11. März 2023, 17:13 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Manche fasten aus religiösen und spirituellen Gründen. Andere wollen mit Fastenzeiten ihren Körper entgiften oder abnehmen. Doch wie sollte man es währenddessen mit dem Training halten? Kann man sein normales Programm durchziehen oder wäre das eher gesundheitsschädlich? FITBOOK hat bei Experten nachgefragt.
Ob Intervallfasten, Verzicht auf bestimmte Lebensmittel für eine gewisse Zeit, Heilfasten oder kompletter Nahrungsverzicht von Sonnenaufgang bis -untergang: Es gibt viele Arten des Fastens. Genauso vielfältig lässt sich der Sport im Alltag gestalten. Eine pauschale Antwort, ob Fasten und Training zusammenpassen, gibt es daher nicht. Zwei Experten haben uns aber verraten, worauf man bei der Kombination von wenig bis gar nichts essen und gleichzeitigem Training achten sollte.
Übersicht
Die Frage ist, wie man fasten definiert
Inwieweit man sein normales Training beibehalten oder seine Workouts besser anpassen sollte, hängt davon ab, wie genau gefastet wird, erklärt Dr. Dr. Michael Despeghel, Sportwissenschaftler und Vorstand der Deutschen Interessengemeinschaft für präventive Männermedizin, auf FITBOOK-Nachfrage: „Die Frage ist, wie man fasten definiert. Ist das jetzt nur eine Kalorienrestriktion oder isst man gar nicht, wie z.B. beim Heilfasten, wo es zeitweise gar kein Essen gibt bis auf eine Suppe mit vielleicht zwei Kilokalorien am Tag, sowie Wasser und Tee. Ein ähnlicher Fall wäre etwa das religiöse Fasten im Ramadan, bei dem man ja am Tag gar nichts isst, bis die Sonne untergeht und was für den Organismus unharmonisch ist.“
Fasten und Training – das rät ein Sportwissenschaftler
Davon, wie man fasten definiert, hängt nach Ansicht des Sportwissenschaftlers ab, ob es sinnvoll ist, bei seinem sonstigen Training zu bleiben – oder ob dies im schlimmsten Fall sogar der Gesundheit schaden kann.
Bei komplettem Nahrungsverzicht auch den Sport stark reduzieren
Umso strenger das Fasten ausgelegt wird, umso weniger intensiv sollte die gleichzeitige Bewegung sein. „Wenn jemand sagt, er möchte aus religiösen oder spirituellen Gründen fasten – es also um fast kompletten Nahrungsverzicht geht – dann würde ich raten, in dieser Zeit das Training komplett runterzufahren“, so Dr. Despegel. „Stattdessen sollte man das Fasten mit Spaziergängen, leichten Regenerationsmaßnahmen und viel schlafen verbinden. Dann erreicht man, dass sich der Körper in dieser Zeit entgiftet und regeneriert.“ Empfehlenswert seien auch Dehnübungen und leichte Kräftigungsübungen. Letztere aber gestützt durch Geräte, um Verletzungen vorzubeugen. Fasten im Sinne von zeitweise komplettem Nahrungsverzicht „passt nicht mit einem leistungssteigerndem Training zusammen“.
Fasten im Sinne von Kalorien reduzieren: das ist fürs Training wichtig
Anders fällt das Expertenurteil bei weniger strengem Fasten aus. „Bedeutet fasten, Kalorien zu reduzieren – etwa, um abzunehmen – und man nimmt dann z. B. mal 300 Kilokalorien weniger zu sich, dann kann man mit dem Ziel, Gewicht zu verlieren, trainieren.“ Die Voraussetzung dafür sei aber, die Kalorien, die man zu sich nehme, vor allem über Proteine zuzuführen.
Bestimmte Trainingsziele lassen sich mit gleichzeitigem Fasten nicht erreichen
Ob Sport während einer Fastenzeit bzw. -phase sinnvoll ist, hängt auch davon ab, welches Ziel man mit seinem Training verfolgt. So rät Dr. Despeghel von der Verbindung von Muskelaufbau und Fasten klar ab: „Wenn der Körper dauerhaft zu wenig Nährstoffe bekommt, dann ist er nicht bereit, Leistung zu erbringen und Hypertrophie zu erzielen, also Aufbau von Muskelmasse.“ Gehe es darum, Muskeln zu erhalten, oder um eine Regenerationsmaßnahme mit sanftem Training zur Unterstützung, werde leichtes, wie zuvor beschriebenes, Training nicht schaden.
