27. März 2020, 7:43 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nicht nur unter Veganern erfreut sich Tofu als pflanzliche Eiweißquelle mittlerweile an großer Beliebtheit. Nun wollen Forscher aus China und den USA in einer neuen Untersuchung einen Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen Verzehr von Tofu und einer besseren Herzgesundheit herausgefunden haben. FITBOOK checkt für Sie die Fakten und hat bei einem Professor für Ernährungsmedizin nachgefragt, ob das wirklich stimmen kann.
Vor einigen Jahren noch ein relativ unbekanntes Lebensmittel, das vor allem im Reformhaus oder Bioladen angesiedelt war, ist Tofu heute auch buchstäblich fast „in aller Munde“. Man kennt es als natürliche Proteinquelle im Rahmen einer veganen oder vegetarischen Ernährung, aber auch aus vielen asiatischen Gerichten, wie beispielsweise Pho-Suppen oder Thai-Currys. Außerdem ist Tofu die Basis vieler Fleischersatzprodukte. Und nicht nur, dass es mehr und mehr Menschen schmeckt, Tofu soll auch noch gut fürs Herz sein. Das zumindest ist das Ergebnis einer neuen Studie.
Was die Studie herausgefunden hat
Was Wissenschaftler aus China und den USA nun herausgefunden haben wollen: Tofu soll sogar positive Auswirkungen auf die Herzgesundheit haben! Die Ergebnisse einer neuen Untersuchung belegen, dass Menschen, die regelmäßig Tofu gegessen haben, seltener an Herzproblemen litten. Ausgewertet wurden dafür drei Langzeitstudien zum Thema Gesundheit und Ernährung mit insgesamt mehr als 200.000 Probanden. Dabei fand man heraus, dass Menschen, die wöchentlich Tofu aßen, ein um 18 Prozent geringeres Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung hatten. Besonders bei Frauen vor den Wechseljahren und solche, die nach der Menopause keine zusätzlichen Hormone einnahmen, war ein deutlicher Zusammenhang erkennbar.
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Isoflavone sollen das Herz-Kreislauf-System schützen
Diese Erkenntnis führen die Forscher auf die in Tofu vermehrt enthaltenen Isoflavone zurück. Dabei handelt es sich um Pflanzenfarbstoffe, die vor allem in Soja, aber auch in Kichererbsen und Rotklee zu finden sind. Isoflavone gehören zu den sogenannten Phyto-Östrogenen. Darunter versteht man Pflanzenstoffe, die eine starke Ähnlichkeit zum Geschlechtshormon Östrogen aufweisen. Sie sollen neben einer Linderung von Beschwerden in den Wechseljahren bei Frauen auch eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System haben. Das hätten bereits andere Studien an Mensch und Tier im Hinblick auf Isoflavone und Tofu gezeigt, so die Aussage des Hauptautors der neuen Studie, Dr. Qi Sun, der an der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston tätig ist.
So schätzt ein Professor für Ernährungsmedizin die Studie ein
Aber wie repräsentativ sind die Ergebnisse der genannten Studie überhaupt? Dafür hat FITBOOK sich an Prof. Dr. Hans Hauner gewandt. Er ist Leiter des Instituts für Ernährungsmedizin der TU München und daneben auch im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung tätig.
Seine Einschätzung der Untersuchung: „Es handelt sich hier um eine neue Auswertung amerikanischer Kohortenstudien, die durch ihre große Teilnehmerzahl und lange Nachbeobachtungszeit imponieren. Dabei zeigt sich bei Verzehr von Soja, insbesondere Tofu, ein moderater Schutzeffekt gegen Herz-Kreislauf-Ereignisse. Anhand der großen Studien eine durchaus wichtige Beobachtung!“
Den Verzehr von Soja habe man vor allem bei Frauen aus medizinischer Sicht lange kritisch gesehen. So hätten Isoflavone lange unter Verdacht gestanden, als Östrogenrezeptoren durch die Bindung von Östrogenen im Körper Brustkrebs zu fördern, erklärt Prof. Dr. Hauner weiter. „Dieser Verdacht ist aber weitgehend ausgeräumt und mittlerweile geht man sogar von einem relativen Schutzeffekt aus, von dem vor allem Frauen vor der Menopause zu profitieren scheinen“, so der Professor. Auch der lang behauptete negative Effekt auf die Schilddrüse sei bereits widerlegt worden.
Soja sei seiner Meinung nach zweifellos eine wertvolle Nahrungskomponente, die auch aufgrund der neuen Studie nur zu empfehlen sei. Vor allem als Ersatz für tierisches Eiweiß, so Prof. Dr. Hauner. Auch die Annahme, dass der festgestellte Effekt bezüglich der Herzgesundheit auf den Gehalt an Isoflavonen zurückzuführen sei, halte er für plausibel und naheliegend. „Tatsächlich bewiesen, ist das streng genommen aber durch die Studie nicht“, so das abschließende Statement des Professors.
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Auch der Studienautor sagt: Tofu ist kein Allheilmittel!
Dieser Aussage schließt sich auch der Studienautor Dr. Qi Sun an. Zwar hätte sein Forschungsteam einen Zusammenhang zwischen Isoflavonen und einem verringerten Risiko für Herzerkrankungen feststellen können. Ob diese aber letztlich die tatsächliche Ursache seien, könne man nicht sicher sagen. Es sei hier in jedem Fall noch mehr Forschung notwendig. Zumal Dr. Qi Sun selbst betont, maßgeblich für ein gesundes Herz-Kreislauf-System seien immer noch eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung.