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Roh sollte man sie nicht essen

Warum werden Kartoffeln durchs Kochen ungiftig und sogar gesund?

Kartoffeln im Kochtopf
Rohe Kartoffeln schmecken bitter – und sind giftig. Erst im kochenden Wasser durchlaufen sie eine Transformation zum äußerst gesunden Nahrungsmittel. Warum das so ist, erklärt FITBOOK. Foto: Getty Images

26. Juni 2024, 4:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Haben Sie schonmal darüber nachgedacht, eine rohe Kartoffel zu essen? Vermutlich eher nicht, denn man hat schon mal gehört, sie seien giftig. Aber wissen Sie auch, warum das so ist? Warum verwandelt erst der Kochvorgang die Knolle in ein äußerst gesundes Nahrungsmittel, das wenig Kalorien, hochwertiges Eiweiß und viele Vitamine liefert? FITBOOK-Autorin Doris Tromballa erklärt es und verrät, warum Kartoffeln beim Kochen weich werden und Eier hart.

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Als gut verschnürte Kraftpakete aus Stärke sind Kartoffeln kleine Energiepakete. Doch diese Energie wird für uns Menschen erst durch das Kochen zugänglich. Dazu kommt: Im rohen Zustand enthalten sie außerdem den Giftstoff Solanin. Aus diesem Grund wurde die Kartoffel 2022 auch zur „Giftpflanze des Jahres“ gewählt (unsere Kollegen von myHOMEBOOK berichteten). Das bedeutet: Gesund (hinsichtlich ihrer hervorragenden Nährwerte) wird die Kartoffel erst durch den Vorgang des Kochens. Warum das so ist, lesen Sie hier.

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So viele Vitamine stecken in der Knolle

 100 Gramm KartoffelTagesbedarf
Provitamin A56 Mikrogramm (μg)900 μg
Vitamin B1180 μg1200 μg
Vitamin B2200 μg1500 μg
Vitamin B6200 μg2000 μ
Biotin0,6 μ50 μ
Panthothensäure320 μg6000 μ
Nicotinsäureamid2 Milligramm (mg)20 mg
Vitamin C54 mg100 mg

Solanin – der Giftstoff in der Kartoffel

Kommen wir zum Solanin, von dem in diesem Zusammenhang viele schon einmal etwas gehört haben. Dass nach ein bis zwei rohen Kartoffeln die meisten Menschen Magenbeschwerden haben, liegt – neben der resistenten Stärke – an dem Alkaloid Solanin. Alkaloide sind toxische Pflanzenstoffe, die in allen Nachtschattengewächsen stecken (neben Kartoffeln z. B. auch in Tomaten und Auberginen). Ihre Aufgabe besteht darin, die Pflanze vor Schimmel, Fäulnisregen und Pilzbefall zu schützen – für den Menschen sind sie giftig.

Das Solanin der Kartoffel steckt vor allem in der Schale und in Keimstellen und ist für den bitteren Geschmack roher Kartoffeln verantwortlich. Die Knollen bilden von Tag zu Tag mehr Solanin, das durch Sonneneinstrahlung außerdem gefördert wird. Aus diesem Grund sollten Keimstellen stets weggeschnitten werden, Schälen ist ebenfalls zu bevorzugen.

Damit Kartoffeln nicht verstärkt Solanin bilden, müssen sie dunkel gelagert werden, in kühlen, trockenen Kellern oder Vorratsräumen. Die optimale Lagertemperatur für Kartoffeln beträgt sechs Grad Celsius.

So viele rohe Kartoffeln müsste ein Erwachsener essen, um sich zu vergiften

Eine Solaninvergiftung äußert sich durch Brennen und Kratzen im Hals, Magenbeschwerden, Darmentzündungen, Gliederschmerzen, Übelkeit, Brechreiz, Nierenreizungen, Durchfall und in schlimmen Fällen sogar durch die Auflösung der roten Blutkörperchen, Störungen der Kreislauf- und Atemtätigkeit sowie Schädigungen des zentralen Nervensystems (Krämpfe, Lähmungen). Vergiftungen können ab einer Konzentration von einem Milligramm Solanin pro Kilogramm Körpergewicht auftreten. Um eine Solaninvergiftung zu bekommen, müssten Erwachsene allerdings mehr als zehn Portionen rohe Kartoffeln am Tag essen (etwa drei Kilogramm).1

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In den letzten 100 Jahren gab es lauf dem Bundesamt für Risikobewertung nur wenige Fälle von Solaninvergiftung. Todesfälle in Folge von Vergiftungen durch Glykoalkaloide wurden in den letzten 50 Jahren nicht beschrieben.2 Möglicherweise ist dies ein Beleg dafür, dass Vergiftungsfälle wegen des bitteren Geschmacks der Glykoalkaloide eher selten auftreten.

