27. April 2025, 8:30 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Aktuell sieht man es fast überall auf Social Media: Obst, Gemüse, Nüsse und Datteln – sorgsam angerichtet auf einem Holzbrett und als besonders „reine“ Ernährung betitelt. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte„Gottes Nahrung“. Die Idee: sich möglichst naturbelassen und im Einklang mit religiösen oder spirituellen Prinzipien zu ernähren. Doch was genau steckt hinter der Ernährungsform – und wie gesund ist sie wirklich? FITBOOK-Autorin Sarah Bachmann hat bei einem Experten nachgefragt.
Wer in den sozialen Medien nach Tipps für eine gesunde Ernährung sucht, wird schnell mit einer Vielzahl an Trends überschüttet. Neben Keto, zuckerfrei und Co. taucht zunehmend ein neuer Begriff auf: „Gottes Nahrung“. Hier setzt man vor allem auf naturbelassene und unverarbeitete Lebensmittel. Gemeinsam mit Ernährungswissenschaftler und Buchautor Uwe Knop ordnet FITBOOK den Trend ein.
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Übersicht
Das Prinzip der „Gottes Nahrung“
Der Trend „Gottes Nahrung“ folgt dem Prinzip, nur das zu essen, was von Gott gegeben wurde. Im Mittelpunkt stehen naturbelassene, möglichst unverarbeitete Lebensmittel, die direkt aus der Natur stammen.
Genauso wie beim „Clean Eating“ (FITBOOK berichtete) steht hierbei der Verzicht auf künstliche Zusätze wie Geschmacksverstärker, Süßstoffe oder Konservierungsmittel im Vordergrund. Dabei geht es nicht um eine kurzfristige Diät, sondern um eine dauerhafte Ernährungsumstellung, die Körper und Wohlbefinden nachhaltig positiv beeinflussen soll.
Für viele spielt bei der „Gottes Nahrung“ allerdings nicht nur die Gesundheit eine Rolle, sondern auch der Glaube. So ist die Ernährungsweise häufig mit religiösen Vorstellungen oder spirituellen und esoterischen Weltbildern verknüpft. Gemeinsam ist ihnen allen der Gedanke, ausschließlich das zu sich zu nehmen, was als „von Gott gegeben“ gilt.
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Diese Lebensmittel sind erlaubt
Wie bereits erwähnt, stehen bei der „Gottes Nahrung“ vor allem naturbelassene und unverarbeitete Lebensmittel auf dem Speiseplan. Zu den zentralen Bestandteilen kommen noch frisches, saisonales Obst und Gemüse, Nüsse, Samen, Honig und hochwertige Öle dazu. Anders als bei der Rohkost-Ernährung verlangt diese Ernährungsweise nicht zwingend den rohen Verzehr der Lebensmittel – es wird jedoch darauf geachtet, die natürlichen Inhaltsstoffe so weit wie möglich zu erhalten. Vorzugsweise werden die Produkte in entsprechenden Bio-Läden und aus ökologischem Anbau gekauft.
