20. August 2024, 13:07 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Bevor das Obst oder Gemüse gegessen oder weiterverarbeitet werden kann, säubern es viele erst noch unter dem Wasserstrahl. Aber bringt dieses Verfahren wirklich was? FITBOOK geht dieser Frage auf den Grund.
Vermutlich halten die Mehrheit der Menschen ihre Tomaten, Gurken, Äpfel und Co. vor dem Verzehr kurz unter den Wasserhahn. Einfach für das gute Gefühl. Aber was bringt das Waschen von Obst und Gemüse wirklich? Wird man damit mögliche Pestizide tatsächlich los? Die Studienlage zeigt, dass einfaches Abspülen der Früchte nicht viel bringt. Doch es gibt eine Lösung, die wenig Aufwand benötigt, um die Vitamine zu behalten und Schmutz sowie Bakterien loszuwerden.
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Übersicht
Gemüse und Obst voll mit Pestiziden
Wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, sollte man täglich drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst zu sich nehmen.1 Allerdings muss man es richtig machen. Denn wer die Vitaminbomben aus konventioneller Landwirtschaft kauft, verzehrt möglicherweise neben einigen Nährstoffen auch Pestizid-Rückstände. Laut Berechnungen des Umweltbundesamts werden in der deutschen Landwirtschaft nämlich pro Jahr durchschnittlich 8,8 Kilogramm Pflanzenschutzmittel eingesetzt.2 Und das ist alles andere als erfreulich, stehen diese sogar im Verdacht, die Gehirnentwicklung von Babys und Kleinkindern zu beeinträchtigen.3 Aber auch an Bio-Früchten können unappetitliche Dinge, wie fremde Fingerabdrücke, Bakterien oder Pilze, haften bleiben. Grund genug, sich zu fragen, was das Waschen von Obst und Gemüse vor dem Verzehr wirklich bringt. Und die Antwort ist leider, dass Spülen allein nicht viel bewirken kann.
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Das Waschen von Gemüse allein reicht nicht aus
Wie bereits einige Studien zur Wirksamkeit verschiedener Reinigungsmethoden nachweisen konnten, bringt es recht wenig, sein Obst und Gemüse erst einmal unter den Wasserhahn zu halten. In einer Untersuchung zur Reduzierung von Salmonellen auf Obst und Gemüse mit glatter Oberfläche zeigte sich, dass das Waschen mit 400 bzw. 600 Milliliter Wasser bei sowohl 24 als auch 43 Grad zu keiner Abnahme der Bakterien-Population führte.4 Auch in einer Studie zur Verringerung sogenannter Listerien-Bakterien kam man zu dem Schluss, dass das Abspülen unter Leitungswasser allein nur wenig bringt.5
Anders sieht es hingegen aus, wenn man die Früchte während des Waschens zusätzlich abreibt oder mit einer Gemüsebürste bürstet. Eine Kombination aus Spülen und Bürsten konnte nämlich die Oberflächenkontamination tatsächlich reduzieren.
Studie empfiehlt das Entfernen von Schale und oberem Fruchtfleisch
Eine Studie untersuchte mögliche Methoden zum Nachweis schädlicher Substanzen in Lebensmitteln.6 Hierfür wählten die Forscher verschiedene gängige Verfahren aus, die sie miteinander kombinierten und aufeinander abstimmten, um eine verbesserte Methode für die Lebensmittelsicherheit zu konzipieren. Oftmals wurde bislang die sogenannte Raman-Spektroskopie (RS) und die Atomabsorptionsspektroskopie eingesetzt, die allerdings aufgrund von Streuung der Moleküle keine hohen Nachweisgenauigkeiten versprachen. Aus diesem Grund erweiterten die Forscher diese Methoden unter anderem mit Verfahren wie der Nanopartikelsynthese und der Zelluloseauflösung – und fanden damit eine genauere Methode, um Pestizide nachweisen zu können.
Das Interessante an der Studie: Die Untersuchungen zeigen, dass sich Pestizide nicht nur auf der Schale befinden, sondern in das Fruchtfleisch mit einer durchschnittlichen Tiefe von 30 Mikrometer eindringen. Das bedeutet, dass die Schadstoffe nicht allein durch Wasser weggespült werden können – vielmehr liefert die Studie Hinweise dafür, dass man nicht nur die Schale, sondern auch die oberste Fruchtfleischschicht entfernen sollte. Allerdings bedeutet das im Umkehrschluss, dass viele Nährstoffe, die sich in der Schale befinden, nicht aufgenommen werden können.
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Natron als Wunderwaffe?
Eine andere Studie zeigte jedoch, wie man nicht auf wertvolle Nährstoffe verzichten muss: Statt dem Entfernen der Schale und dem Fruchtfleisch oder dem Reiben bzw. Bürsten kann man das Gemüse und Obst mit in Wasser gelöstem Natron waschen. Untersuchungen aus dem Jahr 2017 konnten nachweisen, dass das Waschen von Gemüse mit Natriumhydrogencarbonat, eben als Speisenatron oder Backsoda bekannt, über 80 Prozent der aufgetragenen Pestizide entfernen konnte.7
Was bringt das Schälen von Gemüse?
Und noch ein Hinweis für alle Liebhaber von geschältem Obst und Gemüse. Wer bspw. einen Apfel anschneidet, ohne einen Großteil der Schadstoffe entfernt zu haben, wird Bakterien, Wurmeier und Pestizide mit dem Messer ins Innere der Frucht befördern. Schadstoffe umgehen, indem man die Früchte schält, bringt also nicht immer etwas. Außerdem entfernt man mit der Schale auch den Großteil der eigentlich enthaltenen Vitamine. Denn die meisten Nährstoffe liegen direkt unter der Schale. Gemüseschalen enthalten z. B. deutlich mehr Ballaststoffe und Antioxidantien als das Fruchtinnere. So befinden sich bis zu 31 Prozent der gesamten Ballaststoffe eines Gemüses in der Schale. Und auch in Obstschalen kann der Gehalt an Antioxidantien bis zu 328-mal höher sein als im Fruchtfleisch.8
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Bio-Gemüse ist weniger belastet
Die beste Lösung ist am Ende das Lebensmittel in Bio-Qualität. Zwar kann auch Obst und Gemüse aus biologischer Landwirtschaft aufgrund von Umweltgiften oder Abgasen mit Schadstoffen belastet sein, nichtsdestotrotz ist man mit Bio-Produkten am besten beraten. Denn was Pflanzenschutzmittel angeht, sind bei Bio-Obst und Gemüse weniger Rückstände aufzufinden.9 Das Land Baden-Württemberg führt seit 2002 jedes Jahr ein spezielles Überwachungsprogramm für ökologisch erzeugte Lebensmittel durch und konnte nachweisen, dass Bio-Produkte Pestizidrückstände nicht oder nur im Spurenbereich aufweisen.10 Der häufigere Griff zum Bio-Produkt wird einem die Gesundheit langfristig also danken.