Kochwasser von Pellkartoffeln nicht verwenden

Aber was passiert mit dem Solanin, wenn die Kartoffel gekocht wird? Solanin ist hitzeresistent, aber wasserlöslich. Verloren gehen sie dann mit dem angegossenen Kochwasser – aus diesem Grund sollte man das Kochwasser von Kartoffeln auch nicht verwenden.

Auch interessant: Die gesündeste Art, Kartoffeln zuzubereiten

Enthaltene Stärke in rohen Kartoffeln nicht verwertbar

Kartoffeln enthalten mehr Vitamin C als ein Apfel und fast so viel Kalium wie eine Banane.3 Ihr Energiegeheimnis liegt in der Stärke: Zwischen neun und 22 Prozent Stärke haben Kartoffeln, abhängig von der Kartoffelsorte und den Anbaubedingungen.4 Der hohe Stärkeanteil macht sie für uns als Energielieferant interessant, Stärke ist für uns Menschen das quantitativ bedeutsamste Nahrungskohlenhydrat.5 Allerdings ist die Energie einer ungekochten Kartoffel für uns schwer zugänglich, weil Stärke im ungekochten Zustand eine spezielle kristalline Struktur hat, gegen die unsere Verdauungsenzyme größtenteils machtlos sind.6,7 Beim Kochen wird diese kristalline Struktur aufgebrochen und in eine gelartige Konsistenz umgewandelt.

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Darum werden Kartoffeln durchs Kochen weich

Diese Stärke ist auch der Grund dafür, dass Kartoffeln beim Kochen – anders als z. B. Eier – weich werden. Stärke besteht aus zwei verschiedenen Kohlenhydratmolekülen: Amylose und Amylopektin.8 Diese beiden Moleküle haben sehr unterschiedliche Eigenschaften – und genau deshalb ist es möglich, Kartoffeln weichzukochen. Die Amylose macht etwa 20 bis 30 Prozent der Kartoffelstärke aus und ist wie eine Perlenschnur aufgebaut. Im heißen Wasser wird diese Schnur aufgelöst. Das Amylopektin, der Hauptteil der Stärke, mit 70 bis 80 Prozent, ist dagegen ein dichtes Netz. Wenn Kartoffeln im Wasser köcheln, dringt das Wasser in dieses Netz ein.9 Die Kartoffel verhält sich dabei wie ein Schwamm, der sich vollsaugt und aufquillt. Mehr Volumen bedeutet weniger Dichte – und das macht die Kartoffel weich. Werden die Kartoffeln später kalt, „faltet“ sich ein Teil der Stärkemoleküle wieder neu, und es entsteht wieder resistente Stärke. Die kann sogar beim Abnehmen helfen, FITBOOK berichtete.

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Quellen

  1. Bundeszentrum für Ernährung. Kartoffeln: Verbraucherschutz (2023, aufgerufen am 21.06.2024) ↩︎
  2. Bundesinstitut für Risikobewertung. Fragen und Antworten zu Solanin (Glykoalkaloiden) in Kartoffeln (2018, aufgerufen am 21.06.2024) ↩︎
  3. Institut für Ernährungsinformation. Kartoffeln gegart. DEBInet. (aufgerufen am 30.5.2024) ↩︎
  4. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft. Kartoffeln Inhaltsstoffe – nicht nur Stärke, sondern auch wertvolles Eiweiß. (aufgerufen am 30.5.2024) ↩︎
  5. Matissek, R., Baltes, W. (2016). Lebensmittelchemie, 8. Aufl. Lebensmittelchemisches Insitut des Bundesverbandes. ↩︎
  6. Birt, D.F., Boylston, T., Hendrich, S. et al. (2013). Resistant Starch: Promise for Improving Human Health. Advances in Nutrition. ↩︎
  7.  Jane, J.-I., Ao, Z., Duvick, S. A. et al. (2003). Structures of Amylopectin and Starch Granules: How Are They Synthesized? Journal of Applied Glycoscience. ↩︎
  8. Ebermann, R., Elmadfa I. (2008). Lehrbuch Lebensmittelchemie und Ernährung. Springer-Verlag. ↩︎
  9. Rassow, J., Hauser, K., Deutzmann, R. & Netzker, R. (2016). Biochemie. Thieme. ↩︎
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