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Sonderfall Intervallfasten und Training
Während spirituelles und religiöses Fasten oder auch Heilfasten nur für eine gewisse begrenzte Zeit praktiziert wird, hat das Intervallfasten als längerfristige Ernährungsmethode an Beliebtheit gewonnen. Entsprechend bedeutend ist die Frage, inwieweit sich diese Form des Fastens mit Training vereinbaren lässt.
Wer leistungssteigerndes Training betreibt, sollte auf die 5:2-Methode des intermittierenden Fastens setzen. Diese habe sich im Bereich des Leistungssports bewährt. Das geht aus Informationen hervor, die wir von Uwe Schröder vom Deutschen Institut für Sporternährung e. V. erhalten haben. Demnach lasse sich diese Form des Intervallfastens am besten in einen wöchentlichen oder saisonalen Trainingsplan integrieren.
Bei der 5:2-Methode, die auch als „Alternate Day Fasting“ bekannt ist, fastet man an jedem zweiten Tag. Das bedeutet, dass man an zwei Tagen in der Woche die Kalorienzufuhr stark reduziert und 36 Stunden fastet, gefolgt von 12 Stunden, an denen man normal essen darf.
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Intervallfasten und Ausdauersport
Besonders im Ausdauersport findet die 5:2-Methode Anwendung, allerdings in angepasster Form. Im Normalfall bedeuten die Fastentage, dass man seine Kalorienzufuhr auf 25 Prozent der individuellen isokalorischen Ernergieaufnahme reduziert. An den anderen Tagen ernährt man sich isokalorisch bedarfgsgerecht.
Isokalorisch bedeutet, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Energiebedarf und der Energieaufnahme besteht.
Wer Intervallfasten und leistungssteigerndes Ausdauertraining in Kombination betreibt, sollte den sportbedingten Energieverbrauch an den Fastentagen ausgleichen, indem er entsprechend mehr Kalorien zu sich nimmt. In einer Erklärung des Instituts für Sporternährung heißt es: „Als Faustregel gilt 1 kcal pro kg Körpergewicht pro gelaufenem km. Beispiel: Wird bei 70 kg Körpergewicht ein lockerer Entspannungslauf über 5 km durchgeführt, darf die Energieaufnahme um 70×5=350 kcal erhöht werden. Wird etwa 1 Stunde bei mittlerer Geschwindigkeit Rad gefahren, sind ebenfalls 350 kcal zusätzliche Energieaufnahme sinnvoll.“
Intervallfasten und Kraftsport
Geht es beim Training um das Ziel Muskelaufbau, rät das Institut für Sporternährung, Intervallfasten nur kurzfristig anzuwenden. Es könne Kraftsportler dabei unterstützen, die Körperzusammensetzung zu verändern oder den Körperfettanteil zu reduzieren. Auch hierfür sei vor allem die 5:2-Methode geeignet. Die 16:8-Methode sei eine funktionierende Alternative.
Generell warnen die Experten vor möglichem Nährstoffmangel bei längeren Fastenphasen. Dies könne die sportliche Leistung genauso beeinträchtigen wie die Gesundheit.
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Wann Fasten und gleichzeitiges Training der Gesundheit schadet
Abgesehen davon, inwieweit Training beim Fasten zielführend ist im Hinblick auf gewünschte Fitnessziele, gibt es auch noch die Komponente Gesundheit zu beachten. Nahrungsverzicht und intensives Training sind hierfür laut Dr. Despeghel nicht zu empfehlen. „Das Immunsystem freut sich darüber sicher nicht, weil es davon abhängig ist, eine gute Regeneration zu bekommen“, erklärt er. „Diese findet auch durch die Zuführung von Nahrung statt, insbesondere durch Protein, was ja quasi der Wächter des Immunsystems ist.“
Wenn jemand kaum oder nur wenig esse, stelle sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Proteinmangel ein, so der Experte. „Das in Kombination mit leistungssteigerndem Training ist nicht förderlich für die Regeneration und fordert das Immunsystem heraus. Da kann man dann schon mal Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Stirnhöhlenentzündung oder Magen-Darm-Beschwerden bekommen.“