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Forschung

Dieser für viele gewöhnungsbedürftige Snack ist gut für das Mikrobiom

insekten mikrobiom: Illustration des. menschlichen Darms
Die Forschung ist fleißig dabei, herauszufinden, wie gesund der Verzehr von Insekten tatsächlich ist Foto: Getty Images

24. April 2023, 15:11 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Die Beschaffenheit unseres Darms steht in direkter Verbindung mit unserer – kurzfristigen und langfristigen – Gesundheit. Viele Faktoren beeinflussen das Mikrobiom, u. a. auch die Ernährung. Und diese darf (oder sollte) gerne etwas außergewöhnlicher sein.

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In den deutschen Essgewohnheiten (noch) kaum etabliert, bekommen wir bislang eher im Rahmen von Auslandsreisen die Gelegenheit, Insektensnacks zu probieren. Und die meisten, die sich hierzu schon einmal überwinden konnten, bestätigen: Essfertig zubereitete Grillen und Kakerlaken schmecken nussig – und gar nicht einmal so schlecht. Bloß die Konsistenz ist noch reichlich exotisch. Glaubt man jedoch der aktuellen Forschung, täten wir richtig gut daran, uns an sie zu gewöhnen. Denn Insekten haben offenbar einen positiven gesundheitlichen Effekt auf das Mikrobiom.

Forschungsstand zu den Vorteilen von Insekten als Nahrungsmittel

In vielen Kulturkreisen sind Insekten fester Bestandteil der Kulinarik. Laut Studien ist das Essen von Insekten, was man auch als Entomophagie bezeichnet, in der Welt weit verbreitet. Mehr als 3000 ethnische Gruppen in 130 Ländern verzehren regelmäßig 2000 verschiedene Insektenarten. Das sind insgesamt etwa zwei Milliarden Menschen, also ein wesentlicher Teil der Weltbevölkerung.1 Und auch in den restlichen Regionen der Welt gewinnt die Insektenzucht an Beliebtheit, da sie weniger Wasser, Land und Futtermittel verbraucht als die herkömmliche Viehzucht und zudem weniger Treibhausgase verursacht.2

Dennoch ist in westlich geprägten Gesellschaften das Zögern, Insekten in den Speiseplan zu integrieren, nach wie vor groß. Genau das wollen Forschende der University of Wisconsin und der Colorado State University (CSU) ändern. Seit Jahren erforschen sie die Auswirkungen von Insektenkonsum auf den menschlichen Körper. Ihren aktuellen Erkenntnisstand haben sie jetzt in einem Forschungsbeitrag im Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlicht.3

Präbiotische Wirkung von Insekten-Chitin auf das Reizdarmsyndrom

In einer aktuell laufenden Studie untersucht das Forschungsteam rund um Tiffany Weir, Professorin am Department of Food Science and Human Nutrition der CSU, wie sich aus Insekten gewonnenes Chitin auf die Gesundheit von Reizdarmsyndrom-Patienten auswirkt. Dafür verwendet die Wissenschaftlerin Schokoladenplätzchen, in das Chitin von Grillen eingearbeitet wird. Auf diese Weise hofft sie, den Verzehr des Insekten-Nährstoffs appetitlicher zu gestalten. Eine Kontrollgruppe wird dagegen Placebo-Varianten (ohne Chitin) der Plätzchen verspeisen.

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Bei Chitin handelt es sich um einen Ballaststoff, der u. a. in der Zellwand von Pilzen und im Exoskelett von Arthropoden (Krebse, Insekten, Tausendfüßler und Spinnen) vorkommt. Die Erwartung der Forscherin: mit ihrer neuen Untersuchung belegen zu können, dass Insekten-Chitin eine gesundheitsfördernde präbiotische Wirkung auf Menschen mit Reizdarmsyndrom hat.4 Für diese Vermutung stützt sie sich auf frühere Studien, die zeigten, dass menschliche Zellen Enzyme produzieren, die in der Lage sind, Chitin beim Verdauungsprozess zu verarbeiten.5 Da die Studie von Weir zurzeit noch läuft, steht das Ergebnis bisher aus.

