11. Oktober 2024, 15:06 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Beim Intervallfasten dreht es sich nicht um bestimmte Lebensmittel, sondern um die Zeit. Je nach Fastenform darf in bestimmten Zeitfenstern gegessen werden. Und das soll zahlreiche positive Einflüsse auf die Gesundheit haben. Eine neue Studie legt nahe, dass eine Form sogar das Leben deutlich verlängern kann. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke berichtet.
Schon mal Intervallfasten ausprobiert? Besonders, wenn man abnehmen möchte, läuft man diesem Begriff häufig über den Weg. Die bisherige Studienlage deutet darauf hin, dass diese Methode sich positiv auf die Gesundheit und die Gewichtsabnahme auswirkt, insbesondere durch einen geringeren Abbau von fettfreier Masse.1 Wissenschaftler am Jackson Laboratory in Bar Harbor (Maine) haben kürzlich Studienergebnisse veröffentlicht, die zeigen, dass Intervallfasten auch das Leben verlängern kann – zumindest bei einer bestimmten Durchführung.
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Übersicht
Wie weniger Essen die Lebensdauer beeinflussen kann
Die Studienautoren erklären, dass sich weniger oder seltener essen bereits in vergangenen Forschungsarbeiten als lebensverlängernd bei Tieren erwiesen habe. Doch warum restriktive Diäten diesen Effekt haben und wie sie am besten beim Menschen umgesetzt werden können, bleibt unbeantwortet. Forscher des Jackson Laboratory, eine amerikanische, unabhängige Forschungseinrichtung, erbringen durch eine Untersuchung an 937 weiblichen Mäusen neue Erkenntnisse zu dieser Frage. Um die genetischen Verhältnisse der Menschen darzustellen und die Ergebnisse besser auf den Menschen übertragen zu können, wurden Mäuse ausgewählt, die ein breites Spektrum an genetischer Vielfalt repräsentierten.2
Zu Beginn der Studie teilten die Wissenschaftler sie in fünf Ernährungsgruppen ein:
- Gruppe 1: uneingeschränkte Ernährung
- Gruppe 2: 20 Prozent Kalorienbeschränkung
- Gruppe 3: 40 Prozent Kalorienbeschränkung
- Gruppe 4: ein Fastentag pro Woche
- Gruppe 5: zwei aufeinanderfolgende Fastentage pro Woche
Mit Ausnahme der zwei Fastentage konnten die Mäuse beliebig viel essen. Die Mäuse waren zum Start der Studie sechs Monate alt und wurden bis zu ihrem Tod nach der zugeteilten Ernährungsform gefüttert und beobachtet. Die gesamte Zeit über führten die Forscher umfangreiche Untersuchungen zum Gesundheitsstatus der Mäuse durch. So protokollierten sie etwa die Körperzusammensetzung, Parameter des Stoffwechsels, der Immunfunktion und weitere physiologische Marker.
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Jede Kalorienrestriktion konnte das Leben verlängern, aber …
Die Studie ergab, dass sowohl eine zeitunabhängige Kalorienbeschränkung als auch Intervallfasten das Leben der Mäuse verlängern konnte, wobei die Effekte proportional zum Grad der Restriktion waren. Mäuse mit der höchsten Restriktion (Gruppe 3) lebten so auch am längsten: etwa neun Monate länger als diejenigen, die so viel essen durften, wie sie wollten (Gruppe 1). Auf den Menschen übertragen entspräche das einer Verlängerung der Lebensdauer um über ein Jahrzehnt! Auch die Fasten-Mäuse in den Gruppen 4 und 5 zeigten eine signifikante Lebensverlängerung. Und das, obwohl sie insgesamt fast die gleiche Futtermenge aßen wie Mäuse in Gruppe 1.
