
29. April 2024, 16:37 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Laut einer deutschen Studie kann eine Einzeldosis Kreatin die geistige Leistungsfähigkeit bei Schlafentzug verbessern. Löst das bei Sportlern beliebte Nahrungsergänzungsmittel bald Kaffee ab?
Kaffee ist das Getränk der Stunde, wenn es darum geht, in langen Arbeitsnächten leistungsfähig zu bleiben. Doch zu viel Koffein kann auch Herzrasen und sogar Panikgefühle auslösen. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben in einer kleinen Studie herausgefunden, dass Kreatin eine echte Alternative bei Schlafentzug sein könnte. Allerdings warnen sie auch vor einer übermäßigen Einnahme auf eigene Faust.
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Übersicht
Was ist Kreatin?
Kreatin ist eines der beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel bei Sportlern. Als wirksames Mittel zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit und zur Förderung des Muskelaufbaus werden ihm weitere positive Wirkungen zugeschrieben. Kreatin ist ein lebensnotwendiges Eiweiß (Aminosäure), das der Körper zum einen selbst herstellen kann, zum anderen aber auch aus der Nahrung – vor allem aus tierischen Produkten – bezieht. Ohne Kreatin stünde unserem Organismus nicht genügend Energie zur Verfügung, um zu funktionieren. Überschüssiges Kreatin wird jedoch über die Nieren ausgeschieden, weshalb eine Überdosierung die Ausscheidungsorgane belasten kann.
So lief die Kreatin-Studie ab
Das Forscherteam hielt 15 erwachsene Frauen und Männer eine Nacht lang (insgesamt 21 Stunden) wach und ließ sie zahlreiche knifflige Aufgaben lösen. Zu Beginn erhielten alle Probanden eine hohe Einzeldosis Kreatin (0.35 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht). Die Effekte wurden mit der Verabreichung von Placebo statt Kreatin verglichen. Bereits nach drei Stunden machte sich der positive Effekt bemerkbar. Er erreichte nach vier Stunden seinen Höhepunkt und hielt insgesamt neun Stunden an.
Spezielle im Rahmen der Studie durchgeführte Gehirnuntersuchungen lieferten zudem Hinweise, dass die Kreatinzufuhr im „müden Gehirn“ schnell wirkte und nach dem künstlich herbeigeführten Schlafentzug zu Veränderungen im Gehirnstoffwechsel führte. Genauer beeinflusste es die Werte von PCr/Pi, ATP und tCr/tNAA und damit die Neurotransmitter und den Energiestoffwechsel des Gehirns. Kreatin verhindert das Absinken des pH-Wertes und verbessert somit offenbar die kognitive Leistung und die Verarbeitungsgeschwindigkeit des Gehirns. Die Studie wurde aktuell im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht.1
Wie Kreatin dem Schlafentzug trotzte
Während die Wissenschaftler bei ihren Probanden, die Kreatin erhalten hatten, feststellten, dass sich insbesondere die Verarbeitungsleistung und das Kurzzeitgedächtnis verbesserten, zeigte sich dieser Effekt bei der Placebo-Kontrolle nicht. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine einzelne, aber hohe Dosis Kreatin die Denkleistung verbessert und Veränderungen in den Energiereserven des Gehirns während eines Schlafentzuges bewirkt“, erklärt Studienleiter Dr. Ali Gordjinejad in einer Forschungsmitteilung.2 Frühere Studien haben bereits Hinweise darauf gefunden, dass eine kreatinreiche Ernährung gegen Müdigkeitserscheinungen hilft.3
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Vorsicht vor Kreatin-Überdosis!
Ein ausgeschlafenes Gehirn kann Kreatin kann nur in geringen Maßen aufnehmen, heißt es weiter. Die Studie des Forschungszentrum Jülich konnte aber unter Laborbedingungen nachweisen, dass ein „gestresstes“ Gehirn unter Schlafentzug offenbar besonders gut auf Kreatin anspricht, was die sofortige Wirkung erklärt. Dennoch warnt Studienleiter Gordjinejad vor unbedachter Selbstmedikation: „Bis auf Weiteres ist jedoch von der Einnahme einer solch hohen Dosis im privaten Umfeld abzuraten, da hohe Kreatindosen die Nieren stark belasten und gesundheitliche Risiken hervorrufen können“.
Weitere Studien, u. a. mit einer größeren Zahl von Probanden, sind nötig, um das Ergebnis der aktuellen Studie zu bestätigen und/oder eine kognitive Leistungssteigerung auch bei geringeren Dosen nachweisen können. Bis Kreatin eine sichere Alternative zu Kaffee, Energydinks und Co. werden könnte, wird auf jeden Fall noch einige Zeit vergehen.