17. September 2024, 20:02 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Fette sind wichtig für die Gesundheit, doch nicht alle Fettsäuren tun dem Körper etwas Gutes. Eine groß angelegte Studie der Universität Cambridge untersuchte über vier Jahrzehnte die Wirkung gesättigter Fettsäuren auf das kardiovaskuläre sowie das Gesamtsterberisiko. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke stellt Ihnen die Ergebnisse vor.
Gesättigte Fette sind nicht per se schlecht, sollten aber nicht übermäßig konsumiert werden. Sie stecken vorwiegend in tierischen Produkten: fettreichem Käse, Wurst- und Fleischwaren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, dass diese Fettsäuren nicht mehr als sieben bis zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen sollten – zugunsten ungesättigter Fette. Das beuge zahlreichen Krankheiten wie Adipositas, Fettstoffwechselstörungen und koronarer Herzerkrankung vor.1 Doch wie stehen gesättigte Fettsäuren mit dem Sterberisiko im Zusammenhang? Ein norwegisches Forschungsteam hat es untersucht.
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Übersicht
Studie lief über vier Jahrzehnte
Kürzlich wurden im British Journal of Nutrition die Ergebnisse einer norwegischen Kohortenstudie vorgestellt. Dabei untersuchten die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen der Aufnahme gesättigter Fette insgesamt sowie spezifischen gesättigten Fettsäuren (SFA) mit dem kardiovaskulären sowie dem Gesamtsterberisiko.2
Aus drei norwegischen Landkreisen nahmen insgesamt 78.725 Probanden teil, die im Durchschnitt 41,1 Jahre alt waren. Zwischen 1974 und 1988 gab es drei Screening-Termine, bei denen die Teilnahmequote jeweils über 80 Prozent lag. Anschließend wurden die Probanden bis zu ihrem Tod nachbeobachtet, was bis zu 45 Jahren andauern konnte. Die Informationen zu Todeszeitpunkt und -ursache entnahmen die Wissenschaftler dem nationalen Sterberegister.
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Wie lief die Datenerhebung ab?
Zu jedem Screening gehörten körperliche Untersuchungen sowie ein Fragebogen, der Informationen über Lebensgewohnheiten (z. B. Rauchen), Krankengeschichte (z. B. Schlaganfall) und Familienstand einholte. Personen mit hohen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden zur Nachuntersuchung an ihren Hausarzt überwiesen.
Die Ernährung wurde bei jedem Screening mit einem halbquantitativen Food-Frequency-Questionnaire (FFQ; Verzehrshäufigskeitsfragebogen) erfasst, der täglich bis selten verzehrte Lebensmittel berücksichtigt, nicht aber ihre Menge. So konnten die Probanden Angaben machen, wie häufig sie etwa Brot, Brotaufstriche (einschließlich Butter und Margarinesorten) und Beläge, Fette zum Kochen und Backen, Milch, Käse, Fleisch, Fisch, Kartoffeln und Eier aßen. Für eine genauere Einschätzung füllte ein Teil der Teilnehmer zusätzlich bei den Screenings 24-Stunden-Erinnerungsprotokolle über ihre Ernährung aus.
Gesättigte Fette waren mit höherem Sterberisiko assoziiert
Insgesamt zeigten die Studienergebnisse einen positiven Zusammenhang zwischen der Aufnahme von SFA und der kardiovaskulären sowie Gesamtmortalität. Sprich: Der Konsum gesättigter Fette erhöhte das Sterberisiko.
