8. November 2021, 17:58 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Ingwershots werden als Abwehrkraft-Booster angepriesen und relativ hochpreisig verkauft. „Stiftung Warentest“ hat jetzt 19 von ihnen unter die Lupe genommen – mit interessanten Ergebnissen. Außerdem hat FITBOOK bei Ernährungsexperten nachgefragt, ob die Drinks wirklich so gesund sind, wie oft behauptet wird.
Im Supermarkt gibt es die kleinen gelben Fläschchen fertig zu kaufen, meist zum nicht ganz günstigen Preis. Die Rede ist von Ingwer-Shots. Die haben sich in den letzten Jahren zum echten Trendgetränk gemausert und versprechen, super gesund zu sein und insbesondere die Abwehrkräfte zu stärken. Aber stimmt das so wirklich? Diese Frage haben wir zwei Experten gestellt. Außerdem interessant: Wie schneiden die verschiedenen Ingwershots eigentlich bei „Stiftung Warentest“ ab?
Übersicht
Ingwershots: Kein Arznei-, sondern ein Lebensmittel
Ernährungswissenschaftler Uwe Knop formuliert es vorsichtig. Als Gewürz oder scharfes „Add-on“ in Mahlzeiten und Getränken sei Ingwer generell zu empfehlen. Die Knolle hat nämlich einige positive Eigenschaften, so sind „keimhemmende und -tötende Wirkungen für die Scharfstoffe in Ingwer erforscht“.
Die spezielle Schärfe von Ingwer regt auch die Verdauung an, „durch Anregung der Sekretion der Verdauungssäfte wie auch der Darmbewegung“, wie Knop erklärt. Darüber hinaus helfen die ätherischen Öle aus Ingwer gegen Magen-Darm-Verstimmungen wie Übelkeit.
Mit einem Zaubertrank hat man es dennoch nicht zu tun, sagt der Fachmann. Einen Infekt loswerden, wie auf einigen Seiten im Netz behauptet wird, könne man mit Ingwer-Shots nicht. Und auch von einer Anti-Ansteckungs-Garantie (etwa gegenüber dem Coronavirus) könne keine Rede sein. Erst recht nicht mit den Drinks, die man in konservierter Form im Supermarkt bzw. aus einer großen Karaffe im Café (möglicherweise mit Inhalt vom Vortag) bekommt. „Die Shots sind in der Regel sofort trinkbar, das zeigt schon, dass von der intensiven Schärfe frischen Ingwers nicht mehr viel übrig ist“, glaubt Uwe Knop.
Heißt aber auch: Es ist kein Problem oder Fehler, wenn man die Ingwer-Shots aus dem Supermarkt gerne trinkt – und sich an den weiteren Zutaten nicht stört, die man dem Etikett entnehmen können sollte. Das sind im Zweifelsfall nur Apfel- und Zitronensaft (diese allerdings meist in größerer Menge als Ingwersaft) sowie Ascorbinsäure, also zugesetztes Vitamin C. Ein wesentlicher Faktor ist natürlich der stolze Preis. Ingwer-Shots werden zu etwa 30 Milliliter angeboten und kosten pro Portion meist ab einem Euro aufwärts.
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Ingwershots bei „Stiftung Warentest“
Die Auswahl an Ingwershots, die es fertig zu kaufen gibt, ist groß. „Stiftung Warentest“ hat 19 von ihnen unter die Lupe genommen. Darunter Shots von Handelsmarken wie „Lidl“ und „Rewe“, von Drogeriemärkten wie „Rossmann“ und „dm“, von klassischen Saftanbietern wie „Voelkel“ und „Rabenshorst“ sowie Start-ups wie „Kraftling“ und „Kloster Kitchen“. Die Preisspanne reichte von 5,60 bis 78,50 Euro pro Liter. Im Fokus standen Inhaltsstoffe wie Scharfstoffe, Vitamin C und Zucker. Außerdem verkosteten die Tester die Drinks aus den kleinen Flaschen und stellten fest, dass der Geschmack sehr unterschiedlich sein kann.
Große Unterschiede im Geschmack
Die Analyse von „Stiftung Warentest“ ergab, dass sich die Scharfstoffgehalte in den Produkten stark unterscheiden. Je nachdem, wie viel enthalten ist, schmeckt das Getränk auch anders. Je mehr Scharfstoffe, desto intensiver schmeckt der Shot nach Ingwer und desto schärfer ist es auch. Ist weniger Scharfstoff enthalten, ist der Geschmack eher mild. Ein hoher Scharfstoffgehalt spricht laut der Tester auch dafür, dass in den Shots nicht nur viel, sondern auch frischer Ingwer verarbeitet wurde.
Ingwergehalt
Auf der Zutatenliste sucht man die Scharfstoffmenge allerdings vergeblich. Stattdessen wird der Anteil an Ingwer angegeben. Die Shots im Test bestanden zu rund 10 bis 34 Prozent aus Ingwersaft- oder -stücken. Der Rest ist meist Fruchtsaft. Die Analyse zeigt, dass mehr Ingwer laut Etikett nicht grundsätzlich mehr Scharfstoffe bedeutet.
