21. August 2024, 13:52 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Eine von der Universität Cambridge (England) geleitete Studie mit zwei Millionen Teilnehmern liefert den bisher umfassendsten Beleg, dass Fleisch, Wurst und Co. das Diabetes-Risiko erhöhen können. FITBOOK-Autorin Friederike Ostermeyer erläutert die Studienergebnisse.
Morgens Schinken aufs Brötchen, mittags Schnitzel und abends Leberwurst – so fleischlastig dürfte der Speiseplan hierzulande bei den wenigsten mehr aussehen. Und doch: Die weltweite Fleischproduktion ist in den vergangenen Jahrzehnten rasant gestiegen und der Fleischkonsum übersteigt in vielen Ländern die Ernährungsempfehlungen.1 Frühere Studien wiesen bereits darauf hin, dass vor allem verarbeitetes rotes Fleisch langfristig ein Gesundheitsrisiko darstellen kann (FITBOOK berichtete). Nun kommt eine Cambridge-Studie mit zwei Millionen Teilnehmern aus 20 Ländern zu diesem Ergebnis: Bereits 50 Gramm verarbeitetes Fleisch am Tag – das entspricht etwa zwei Scheiben Schinken – sollen das Diabetes-Risiko um 15 Prozent erhöhen. Bei Steak oder Huhn sieht es offenbar nur geringfügig besser aus. Trotzdem, so die beteiligten Wissenschaftler, müsse man nicht gänzlich auf Fleisch verzichten.
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Übersicht
Meta-Analyse von 31 Studien aus 20 Ländern
Die Forscher analysierten die Daten von insgesamt 1.966.444 Menschen aus 20 Ländern, darunter waren 107.271 Diabetesfälle. Die Daten stammten aus 31 Studien, die zwischen dem 1. Januar 1970 und dem 1. Dezember 2023 veröffentlicht wurden – darunter solche aus Europa, Nord- und Südamerika, dem östlichen Mittelmeerraum, Südostasien und dem westlichen Pazifik. Der Nachbeachtungszeitraum hatte durchschnittlich zehn Jahre betragen. Das Team berücksichtigte auch Faktoren wie die Qualität der Ernährung, körperliche Aktivität, Rauchen, Alkoholkonsum, Energieaufnahme und Body-Mass-Index. Während der Nachbeobachtungszeit von zehn Jahren wurden 107.271 Fälle von Typ-2-Diabetes festgestellt.
Je nach Art von Fleisch unterschiedliches Diabetes-Risiko
Das bemerkenswerte Ergebnis der Analyse: Alle Arten von Fleisch scheinen in einem Zeitraum von zehn Jahren (die durchschnittliche Dauer des Nachbeobachtungszeitraums der Studien), das Risiko für Diabetes zu erhöhen. Während 50 Gramm verarbeitetes Fleisch mit 15 Prozent am schlechtesten abschnitt, war der Verzehr von 100 Gramm unverarbeitetem rotem Fleisch pro Tag – das entspricht einem kleinen Steak – immerhin noch mit einem um zehn Prozent erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden. Bei der als gesünder geltenden Alternative Huhn (ebenfalls 100 Gramm) lag das Risiko bei acht Prozent. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.2
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Der bislang umfassendste Beweis
„Unsere Forschung liefert den bisher stärksten Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von verarbeitetem und unverarbeitetem roten Fleisch und einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes“, sagt Studienleiterin Prof. Nita Forouhi in einer Pressemitteilung der Universität.3 Sie empfiehlt ganz klar, den Fleischkonsum einzuschränken. Vor allem, um den erwarteten weltweit rasanten Anstieg von Diabetes-Neuerkrankungen einzudämmen. Allerdings: Die negativen Auswirkungen des Geflügelkonsums seien noch nicht eindeutig belegt, sodass weitere Forschung notwendig ist.
Warum die Studie von Bedeutung ist
Typ-2-Diabetes ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die in Deutschland und weltweit drastisch zunimmt. Hauptursachen sind Übergewicht und eine ungesunde Lebensweise. Die Krankheit kann langfristig zu schweren Folgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nervenschäden, Erblindung und Nierenversagen führen. (FITBOOK berichtete). In Deutschland gibt es aktuell rund elf Millionen Menschen mit Diabetes. Experten schätzen, dass weitere zwei Millionen darunter leiden, ohne davon zu wissen.4 Das ist fatal und absolut vermeidbar. Und durch eine ausgewogene Ernährung, inklusive maßvollem Fleischgenuss, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf. Die aktuelle Studie untermauert einmal mehr den gesundheitlichen Vorteil einer Ernährung ohne oder mit möglichst wenig Fleisch. Zusätzlich liefert sie Hinweise dafür, dass es dabei nicht nur um verarbeitetes, rotes Fleisch geht, sondern um jegliche Art von Fleisch – inklusive Geflügel.
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Stärken und Schwächen der Studie
Eine klare Stärke der Studie ist die hohe Teilnehmeranzahl, welche zusätzlich aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen stammen. Ob die Erkenntnisse jedoch beispielsweise auch auf Afrika oder Südasien übertragen werden können, ist bislang unbekannt. Weiterhin wurden bei der Datenanalyse umfassend potenzielle Störfaktoren wie Tabak- und Alkoholkonsum berücksichtigt.
Es gab keine einheitlichen Methoden zur Datenerhebung und Analyse der einbezogenen Studien, was zu einem gewissen Maß an Heterogenität in den Ergebnissen führte. Außerdem konnten weitere potenzielle Störfaktoren, wie unterschiedliche Zubereitungsmethoden von Fleisch und soziokulturelle Einflüsse, nicht vollständig berücksichtigt werden. Die Autoren betonen zudem, dass sie von 115 möglichen Studien nur 31 in ihre Analyse einbeziehen konnten.