22. April 2024, 16:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Nicht jeder traut sich an klassisches Heilfasten heran, bei dem man mehrere Tage ganz auf Nahrung verzichtet, um seine Gesundheit zu unterstützen. In den letzten Jahren erlebte das sogenannte Intervallfasten einen Boom, bei dem man das Zeitfenster begrenzt, in dem gegessen wird und überdies Snacks weglässt, um die Verdauung zu entlasten. Die Forschung zeigt etwa positive Effekte in Bezug auf die Fettleber, die Vorbeugung von Diabetes – und das Gewicht. Letzteres bezweifelt allerdings eine neue Studie.
Beim Intervallfasten handelt es sich um Kurzzeitfasten – gegessen wird in einer zeitlich begrenzten Phase. Der Fachbegriff lautet intermittierendes Fasten, was vom lateinischen intermittere ‚unterbrechen‘, ‚aussetzen‘ kommt. Zwischen den Mahlzeiten werden also längere Pausen eingelegt. Varianten gibt es verschiedene, die wohl bekannteste Methoden ist das 16:8-Fasten. Hier wird in einem Zeitfenster von acht Stunden gegessen, also etwa zwischen 8 Uhr morgens und 16 Uhr am Nachmittag, die verbleibende Zeit wird auf Nahrungsaufnahme verzichtet – in diesem Fall bis 8 Uhr morgens. Dem Intervallfasten werden einige positive Wirkungen nachgesagt – und das aus unterschiedlichen Gründen. Etwa aufgrund eines Effekts auf das Mikrobiom, das einen eigenen Biorhythmus besitzt und helfen kann, eine Fettleber vorzubeugen.1,2 Viele Menschen versprechen sich von Intervallfasten jedoch auch ganz konkrete Hilfe beim Abnehmen. Und genau da kann man bei zeitlich begrenzter Nahrungsaufnahme in eine Falle treten, wie eine Studie der Johny Hopkins Universität zeigt.
Übersicht
- Warum man sich beim Abnehmen mit Intervallfasten nicht auf die Effekte des veränderten Stoffwechsels verlassen sollte
- Mit Intervallfasten und ohne – Probanden verloren im Schnitt gleich viel Gewicht
- Intervallfasten hilft beim Abnehmen nur, wenn …
- Abnehmwunsch? Intervallfasten hat trotzdem seine Berechtigung
- Ist Intervallfasten für mich das Richtige?
- Quellen
Warum man sich beim Abnehmen mit Intervallfasten nicht auf die Effekte des veränderten Stoffwechsels verlassen sollte
Zunächst: Ja, intermittierendes Fasten kann Menschen beim Abnehmen helfen. Durch die Einschränkung der Essenszeit nehmen viele Menschen insgesamt weniger Kalorien zu sich. Und genau darin liegt offenbar der Schlüssel. Wer Intervallfasten praktiziert, um abzunehmen, sollte sich nicht auf die Effekte durch den veränderten Stoffwechsel verlassen – er muss vielmehr die überflüssig aufgenommenen Kalorien im Blick haben. So lautet der Befund einer kleinen Studie, der in der Fachzeitschrift „Annals of Internal Medicine“ veröffentlicht wurde.3
Um den Mechanismen des Intervallfastens näherzukommen, ließen Nisa Marisa Marunthur, Expertin für Innere Medizin an der Johny Hopkins Universität, und ihre Kollegen 21 Probanden (überwiegend Frauen) zwölf Wochen lang zeitlich begrenzt essen – und zwar unter Kontrolle der Forscher. Gegessen werden durfte in einem 10-Stunden-Fenster zwischen 8 und 18 Uhr, wobei 80 Prozent der täglichen Gesamtkalorien vor 13 Uhr aufgenommen wurden. Eine Kontrollgruppe bestehend aus 20 Personen veränderte ihr Essverhalten nicht, sie nahm etwa 55 Prozent der Kalorien nach 17 Uhr auf.
Die Fastengruppe erhielt kontrollierte Mahlzeiten (Frühstück, Mittagessen, Abendessen und Snack) mit identischen Makro- und Mikronährstoffen. Jedem Teilnehmer wurde ein Kaloriengehalt für seine Mahlzeiten zugewiesen, basierend auf einer etablierten, standardisierten Gleichung, die den Grundkalorienbedarf schätzt. Die Probanden wurden angewiesen, ihr aktuelles Trainingsniveau beizubehalten, das mit einem am Handgelenk getragenen Beschleunigungsmesser überwacht wurde.