- Der Shot von „Bangs“ hat laut Zutatenliste zwar den höchsten Ingweranteil im Test, sein Scharfstoffgehalt liegt aber nur im Mittelfeld. Er schmeckt auch kaum scharf. Laut Homepage des Anbieters wird der Shot pasteurisiert. Dieses Erhitzen, um den Shot haltbar zu machen, könnte ein Grund für den vergleichsweise geringen Scharfstoffgehalt sein. Mit einem Literpreis von 29,80 Euro zählt er zu den teureren im Test.
- Die meisten Scharfstoffe hat der Ingwer-Shot von „Rewe“. Er schmeckt auch am intensivsten nach Ingwer. Dieser Shot wurde nicht erhitzt. Ein Liter kostet rund 16 Euro.
- Die Shots mit dem wenigsten Ingwer enthalten auch vergleichsweise wenig Scharfstoffe.
Vitamin-C-Gehalt
Die Ingwershots versprechen, wahre Immunbooster zu sein. Dafür ist der Vitamin-C-Gehalt wichtig. Und mit diesem Inhaltsstoff machen viele Hersteller auch Werbung, wie „Stiftung Warentest“ betont. Im Falle des Shots von „Kale and Me“ sei das jedoch irreführend. Denn die Analyse des Getränks konnte kein Vitamin C nachweisen. Im Gegensatz zum Drink von „True Fruits“, der sogar über das Ziel hinausschießt. Mit einer 60-Milliliter-Portion des Ingwer-Shots nähmen Erwachsene bereits mehr Vitamin C zu sich, als sie täglich brauchen, heißt es bei „Stiftung Warentest“.
Das enthaltende Vitamin C stammt übrigens eher weniger aus Ingwer, da die Knolle auf 100 Gramm nur 5 Milligramm des Vitamins mitbringt. Stattdessen werden Acerola, Camu Camu (Beerenfrucht) oder das Antioxidationsmittel Ascorbinsäure als Vitamin-C-Lieferanten verwendet.
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Zuckergehalt
Die meisten der getesteten Ingwershots enthalten Apfelsaft, zwei basieren auf Orangensaft. Sie machen den Shot erst genießbar bzw. lecker. Denn reiner Ingwersaft ist sehr scharf und nicht zum puren Verzehr zu empfehlen. Der beigefügte Fruchtsaft bringt jedoch fruchteigenen Zucker mit. Je nach Zusammensetzung führt das dazu, dass manche Ingwer-Shots mehr Zucker enthalten als Cola. Die süßesten Shots stammen von den Herstellern „True Fruits“ und „Kloster Kitchen“, die ihren Getränken Agavendicksaft hinzugeben.
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Kleine Flaschen machen viel Müll
Ein Minuspunkt aller Ingwershots: Sie produzieren viel Müll. Die Tester stellten fest, dass acht der 19 getesteten Drinks in der typischen Shot-Menge von 60 Millilitern abgefüllt sind. „Kloster Kitchen“ verkauft seinen Shot sogar in der 30 Milliliter-Variante. Dagegen bietet „Immer Bio“ einen Ingwer-Shot im 500-Milliliter- und damit größten Format an. Verkauft werden die Ingwer-Shots in Kunststoffflaschen, Glasflaschen oder in der Dose, was bedeutet, dass alle Verpackungen Einweg ohne Pfand sind. Das ist alles andere als umweltfreundlich, denn kleine Glas-Einwegflaschen haben eine besonders schlechte Ökobilanz, da sie viel Energie für Herstellung und Transport benötigen.
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Günstiger und besser: DIY-Shots
Ernährungswissenschaftler Knop betont – und Kollege Sven-David Müller bestätigt dies –, dass frischer Ingwer unbedingt zu bevorzugen sei, idealerweise zu einem DIY-Shot gepresst oder möglichst kleingehackt. Laut Knop liegt das Geheimnis nämlich in der Schnittfläche. Je mehr davon, desto mehr Geschmack gibt der Ingwer ab. „Und darin verbergen sich die wertvollen Scharfstoffe.“
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Anleitung: Ingwershots selbst machen
Es ist extrem einfach, sich einen Ingwershot selbst zuzubereiten: Pressen Sie Ihn einfach aus oder raspeln Sie die Knolle ganz fein in ein Glas. Das ist dann aber tatsächlich etwas für Hartgesottene und richtig, richtig scharf.
Besser schmeckt er, wenn Sie Ihren Drink mit anderen gesunden Zutaten pimpen. Ernährungsexperte Sven-David Müller empfiehlt frischen Zitronen- oder Limettensaft und etwas deutschen Bienenhonig. Extra-Tipp: Geben Sie Kefir dazu. „Das schmeckt gut, ist preiswert und enthält neben dem Ingwer auch noch Vitamin C, sekundäre Pflanzenstoffe und abwehrstärkende Probiotika aus dem Kefir“, sagt er FITBOOK.
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Fazit
Ingwershots können Körperfunktionen und die Abwehrkräfte allenfalls unterstützen. Das klappt am besten, wenn man (frischen) Ingwer möglichst hochdosiert zu sich nimmt. Das ist in den Produkten aus dem Handel – Ernährungswissenschaftler Knop nennt diese „einfach nur ein Lebensmittel“ – eher nicht der Fall. Zusammengefasst: Kann man machen, muss man aber nicht – insbesondere dann nicht, wenn es einem nicht schmeckt.