Die durchschnittliche Lebensdauer der Gruppen im Überblick:
- Gruppe 1: 25 Monate
- Gruppe 2: 30 Monate
- Gruppe 3: 34 Monate
- Gruppe 4: 28 Monate
- Gruppe 5: 28 Monate
Allerdings gab es innerhalb jeder Gruppe große Unterschiede in der Lebenserwartung. Mäuse mit der geringsten Kalorienzufuhr (Gruppe 3) wiesen z. B. eine Lebenserwartung von einigen Monaten bis zu viereinhalb Jahren auf. Weiterhin hatte ihre extreme Kalorienbeschränkung von 40 Prozent auch potenzielle negative Auswirkungen, wie den Verlust von Muskelmasse und Veränderungen der Immunfunktion. Diese dürften bei der Anwendung bei Menschen eher unerwünscht sein. Besser geeignet und im Alltag integrierbar scheinen die Fastenperioden.
Forscher entdecken unerwartete Einflussfaktoren aufs Altern
Da die Lebensdauer innerhalb der Gruppen selbst stark variierte, suchten die Forscher nach weiteren Einflussfaktoren. Über alle Gruppen hinweg waren diejenigen Mäuse, die bei verminderter Nahrungszufuhr am längsten lebten, zugleich auch jene, die trotz Kalorienrestriktion am wenigsten Körpermasse verloren. Tiere mit starkem Gewichtsverlust wiesen eine verkürzte Lebenszeit auf. Studienautor Churchill erklärt hierzu in einer Pressemitteilung, wie wichtig die Widerstandsfähigkeit des Körpers sei: „Unsere Studie verdeutlicht, wie wichtig die individuelle Resilienz ist. Robuste Tiere halten ihr Gewicht selbst unter Stress und Kalorienreduktion, und sie leben zugleich am längsten. Es deutet auch darauf hin, dass eine moderatere Kalorieneinschränkung der Weg sein könnte, um langfristige Gesundheit und Lebensdauer ins Gleichgewicht zu bringen.“3
Studienergebnisse werfen auch neue Fragen auf
Die Studienergebnisse lassen an der Vorstellung zweifeln, dass eine Kalorienbeschränkung das Leben hauptsächlich dadurch verlängert, indem sie vor den negativen Folgen von Übergewicht schützt. Stattdessen könnte eine verminderte Nahrungsaufnahme weitere, bisher nicht erforschte Mechanismen beeinflussen. Außerdem zeigte die Datenauswertung der Wissenschaftler, dass die Genetik der Mäuse einen größeren Einfluss auf die Lebensspanne hatte als die Ernährung.
Einordnung der Studie
Da die Studie nur an weiblichen Mäusen durchgeführt wurde, sind die Ergebnisse nicht unbedingt direkt auf männliche Mäuse und erst recht nicht ohne Weiteres auf Menschen übertragbar. Außerdem erhielt die Studie Unterstützung von Calico Life Sciences, einem Forschungs- und Entwicklungsunternehmen, das sich auf Altern und altersbedingte Krankheiten spezialisiert hat. Mehrere der Studienautoren sind dort angestellt, was möglicherweise einen Interessenkonflikt darstellt. Etwas Ausgleich schafft die Beteiligung von anderen Forschern des Jackson Laboratory.
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Fazit
Festzuhalten ist, dass eine Kalorienrestriktion lebensverlängernd wirken kann. Da starke Einsparungen von 40 Prozent jedoch wiederum zum Verlust von Muskelmasse und Veränderungen der Immunfunktion führten, scheint eine moderate Restriktion, wie sie in der Studie beim Intervallfasten stattfand, für diesen Effekt geeigneter zu sein.
Überraschend ist, dass viele der gesundheitlichen Vorteile, die normalerweise mit einer kalorienreduzierten Kost einhergehen, wie weniger Körperfett, in dieser Studie nicht unbedingt der Grund für ein längeres Leben waren. Stattdessen hatten genetische Faktoren hier einen weitaus größeren Einfluss auf die Lebensdauer und sollten weiter erforscht werden. Churchill bringt die Bedeutung der Genetik auf den Punkt: „Wenn Sie lange leben möchten, gibt es Dinge, die Sie im Laufe Ihres Lebens kontrollieren können, wie zum Beispiel Ihre Ernährung, aber was Sie wirklich wollen, ist eine sehr alte Großmutter.“