Die durchschnittliche Aufnahme von SFA lag zu Studienbeginn zwischen 10,7 und 19,6 Energieprozent. Eine höhere Aufnahme von SFA während der Nachbeobachtung war mit höheren Gesamtcholesterin- und geringeren HDL-Cholesterinwerten verbunden – Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Unter allen Teilnehmern traten während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 33,5 Jahren 28.555 Todesfälle auf, davon waren 9318 auf kardiovaskuläre Erkrankungen zurückzuführen. Das Sterberisiko stieg mit dem Konsum von SFA an. Diejenigen Probanden, die den höchsten Verzehr von gesättigten Fetten aufwiesen, hatten ein um 25 Prozent erhöhtes Gesamtsterberisiko. Eine Erhöhung der SFA-Aufnahme um fünf Energieprozent war mit einem um 18 Prozent höheren Gesamtsterberisiko verbunden. Im Hinblick auf den Tod durch eine Herz-Kreislauf-Erkrankung war das Sterberisiko durch eine Erhöhung der SFA-Aufnahme um fünf Energieprozent um 16 Prozent erhöht.
Von den einzeln untersuchten SFA waren Myristin- und Palmitinsäure positiv mit der Gesamtsterblichkeit assoziiert. Beide kommen häufig in Lebensmitteln vor. Erstere ist beispielsweise in Butter enthalten, zweitere in Schmalz.
Ersetzen der gesättigten Fette durch andere Fetten oder Kohlenhydraten reduzierte das Sterberisiko
Die Wissenschaftler wollten rechnerisch herausfinden, ob ein Ersatz eines Teils der gesättigten Fette durch einfach ungesättigte Fettsäuren oder Kohlenhydrate reduziert werden könne – bei gleicher Gesamtenergieaufnahme. Tatsächlich zeigte jede um fünf Energieprozent höhere Aufnahme von Kohlenhydraten (auf Kosten von SFA) ein um 15 Prozent reduziertes Gesamtsterberisiko. Bei den ungesättigten Fetten belief sich diese Reduktion auf 24 Prozent.
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Einordnung der Studie
Die Studie zeichnet sich durch eine große Stichprobengröße, wiederholte Messungen und den sich über vier Jahrzehnte erstreckenden Nachbeobachtungszeitraum aus. Zudem wurde eine unselektierte, relativ junge und gesunde (zu Beginn) Probandengruppe untersucht, was laut den Studienautoren das Risiko für umgekehrte Kausalität und Überlebensbias reduziere. Als weitere Stärke der Studie wurde die Berücksichtigung von Komorbiditäten (z.B. Schlaganfall) genannt. Die wiederholten Messungen waren insbesondere deshalb wichtig, da sich die Ernährungsgewohnheiten über die Jahre in Norwegen weiterentwickelten. Ein zusätzlicher Vorteil war, dass die Autoren detaillierte Informationen über die Zusammensetzungen von Margarinen, einschließlich Transfettsäuren, aus der Industrie erhielten.
Die Studie hatte jedoch auch einige Schwächen. Zum einen berichteten die Probanden selbst, wie sie sich ernähren, was potenzielle Ungenauigkeiten begünstigt. Zum anderen fokussierte sich der Fragebogen hauptsächlich auf die Fettaufnahme, sodass andere Nährstoffe möglicherweise unterschätzt wurden. Denn ein Vergleich der FFQs (Fragebögen) mit den 24-Stunden-Protokollen offenbarte, dass der FFQ die Gesamtkalorienaufnahme um 17 bis 20 Prozent unterschätzte, speziell Energie aus Obst und Gemüse. Die Makronährstoffdichten (und damit auch Fett) waren jedoch übereinstimmend. Bei der Analyse spezifischer SFA konnten selten vorkommende SFA nicht berücksichtigt werden. Berechnungen zur Nährstoffzusammensetzung basierten auf Tabellen, die zwischen 1984 und 1991 aktuell waren. Außerdem wurden die Probanden während der Nachbeobachtung nicht gefragt, ob sie lipidsenkende Medikamente einnahmen. Aufgrund von Veränderungen in der Ernährung und den Risikoprofilen bleibe laut den Autoren unklar, ob die Studienergebnisse vollständig auf die heutige Bevölkerung übertragen werden können.