1. November 2024, 3:54 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Tasse Kaffee am Morgen ist für viele Menschen ein festes Ritual. Mit dem dampfenden Becher in der Hand stellt man sich allmählich auf den bevorstehenden Tag und seinen Herausforderungen ein – und der Kaffee gibt dafür den Extra-Kick Energie. Doch was, wenn der gewünschte Effekt ausbleibt, sogar in die gegenteilige Richtung ausschlägt? FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke erklärt, warum Kaffee müde machen kann.
Eine Erhebung des Deutschen Kaffeeverbands verrät, dass es Kaffeetrinker in Deutschland 2022 täglich auf 3,8 Tassen pro Tag schafften. Dies entspricht einem Anstieg um fünf Prozent im Vergleich zum Jahr davor.1 Das schwarze Gold ist und bleibt beliebt. Doch was passiert eigentlich im Körper, wenn der Kaffee seine wach machende Wirkung entfaltet? Und vor allem: Was läuft schief, wenn Kaffee müde macht? Mehrere Studien haben es untersucht.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Wie Kaffee normalerweise wirkt
Koffein beeinflusst das zentrale Nervensystem. Die Wirkung ist stimulierend und anregend, wodurch die Konzentration sowie die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit gesteigert werden und man sich wach fühlt. Auch der Blutdruck steigt kurzzeitig leicht an.2
Welcher Inhaltsstoff des Kaffees wirkt da eigentlich auf unser Nervensystem? Richtig geraten, hauptsächlich natürlich das Koffein. Den biochemischen Hintergrund hat Schlafforscherin Dr. Blume FITBOOK bereits für einen früheren Artikel erklärt. „Im Laufe des Tages sammeln sich verschiedene Stoffwechselprodukte im Gehirn an. Eines davon heißt Adenosin.“ Adenosin sorgt dafür, dass wir mit der Zeit auf wohlige Art müde werden. Koffein ähnelt strukturell Adenosin und dockt im Gehirn an die gleichen Rezeptoren an – aber mit gegenteiliger Wirkung. „Koffein sorgt also dafür, dass das Adenosin uns nicht mehr müde macht. Dadurch erklärt sich dann auch diese wach haltende Wirkung von Koffein.“
Doch Koffein blockiert nicht nur Adenosin: Es sorgt auch dafür, dass unsere Muskulatur weniger auf den Glykogenspeicher in der Leber zurückgreifen muss. Dort werden Kohlenhydrate – wichtige Energielieferanten – in Form von Glucose gespeichert. Stattdessen fördert die Hemmung eines bestimmten Enzyms, die Phosphodiesterase, die Energiegewinnung aus gespeichertem Körperfett.3
Auch interessant: Wer diese Medikamente einnimmt, sollte besser keinen Kaffee trinken
Was, wenn Kaffee müde macht?
Es gibt drei mögliche Gründe, durch die der Effekt des Kaffees ins Gegenteil überschlagen kann.
Entwicklung einer Toleranz
Vom ersten Grund haben die meisten wohl schon gehört: Der Körper kann eine Toleranz gegenüber Koffein aufbauen, sodass er immer mehr davon bräuchte, um wach zu werden. Dies kann zum einen dadurch bedingt sein, dass das Gehirn auf chronischen Kaffeekonsum mit einer Erhöhung der Anzahl der Adenosinrezeptoren reagiert. Folglich kann mehr Adenosin gebunden werden, was dem blockierenden Effekt des Koffeins entgegenwirkt und seine stimulierende Wirkung verringert. Andersherum kann regelmäßiger Koffeinkonsum zu einer Anhäufung von Adenosin im Gehirn führen. Entsprechend schwieriger wird es für das Koffein, genug Rezeptoren zu blockieren, um munter zu machen.4
Weiterhin könnte die Wirkung von Koffein auf GABAerge Systeme bei der Toleranzentwicklung eine Rolle spielen. Darunter versteht man Netzwerke von Nervenzellen und Signalwegen, die den Neurotransmitter GABA (Gamma-Aminobuttersäure) nutzen, um hemmende Signale im zentralen Nervensystem zu vermitteln und so neuronale Aktivität zu dämpfen. Die Forschung ist sich hier noch uneinig: Ein Review mehrerer Studien zeigt, dass Koffein GABAerge Signale unterdrücken und so möglicherweise die Dopaminaktivität steigern kann. Umgekehrt deuten andere Forschungsarbeiten darauf hin, dass Koffein die GABA-Freisetzung fördern und so möglicherweise den gegenteiligen Effekt haben kann.5
Kaffee entzieht dem Körper Wasser
Koffein ist ein natürliches Diuretikum. Das heißt, es steigert die Urinproduktion und kann bei übermäßigem Konsum ohne ausreichende Wasseraufnahme möglicherweise zur Dehydrierung führen. Und dieser folgen wiederum Symptome wie – Trommelwirbel –Müdigkeit. Da Kaffee allerdings selbst aus Wasser besteht, reicht seine harntreibende Wirkung normalerweise nicht aus, um allein eine Dehydrierung zu verursachen. Es sei denn, er wird in großen Mengen getrunken.6
Die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel
Ein weiteres Review aus 2019 betrachtete die Auswirkungen von Koffein auf den Glukosestoffwechsel, wobei es Diskrepanzen zwischen kurzfristigen und langfristigen Effekten gab. Während der akute Konsum den Blutzuckerspiegel steigen ließ und so zu Müdigkeit führen könnte, senkte langfristiger Konsum diesen.7
Nachgefragt bei Schlafforscherin Stört Koffein wirklich den Schlaf – und wenn ja, warum?
Energie-Booster 4 Dinge, die man laut Stanford-Neurologen nach dem Aufstehen machen sollte
Nicht nur Wachmacher Kaffee kann viel mehr als wach machen
Gegenmaßnahmen, um von Kaffee nicht mehr müde zu werden
Wer durch regelmäßigen Kaffeekonsum eine gewisse Toleranz aufgebaut hat, sollte den Konsum reduzieren oder seltener zur Kaffeetasse greifen. Etwaige Symptome der Entwöhnung können Kopfschmerzen, Müdigkeit, Angst, Konzentrationsschwäche und schlechte Laune bzw. Reizbarkeit sein. Individuell kann dies zwei bis neun Tage andauern. Damit es nicht zu unangenehm wird, sollte der Konsum schrittweise heruntergefahren werden.
Um morgens trotzdem gut in den Tag zu starten, helfen Tageslicht, frische Luft, Bewegung und ein Glas warmes Wasser. Weitere koffeinfreie Muntermacher finden Sie in diesem Artikel. Letztendlich ist es natürlich auch von Vorteil, insbesondere in der Zeit der Umstellung, auf ausreichend Schlaf, Bewegung sowie ein gutes Stressmanagement zu achten.