1. April 2025, 13:11 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Verschiedene Untersuchungen haben bereits Hinweise dafür geliefert, dass eine ketogene Ernährung (auch ketogene Diät genannt) das biologische Alter positiv beeinflussen kann. Andererseits ist bekannt, dass Adipositas den Alterungsprozess beschleunigt. Kann diesen Effekt eine gezielte Ernährungsumstellung möglicherweise umkehren? Dies war der Schwerpunkt einer aktuellen Studie – mit erstaunlichen Ergebnissen.
Sie könnte bei Multipler Sklerose helfen, andererseits die Entstehung verschiedener Krankheiten begünstigen und das Darmmikrobiom schädigen – ja, was die Forschungslage betrifft, so genoss die zeitweise hochgelobte ketogene Ernährung zuletzt einen wechselhaften Ruf. Fest stehe jedoch, dass es sich um eine nachweislich wirksame und sichere „therapeutische Strategie zur Behandlung von Adipositas und ihren Begleiterkrankungen“ handele. So steht es in der Einleitung der aktuellen Studie.1 Der Wirkungszusammenhang zwischen Adipositas und biologischem Alter sei komplex – ihn besser zu verstehen, könne helfen, das Risiko für das Auftreten altersbedingter Krankheiten zu senken. Und in diesem Zusammenhang scheint die ketogene Ernährung ein bedeutender Anker zu sein.
Übersicht
Wirkung ketogener Ernährung auf das biologische Alter
Die ketogene Ernährung wird schon länger als potenzielle Anti-Aging-Waffe gehandelt.2 Ihre Wirkung auf den Alterungsprozess scheint dabei jedoch sehr vielschichtig zu sein. Entscheidend ist sicherlich, welche konkreten Lebensmittel man in seine Diät integriert. Zur Erinnerung: Um den Körper in den Zustand der sogenannten Ketose zu versetzen – in diesem Zustand nutzt er Fett anstelle von Glukose als primäre Energiequelle –, ist eine drastische Reduzierung der Kohlenhydratzufuhr zugunsten einer erhöhten Aufnahme von Fetten erforderlich. Werden nun hochwertige Pflanzenfette aufgenommen (und nicht etwa hohe Mengen fettreichen Fleischs), könnte dies zu den beobachteten positiven Effekten auf das biologische Alter beitragen. Ebenso betrachtet man den für eine ketogene Ernährung typischen Verzicht auf Zucker als vorteilhaft.
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Für eine kontrollierte Ernährungsform wie die ketogene Ernährung entscheiden sich in der Regel gesundheitsbewusste Menschen. Umso bedeutsamer wäre der damit möglicherweise verbundene Effekt auf das biologische Alter für Menschen mit Adipositas. Doch wäre die Wirkung einer gezielten Intervention stark genug, um bereits eingetretene Prozesse umzukehren? Dieser Frage gingen die Forscher in ihrer Studie nach.
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Details zur Untersuchung
Bei der ketogenen Ernährung ging man lange Zeit davon aus, dass die tägliche Kalorienzufuhr relativ egal sei – zumindest wenn man damit einen Abnehmwunsch erfüllen will. Um jedoch bei stark übergewichtigen Probanden den gewünschten Effekt auf das biologische Alter zu erzielen, also bestenfalls auf verschiedene gesundheitliche Parameter, setzten die Forscher bei ihrer Intervention auf eine VLCKD (Abkürzung für: „Very Low Calorie Ketogenic Diet“, steht für eine „sehr kalorienarme ketogene Diät“).
Die Studie war in zwei Teile unterteilt:
- Der erste Teil war eine Querschnittsstudie, an der insgesamt 48 Personen teilnahmen. Je nach Körpergewicht wurden sie in die Gruppe der Normalgewichtigen oder der Übergewichtigen eingeteilt. In diesem Teil der Studie konzentrierten sich die Forscher auf die Bestimmung des biologischen Alters.
- Ein zweiter Teil der Studie war eine Längsschnittkohorte, also eine Studie mit Probanden, die bestimmte gemeinsame Merkmale aufwiesen – in diesem Fall Adipositas. Dazu rekrutierten die Forscher 10 geeignete Frauen und Männer und setzten sie auf eine VLCKD. Ihre ketogene Ernährung bestand aus kalorienarmen Lebensmitteln mit einem relativ hohen Fett- und niedrigen Kohlenhydratanteil. Den Probanden wurde zu Beginn der Studie, nach 30 Tagen und erneut am Ende der Studie nach rund sechs Monaten Blut abgenommen.
Um das biologische Alter zu bestimmen, untersuchten die Forscher das Blut auf die sogenannte epigenetische Uhr der Probanden. Diese Methode schätzt das biologische Alter eines Menschen anhand der DNA-Methylierungsmuster. Zum Verständnis: Methylgruppen, die an bestimmte Stellen der DNA angehängt werden, beeinflussen, ob ein Gen an- oder abgeschaltet wird. Diese Muster verändern sich im Laufe des Lebens und lassen so Rückschlüsse auf das biologische Alter auf zellulärer Ebene zu.
Ergebnis: Ketogene Ernährung senkt das biologische Alter
Der erste Teil der Studie bestätigte, dass Adipositas mit einer beschleunigten Alterung einhergeht. Konkret verlangsamte sich das biologische Alter bei den normal gewichtigen Probanden um 3,1 Jahre. Die adipöse Gruppe hatte einen Alterungsvorsprung von 4,4 Jahren. Ein möglicher Lösungsansatz folgte im zweiten Teil der Studie. Denn hier konnte gezeigt werden, dass eine spezielle, sehr kalorienarme ketogene Diät das biologische Alter nach rund sechs Monaten um etwa sechs Jahre senken konnte.
Die Ergebnisse unterstrichen das therapeutische Potenzial der VLCKD bei der Behandlung von Adipositas, erklären die Studienautoren. Die Wirkung der ketogenen Diät gehe über den eines Gewichtsverlusts hinaus – sie wirke sich zudem entzündungshemmend und günstig auf verschiedene Stoffwechselparameter aus.

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Einschränkungen
Die Autoren der Studie weisen auf verschiedene Einschränkungen hin. So bestand der Probanden-Pool überwiegend aus Erwachsenen mittleren Alters mit einem BMI im Adipositasbereich. Dies wirkt sich natürlich auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus. Darüber hinaus konnten zwar signifikante Korrelationen gefunden, jedoch keine definitiven Kausalzusammenhänge nachgewiesen werden. Hierzu wären weitere mechanistische Untersuchungen notwendig. Die Ergebnisse wiesen aber zumindest stark in eine Richtung. Diese will das Forscherteam in weiteren Studien genauer untersuchen.
Was außerdem untersucht werden müsste: die Langzeitwirkung der ketogenen Ernährung auf das biologische Alter. Womöglich stoppt der Effekt nach sechs Monaten oder einem Jahr? Oder aber er kippt und eine ketogene Diät würde auf Dauer sogar die Alterung beschleunigen? Fragen, die ebenfalls wissenschaftlich geklärt werden müssten.