Bei Milchprodukten empfehlen viele Anhänger Rohmilch, also Milch direkt vom Tier – ohne Pasteurisierung oder Verarbeitung. Hier ist allerdings wichtig, zu erwähnen, dass der Verzehr von Rohmilch nicht ungefährlich ist. Da diese Variante vor dem Verzehr nicht erhitzt wird, können mögliche Keime enthalten sein. Das kann insbesondere für Kinder, Schwangere und Menschen mit geschwächtem Immunsystem ein Gesundheitsrisiko darstellen.1
Geht es um Fleisch, gibt es unterschiedliche Ansichten in den sozialen Medien. Während einige Vertreter auf Bio-Fleisch setzen, verzichten andere komplett darauf. Folgende Lebensmittel sind laut „Gottes Nahrung“-Philosophie erlaubt:
- frisches Obst und Gemüse
- Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte
- Rohmilch, Rohmilchkäse
- Vollkornprodukte aus Dinkel, Roggen, Hafer (vorzugsweise selbst hergestellt)
- Eier
- ungesüßter Tee, stilles Wasser (am besten Quellwasser)
- Superfoods
Diese Lebensmittel sollte man meiden
Da die Ernährungsform den Fokus auf naturbelassene Lebensmittel legt, rät sie dazu, stark verarbeitete Produkte zu meiden. Auch zucker- und fettreiche Lebensmittel haben bei dem Ernährungskonzept keinen Platz. Viele Anhänger übertragen das Konzept auch auf ihren Lebensstil. Sie verzichten nicht nur beim Essen auf künstliche Zusätze, sondern meiden auch Chemikalien in Deos, Reinigungsmitteln und weiteren Alltagsprodukten. Konkret sind bei einer Ernährung im Sinne der „Gottes Nahrung“ folgende Lebensmittelgruppen tabu:
- Softdrinks
- Künstlicher Zucker (Raffinierter Zucker, Süßstoffe) und Zusatzstoffe
- Weißmehlprodukte
- Wurstwaren
- Süßigkeiten
- Alkohol
Das sagt die Wissenschaft
Dass ein hoher Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel der Gesundheit schaden kann, zeigt eine Langzeitstudie des US-amerikanischen National Cancer Institute (NCI). Über einen Zeitraum von 23 Jahren wurden die Daten von mehr als 540.000 Erwachsenen ausgewertet. Dabei entstand folgendes Ergebnis: Personen, die regelmäßig stark verarbeitete Produkte wie zuckerhaltige Getränke oder Wurstwaren konsumierten, hatten ein deutlich erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.2
Das Konzept aus Sicht eines Ernährungswissenschaftlers
Das Gesamtkonzept der „Gottes Nahrung“ und seine Wirkung auf den Körper wurde bislang hingegen kaum wissenschaftlich erforscht. Viele der damit verbundenen Aussagen in den sozialen Medien beruhen daher eher auf persönlichen Empfindungen als auf fundierten Studien.
Ernährungswissenschaftler Uwe Knop betont in diesem Zusammenhang: „Auch wenn einzelne Anhänger dieses Trends von potenziellen Vorteilen berichten, so ist und bleibt das nicht mehr als persönliche Erfahrung – wissenschaftliche Evidenz hingegen gibt es keine, denn die Behauptungen über die Vorteile entbehren einer soliden wissenschaftlichen Basis und/oder sind schlicht übertrieben.“
Versprechen der „Gottes Nahrung“ kritisch hinterfragen
Der Ernährungstrend der sogenannten „Gottes Nahrung“ legt den Fokus auf frische, unverarbeitete Lebensmittel und einen achtsamen Umgang mit dem Essen. Für Ernährungswissenschaftler Uwe Knop ist der Hype nichts Neues: Er spricht von „Clean Eating 2.0“ und rät zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Social-Media-Trend.
„Auch wenn die Bewegung rund um ‚Gottes Nahrung‘ eine grundsätzlich begrüßenswerte Rückbesinnung auf naturbelassene Ernährung propagiert und der Fokus auf unverarbeiteten Lebensmitteln positive Aspekte haben kann, sollten die damit verbundenen Versprechen unbedingt kritisch hinterfragt werden“, betont Knop. „Wissenschaftliche Belege fehlen bislang vollständig – man sollte sich nicht von unbegründeten Heilsversprechen leiten lassen.“

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Gefahren der Ernährungsweise
Problematisch werde es auch, wenn die Ernährungsweise zwanghafte Züge annehme und schon kleinste Abweichungen Schuldgefühle auslösten. „Die starke Fokussierung auf unverarbeitete Lebensmittel kann zu unnötigen Einschränkungen führen und Menschen verunsichern – das erhöht das Risiko für gestörtes Essverhalten“, warnt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop. Die teils übertriebene Inszenierung des Trends in den sozialen Medien kann zusätzlich ein schlechtes Gewissen auslösen, viele bekommen das Gefühl, ihrer Gesundheit zu schaden, wenn sie sich nicht strikt nach den Regeln der „Gottes Nahrung“ ernähren.
Das Fazit des Experten: „Wem so zu essen Freude und Zufriedenheit bringt, und vor allem, wer die viele Rohkost auch gut verdauen und vertragen kann, der soll sich an ‚Gottes Nahrung‘ satt essen – wer nicht, lässt den Hype einfach an sich vorbeiziehen.“