Mit Intervallfasten und ohne – Probanden verloren im Schnitt gleich viel Gewicht
Das Interessante: Am Ende verloren Probanden beider Gruppen etwa gleich viel Gewicht (im Schnitt 2,4 Kilogramm). Keine Unterschiede waren überdies beim Taillenumfang oder Blutdruck auszumachen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass TRE (Time Restricted Eating = intermittierendes Fasten, Anm. d. Red.), wie es in unserer Studie umgesetzt wurde, den Gewichtsverlust nicht fördert, wenn die Nahrungsaufnahme über alle Gruppen hinweg abgestimmt ist und die Kalorien konstant gehalten werden“, schlussfolgert Marunthur. Das heißt: Entscheidend für einen Gewichtsverlust ist die Tatsache, dass Kalorien eingespart werden – und nicht das Essen in zeitlich begrenztem Zeitfenster an sich.
Was die Generalisierbarkeit der Ergebnisse einschränkt: Die meisten Teilnehmer waren schwarze Frauen mit diagnostizierter Fettleibigkeit und entweder Prädiabetes oder Diabetes. Und weitere Varianten wie etwa das von vielen bevorzugte 16:8-Intervallfasten oder noch härtere Gangarten dieser Strategie wurden nicht untersucht.
Unsere Kollegin, FITBOOK-Autorin Beke Enderstein, hat klassischen Heilfastenkur gemacht und 16 Tage auf feste Nahrung verzichtet. Stattdessen gab es nur Gemüsesäfte und Wasser. Ihren Erfahrungsbericht können Sie hier lesen.
Intervallfasten hilft beim Abnehmen nur, wenn …
Bereits 2023 kam eine umfangreiche Langzeitstudie – ebenfalls von der Johns Hopkins Universität – zu dem Schluss, dass der Zeitpunkt der Mahlzeiten möglicherweise keinen so großen Einfluss auf das Gewicht bzw. eine Gewichtsabnahme habe, wie früher angenommen.4 Damals hatte man über sechs Jahre hinweg 550 Erwachsene beobachtet: In welchen Zeitintervallen sie fasteten bzw. aßen. Im Schnitt verstrichen von der ersten bis zu letzten Mahlzeit 11,5 Stunden, was einer Fastenzeit von 12,5 Stunden entspricht. Basierend auf all diesen Daten (auch die Essensmenge, der BMI und Erkrankungen wie Diabetes-Typ-2 flossen mit in die Studie ein) kristallisierte sich schnell heraus, dass das Timing der einzelnen Mahlzeiten keineswegs mit Gewichtsveränderungen verbunden war. Genauer: Die Untersuchung konnte laut Studienleiterin Prof. Wendy L. Bennett nicht belegen, dass sich mit Intervallfasten erfolgreich abnehmen lasse, heißt es in einer weiteren Mitteilung zur Studie.5
Bei der Untersuchung teilten die Forscher die einzelnen Mahlzeiten in groß (über 1000 Kalorien), mittel (500 bis 1000 Kalorien) und klein (unter 500 Kalorien) ein. Eine Gewichtsabnahme wurde einzig beobachtet, wenn die Probanden sich hauptsächlich auf kleine Mahlzeiten beschränkten – ganz gleich, wann diese verspeist wurden.
Abnehmwunsch? Intervallfasten hat trotzdem seine Berechtigung
Die Ergebnisse beider Studien, die im Grunde sagen: Intervallfasten führt nicht per se zu Gewichtsverlust, ist genaugenommen offensichtlich. Wer abnehmen will, muss die täglichen Gesamtkalorien reduzieren. Einzig am Zeitfenster zu schrauben, ist zu wenig. Andererseits hat Intervallfasten durchaus seine Berechtigung hinsichtlich des Ziels, abzunehmen. Denn zeitlich begrenztes Essen hilft vielen Menschen, weniger Kalorien zu sich zu nehmen, als sie es sonst tun würden. Und dann sind da noch die anderen positiven Effekte auf die Gesundheit! Neben der Leber und dem Blutzuckerspiegel soll die Herzgesundheit massiv profitieren und auch die Qualität des Schlafes.
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16 Stunden oder mehr Intervallfasten – der gesundheitliche Effekt von Essenspausen
Ist Intervallfasten für mich das Richtige?
Wer sich jetzt also fragt, ob das etwas wäre – relativ gut im Alltag umsetzen lassen sich die Methoden 14:10, 16:8 – auch 5:2, also fünf Tage normal essen und zwei Tage fasten, gilt als Einsteigervariante. Wenn Sie abnehmen möchten, denken Sie daran, überflüssige Kalorien (Snacks) zu umschiffen. Hinsichtlich der Verdauung ist es besser, einen Nachtisch – wenn es denn sein muss – direkt nach dem Mittagessen zu verspeisen, als mit ein, zwei Stunden Abstand! Schlau ist es übrigens, genau zu protokollieren, welche Methode und Zeitfenster man wählt – das schärft die Motivation – und man sollte viel trinken, idealerweise Wasser, Tee und Gemüsebrühe. Auch Sport ist eine gute Idee, denn Bewegung stärkt das Wohlbefinden und vermittelt Leistungsstärke.