. Schokolade macht also nicht nur schlau, sondern auch cool.
Weitere Lebensmittel mit hohem Flavonoid-Gehalt: Äpfel, Zwiebel, grüner Tee.
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Hagebutten für Vitamin C
Dunkle Schokolade ist aber wahrlich nicht das einzige Lebensmittel, das auf das Level von Cortisol im Körper einwirken kann. Bei Vitamin C denken wir meistens zuerst an Zitronen – aber eine wahre Vitamin-C-Bombe sind Hagebutten. Mit 1250 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm sind sie ein Spitzenlieferant für das wertvolle Vitamin. Da sieht die Zitrone mit 50 Milligramm pro 100 Gramm richtig blass aus. Die meisten Säugetiere können Vitamin C selbst herstellen – der Mensch (und das Meerschweinchen) nicht. Deswegen müssen wir Vitamin C mit der Nahrung aufnehmen. Vitamin C ist nicht nur wichtig für gesunde Haut und ein fittes Immunsystem. Auch für einen balancierten Cortisolspiegel ist Vitamin C ein mächtiger Helfer. Zum einen ist es dafür wichtig, dass Cortisol überhaupt vom Körper bereitgestellt werden kann. Zum anderen trägt es aber auch dazu bei, dass wir uns von einer stressigen Situation besser erholen. In einer Studie sank das Cortisollevel nach einem Stresstest schneller wieder auf Normalmaß, wenn die Probanden täglich hoch dosiertes Vitamin C (dreimal 1000 Milligramm pro Tag) bekommen hatten.5
Weitere Lebensmittel mit hohem Vitamin C-Gehalt: Sanddorn, Schwarze Johannisbeeren, Petersilie und Paprika.
Cashewkerne für L-Tryptophan
Cashewkerne sind ein wahrer Stresskiller. Grund dafür ist ihr hoher Gehalt an L-Tryptophan: 280 Milligramm pro 100 Gramm. L-Tryptophan gehört zu den essenziellen Aminosäuren. Das sind Eiweiß-Bestandteile, die unser Körper zum Überleben braucht. Aus Tryptophan bilden wir zum einen Serotonin, einen Neurotransmitter, der uns ruhig und gelassen macht. Zum anderen nimmt Tryptophan auch auf Einfluss auf den Cortisolspiegel. Ein erhöhter Tryptophan-Blutwert wirkte sich bei den Probanden einer Studie nach einem Mathe-Stresstest dämpfend auf den Cortisolwert aus.6 Außerdem hilft L-Tryptophan beim Einschlafen – und guter Schlaf ist einer der wichtigsten Faktoren, damit wir uns von Stress erholen können.
Weitere Lebensmittel mit hohem Gehalt an Tryptophan: Thunfisch, Putenbrust, Eier, Mandeln, Bananen
Makrele für Omega 3-Fette
Bei Omega-3-reichen Nahrungsmitteln fällt vielen zuerst der Lachs ein. Aber zu den Fischen mit dem höchsten Gehalt an den gesunden Fettsäuren gehört die Makrele (etwa 2,7 Gramm pro 100 Gramm).7 Omega-3-Fettsäuren sind nicht nur gut fürs Herz und ein langes Leben, sondern wirken auch gegen chronische Entzündungen und haben positive Effekte auf den Cortisolspiegel. In einer Studie wurden 43 Krankenschwestern und -pflegern, die unter extremem Stress standen, acht Wochen lang eine Fischöl-Kapsel verabreicht. Am Ende der Untersuchung fühlten sich die Probanden nicht nur subjektiv besser, auch die morgendlichen Cortisolwerte waren abgesunken.8 Also: Mehr Fisch auf den Tisch! Durchschnittlich essen wir pro Tag gerade mal 37 Gramm – also, da ist noch Luft nach oben.
Weitere Lebensmittel mit hohem Gehalt an Omega-3-Fettsäuren: Hering, Thunfisch, Lachs, Leinöl, Walnüsse.
Wasser
Auch zwischen einem flüssigen Lebensmittel und Cortisol gibt es einen Zusammenhang. Die Rede ist von Wasser. Sie müssen nicht gleich 44 Gläser Wasser pro Tag trinken, wie „Guardians of the Galaxy“-Star Chris Pratt, um Ihrem Cortisolspiegel was Gutes zu tun. Auch die „2-Liter-pro Tag-Regel“ wird inzwischen nicht mehr so streng gesehen. Aber wer gut versorgt ist, tut auch was gegen Stress. Das zeigte eine Studie mit einer U17-Fußballmannschaft aus Südafrika. Bei einem Freundschaftsspiel ließen Forscher einen Teil der Mannschaft ein wenig „auf dem Trockenen sitzen“, während die andere immer ausreichend zu trinken bekam. Nach dem Match hatte die durstige Mannschaft deutlich erhöhte Cortisolwerte.9
Noch stressiger geht es allerdings bei den Zuschauern zu: Forscher haben bei Fußball-Liveübertragungen erstaunlich hohe Cortisolwerte bei den leidenschaftlichen Fans festgestellt – vor allem, wenn das bevorzugte Team verloren hatte. Demnach: nicht stressen lassen, weder auf dem Platz noch auf der Tribüne.10
Sauerkraut für Pro-/Prebiotika
Was in unserem Darm so passiert, interessiert die Medizin erst seit relativ kurzer Zeit. Inzwischen ist das Mikrobiom, also die Lebensgemeinschaft der Bakterien, die ihn besiedeln, aber ein richtig heißes Thema. Die Bakterien sorgen für ein intaktes Immunsystem, haben bei unserer Stimmung mitzureden und spielen eine Rolle bei der Entwicklung von Allergien, Alzheimer, Depressionen und Diabetes.11 Damit unsere Darmbakterien happy sind, brauchen sie – wie wir selbst – gute Gesellschaft (Probiotika) und gutes Essen (Prebiotika). Das scheint auch gut gegen unseren Stress und für unsere innere Ausgeglichenheit zu sein. In einer Studie mit depressiven Patienten führte die Einnahme von Prebiotika- und Probiotika-Kapseln dazu, dass sich die Stimmung der Probanden deutlich verbesserte und der Cortisolspiegel sank.12 Was sollte also auf unseren Anti-Stress-Speiseplan? Unser Sauerkraut ist ein probiotisches Superfood. Allerdings nur frisch – in Konserven und Vakuumtüten ist es meist zu stark erhitzt.13
Weitere pro-/prebiotische Lebensmittel: Naturjoghurt, Kefir, Spinat, Lauch, Chicorée
„Echtes Essen“ gegen Stress
Stress in den Griff zu bekommen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Einzelne Lebensmittel können dazu beitragen, dass unser Körper Hilfe bekommt in Sachen Cortisol regulieren. Aber erst das Zusammenspiel vieler Faktoren und Nährstoffe macht wirklich einen merklichen Unterschied.
Es zeigt sich, dass „echtes Essen“ besser gegen Stress hilft als schnelles Fast-Food – auch wenn wir dann so richtig Lust auf was Ungesundes haben. Eine Studie stellte fest, dass eine Ernährung mit einem hohen Anteil an zugesetztem Zucker, raffiniertem Getreide und gesättigten Fetten zu deutlich höheren Cortisolwerten führte als eine Ernährung mit einem hohen Anteil an Vollkornprodukten, Obst, Gemüse und mehrfach ungesättigten Fetten.14 Klingt logisch, denn vollwertiges Obst und Gemüse enthält viele Antioxidantien und sekundäre Pflanzenstoffe, die zellschädigende freie Radikale bekämpfen und zur Senkung des Cortisolspiegels beitragen können.15