Insekten zum Verzehr
Während in vielen Kulturen Insekten fester Bestandteil der regionalen Küche ist, gelten sie in Deutschland wohl eher noch als exotische Speise. Foto: Getty Images

Verzehr von Insekten beeinflusst Darmbakterien

Weir selbst hatte gemeinsam mit Valerie Stull von der Wisconsin University in einer Studie im Jahr 2018 zeigen können, dass der Verzehr von Insekten – genauer Grillen – Einfluss auf die Darmbakterien und damit also auf das Mikrobiom hat.

Dafür untersuchten sie über einen Zeitraum von sechs Wochen 20 gesunde Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 48 Jahren. Sie teilten die Probanden in zwei Gruppen auf. Gruppe 1 aß über einen Zeitraum von zwei Wochen ein durch die Forscher kontrolliertes Frühstück, Gruppe 2 bekam Muffins oder Shakes, in die 25 Gramm gemahlene Grillen eingearbeitet wurden. Darauf folgten 14 Tage, in denen sich alle Probanden normal ernähren durften. In den letzten zwei Wochen der Studie wurden die Diäten aus der Anfangsphase vertauscht: Gruppe 1 bekam mit Grillenpulver versetzte Speisen zu essen, Gruppe 2 das durch die Wissenschaftler vorgegebene Frühstück.

Um die Effekte zu überprüfen, haben die Forscher jeweils zu Beginn, nach den ersten zwei Wochen und zum Abschluss der Studie Blutwerte der Studienteilnehmer erfasst, darunter Blutzucker, bestimmte Enzyme, die mit der Leberfunktion in Zusammenhang stehen, sowie Entzündungswerte. Auch Stuhlproben und Antworten aus ausführlichen Fragebögen, die das Magen-Darm-Verhalten der Probanden erfassten, wurden in der Bewertung berücksichtigt. Zwar hatten die Probanden keine Veränderungen hinsichtlich ihrer Verdauungsfunktion festgestellt, aber die Wissenschaftler stellten ein vermehrtes Vorkommen eines bestimmten Stoffwechselenzyms und von Bifidobakterien fest, die beide nachweislich einem gesunden Mikrobiom und damit der Darmgesundheit zuträglich sind.

Auch interessant: Wie unser Mikrobiom entsteht und sich verändert – und wie es mit Krankheiten zusammenhängt

Einschätzung eines Ernährungsexperten

FITBOOK sprach mit Ernährungswissenschaftler Sven-David Müller. Er führt die vermeintlichen Gesundheitseffekte der Darmbakterien-Studie auf Ballaststoffe zurück, die sich der Mensch auch über den Verzehr von Joghurt, Kefir, Brottrunk und frischem Sauerkraut zuführen könne. In Ländern, in denen Grillen und Käfer verzehrt werden, gehe es eher um deren Proteingehalt und den verhältnismäßig günstigen Zugang dazu. „Aber in Deutschland herrscht kein Proteinmangel, sondern eher Proteinüberschuss. Vor diesem Hintergrund müssen Insekten nicht sein“, findet Müller.

Fazit

Wie die Wissenschaftler im eingangs erwähnten Beitrag zum Stand der Forschung ausführen, mehren sich die Hinweise, dass der Verzehr von Insekten nicht nur nachhaltiger sein könnte als der in westlichen Kulturen sonst übliche Fleischkonsum, sondern auch der Gesundheit, genauer dem Mikrobiom, dienen könnte. Dennoch betont auch die an dem in „Nature“ veröffentlichten Artikel beteiligte Valerie Stull: „Weitere Forschungen – insbesondere Studien an Menschen – sind erforderlich.“ Genau hier möchte ihre Kollegin Weir mit der Studie zur Wirkung von Insekten-Chitin auf das Reizdarmsyndrom eine weitere Lücke schließen.

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Quellen

Themen Darmgesundheit
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