6. September 2023, 11:58 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die einen schleppen Infekte wochenlang mit sich herum, die anderen werden augenscheinlich nie krank – Grund hierfür ist ein starkes Immunsystem. Unsere Ernährung kann die Abwehrkräfte wesentlich beeinflussen, positiv wie negativ. Und eine neue Studie liefert wichtige Erkenntnisse dazu. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke erläutert die wichtigsten Ergebnisse der Studie und erklärt, warum Ballaststoffe eine Schlüsselrolle einnehmen.
Ein Forschungsteam aus Hamburg untersuchte den Einfluss der Ernährung auf das Immunsystem. Interessanterweise reagierten die Immunsysteme von Mäusen und Menschen bereits nach wenigen Tagen auf Ernährungsumstellungen. Im Fokus der Forschung lagen Ballaststoffe. Sie bieten offensichtlich einen einfachen Weg, über die Ernährung das Immunsystem zu beeinflussen.
Übersicht
Warum Ballaststoffe Teil Ihrer Ernährung sein sollten
Ballaststoffe sind Nahrungsbestandteile, die fast ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln sowie Pilzen vorkommen. Sie gelangen unvollständig verdaut in den Dickdarm und wirken sich positiv auf die Verdauung aus, indem sie Einfluss auf die Verweildauer der Nahrung in Magen und Darm, den Stuhlgang, die Sättigung sowie die Nährstoffabsorption nehmen. Außerdem haben sie eine präbiotische Wirkung. Das bedeutet, sie dienen gesunden Darmbakterien als Nahrungsgrundlage.
In der Vergangenheit wurde bereits erforscht, dass eine hohe Zufuhr an Ballaststoffen protektiv wirkt hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas, die Blutfettwerte sowie einige Krebsarten.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt als Richtwert eine tägliche Zufuhr von 30 Gramm Ballaststoffen an. Besonders reich an Ballaststoffen sind Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sowie Obst und Gemüse. Aktuell liegt die durchschnittliche Zufuhr von Ballaststoffen in Deutschland jedoch unterhalb der Empfehlung: Frauen kommen pro Tag auf 18 Gramm Ballaststoffe, Männer auf 19 Gramm.1
Eine ungesunde Ernährung schwächt das Immunsystem von Mäusen
Die immunologische Studie startete mit einem Tierversuch: Mäuse erhielten für einen Zeitraum von drei Monaten eine ausgewogene Ernährung, welche reich an Ballaststoffen, jedoch arm an Fetten war. Im Anschluss erfolgte eine Ernährungsumstellung auf eine energiereiche Ernährung, die reich an tierischem Fett, aber ballaststoffarm war.
Nach dieser Umstellung wurden die Mäuse mit Bakterien infiziert. Bei der Untersuchung des Bluts der Mäuse nach der Phase mit ballaststoffarmer Ernährung zeigte sich, dass dieses eine erhöhte Konzentration der Krankheitserreger sowie eine verminderte Konzentration an T-Zellen aufwies. Das sind Immunzellen, welche zuständig für die Abwehr von Krankheitserregern sind.
Diese Ergebnisse legen nahe, dass Mäuse, welche ballaststoffarm ernährt werden, stärker erkranken als Mäuse, die eine ballaststoffreiche Diät erhielten.
Auch interessant: 5 belegte Methoden, wie Sie Ihr Immunsystem stärken können
Die Folgen eines Ballaststoff-Mangels bei Menschen
Um die bei Mäusen beobachteten Effekte bei Menschen zu verifizieren, wurde ebenfalls eine Ernährungsintervention bei freiwilligen Probanden durchgeführt. Diese erhielten wie die Mäuse je eine ballaststoffreiche und ballaststoffarme Diät, allerdings lediglich für fünf Tage.
Bereits nach diesem kurzen Zeitraum konnten die Forschenden eine verminderte T-Zellen-Konzentration feststellen. Eine bewusste Infektion mit Bakterien, wie es bei den Mäusen durchgeführt wurde, erfolgte bei den Probanden aus ethischen Gründen jedoch nicht.
Auch interessant: Woran erkennt man, dass man ein schwaches Immunsystem hat?
Das Zusammenspiel von Darmflora und Immunsystem
Die Ergebnisse der Studie geben Grund zur Annahme, dass die Immunsysteme der Versuchsmäuse und Probanden durch eine ballaststoffarme Ernährung geschwächt waren. Die Autoren der Studie spekulieren, dass eine vorübergehende Minderung der Immunität evolutionär toleriert worden sein könnte, um eine effiziente Verdauung energiereicher Nährstoffe – wie im Versuch die fettreiche Diät – zu gewährleisten.
Der Mechanismus dahinter liegt im Darm: Wie zu Beginn erwähnt, bieten Ballaststoffe eine Nahrungsgrundlage für wichtige Darmbakterien. Fehlt diese, verändert sich die Zusammensetzung der Darmflora, das sogenannte Mikrobiom, nachteilig. Während einer ballaststoffarmen Ernährung sind die T-Zellen dann nicht ausreichend mit Energie versorgt, um angemessen auf Krankheitserreger zu reagieren.
Fazit
Die Studie konnte zeigen, dass bereits kurzfristige Ernährungsumstellungen die Abwehrkräfte des Körpers beeinflussen. Vermutlich ist dies evolutionär bedingt, da der Körper energiereiche Nahrung effizient verstoffwechseln möchte – auch zum Nachteil des Immunsystems.
Die Ergebnisse können zugleich motivierend sein, da sie zeigen, dass eine gesunde Ernährung bereits nach wenigen Tagen einen positiven Effekt auf das Immunsystem erzielen kann. Allerdings muss einem auch bewusst werden, dass kurzweilige Cheat Days ebenfalls einen negativen Effekt auf die Abwehrkräfte nehmen.
Laut Studien Ketogene Ernährung kann chronische Krankheiten hervorrufen
Ständig verschnupft oder krank Ist das Immunsystem von Kindern wirklich schwächer als bei Erwachsenen?
Studie hat es untersucht Wie schädlich ist Junkfood für die Darmflora?
Quellen
- 1. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Ballaststoffe. (aufgerufen am 05.09.023)
- 2. Siracusa, F., Schaltenberg, N., Kumar, Y. et al. (2023). Short-term dietary changes can result in mucosal and systemic immune depression. Nature Immunology.