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Fehlinformationen

Studie warnt vor Desinformation zu Supplements durch deutsche Influencer

Supplements
Influencer bewerben oft unterschiedliche Supplements. Allerdings sollte man die Informationen dieser Beiträge kritisch betrachten Foto: Getty Images

13. März 2025, 13:10 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Von Zink und Omega-3 bis spezielle Nahrungsergänzungsmittel für Haarausfall, Verdauungsbeschwerden und Co. ist die Bandbreite der frei verkäuflichen Supplements groß. Dabei einen Durchblick zu behalten und zu verstehen, was einem selbst hilft, wie es zu dosieren ist und wovon man eher die Finger lassen sollte, fällt oft schwer. Umso hilfreicher kann es sein, Produkte von Influencern empfohlen zu bekommen – oder etwa nicht?

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Nahrungsergänzungsmittel unterliegen in der EU strengen Vorschriften zur Kennzeichnung und Zusammensetzung. Dennoch bleibt die Werbung für diese Produkte, insbesondere in sozialen Medien, weitgehend unreguliert. Influencer spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie bewerben Supplements oft als unverzichtbar für Gesundheit, Wohlbefinden oder sogar zur Krankheitsprävention. Doch wie transparent und zuverlässig sind sie dabei? Das untersuchte eine Studie, und kam zu erschreckenden Ergebnissen.

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Analyse der Werbeversprechen

Die Studie analysierte die Werbepraktiken deutscher Influencer auf Instagram in Bezug auf Supplements. Ziel war es, die Transparenz und Zuverlässigkeit der Informationen zu bewerten und potenzielle Risiken für Verbraucher aufzudecken.1

Dazu wurden 105 beworbene Nahrungsergänzungsmittel untersucht, insbesondere in Bezug auf:

  • Herkunft und Herstellungsland
  • Enthaltene Wirkstoffe und deren Dosierungen
  • Preisgestaltung und Rabattcodes
  • Angaben zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Kontraindikationen
  • Überdosierungsrisiken und Warnhinweise
  • Werbestrategien wie suggestive Produktnamen oder unzulässige Wirkversprechen

Ein zentrales Anliegen der Studie war es, zu ermitteln, ob die Werbung der Influencer Verbraucher in die Irre führen könnte und ob die Produkte möglicherweise gesundheitliche Risiken bergen.

Auswahl der Supplements und Influencer-Beiträge

Die Untersuchung erfolgte anhand einer systematischen Analyse von 105 Nahrungsergänzungsmitteln, die von deutschen Influencern auf Instagram beworben wurden. Wichtig war, dass die Beiträge für jeden frei zugänglich waren. Außerdem mussten die Beiträge bzw. die Influencer weitere Kriterien erfüllen, um in die Studie aufgenommen zu werden:

  • Nur deutsche Influencer mit mehr als 10.000 Followern
  • Beiträge aus den Jahren 2021 bis 2023
  • Es durften keine bezahlten Anzeigen sein, sondern nur organische Posts von Influencern.

Anhand dessen ergab sich eine endgültige Stichprobengröße von 78 Instagram-Posts von 61 verschiedenen Influencern.

Analyse der Nahrungsergänzungsmittel

Die jeweiligen Supplements der Influencer sah man sich anschließend genauer an:

  • Herkunftsanalyse: Prüfung der Angaben zur Produktionsstätte
  • Inhaltsstoffanalyse: Bestimmung der Anzahl und Art der Wirkstoffe
  • Preisanalyse: Berechnung der täglichen Therapiekosten (DTC)
  • Dosierungsbewertung: Vergleich mit Referenzwerten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR)
  • Überprüfung der Werbeversprechen: Erfassung von Aussagen zu Wirkungen, Nebenwirkungen oder gesundheitlichen Vorteilen
  • Bewertung der Verbraucherfreundlichkeit: Prüfung der Angaben zu Dosierung, Kontraindikationen und möglichen Risiken

Die Daten wurden mit gesetzlichen Vorgaben und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen abgeglichen, um mögliche Fehlinformationen oder Verstöße gegen Verbraucherschutzrichtlinien aufzudecken.

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Fast die Hälfte der Beitrage enthält Desinformationen

Die Analyse der Instagram-Werbung zu Supplements brachte mehrere bedenkliche Ergebnisse zutage:

  • Fehlende Preisangaben: In 99 Prozent der Fälle wurde der Preis des Produkts nicht im Beitrag genannt.
  • Überdosierungspotenzial: 54 Prozent der Vitaminpräparate und 72 Prozent der Mineralstoffpräparate überschritten die vom BfR empfohlenen Höchstmengen. Sieben Prozent der Präparate lagen sogar über der sicheren Obergrenze der EFSA.
  • Suggestive Produktnamen: 56 Prozent der Präparate hatten Namen, die unrealistische Wirkungen suggerierten (z. B. „Zell Boost“ oder „Flora Zauber“).
  • Fehlende Warnhinweise: Kein einziger Influencer wies auf mögliche Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten hin. Nur zwei Prozent erwähnten überhaupt mögliche Risiken.
  • Irreführende Wirkaussagen: In 48 Prozent der Fälle machten Influencer unzulässige Gesundheitsversprechen, darunter Aussagen wie: „Spirulina verlangsamt Alterungsprozesse, stärkt das Immunsystem und schützt so vor Virusinfektionen und Krebs.“ Eine Behauptung, die sich auf keine wissenschaftlichen Grundlagen stützt.
  • Dominanz von Kombipräparaten: 77 Prozent der Produkte enthielten mehrere Wirkstoffe, was das Risiko ungewollter Wechselwirkungen erhöht.
  • Einsatz von Rabattcodes: 63 Prozent der beworbenen Präparate wurden mit einem Rabattcode angeboten, was den Kaufanreiz verstärkt, ohne über mögliche Gesundheitsrisiken aufzuklären.

Supplements ergänzend verstehen, nicht als Heilmittel

„Ob beim Thema Schlafen, im Sport, für die allgemeine Gesundheit oder sogar die Langlebigkeit – Nahrungsergänzungsmittel erleben seit einigen Jahren einen großen Hype. Tatsächlich liefert die Forschung auch fleißig Argumente, warum es smart sein kann, eine ausgewogene Ernährung um Supplements zu ergänzen. Allerdings – und das ist das Problem vieler Werbungen, u. a. durch Influencer – ist es falsch und fahrlässig, Supplements gesundheitliche Wirkweisen zuzuschreiben oder sie gar auf eine Ebene mit Medikamenten zu heben. Denn genau das sind Nahrungsergänzungsmittel nicht! Wie der Name schon sagt, sind sie ergänzend gedacht. Wer sie so einsetzt, sich genau über die z. B. von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Dosierungen, mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten und Risiken bei bestimmten Vorerkrankungen informiert, kann sich über den Nutzen der Supplements freuen.“

Influencer-Werbung zu Nahrungsergänzungsmitteln häufig lückenhaft

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass viele Influencer eine einseitige, oft irreführende Darstellung von Nahrungsergänzungsmitteln verbreiten. Verbraucher erhalten kaum relevante Informationen über Dosierung, Nebenwirkungen oder Risiken. Stattdessen stehen suggestive Produktnamen, Rabatte und überzogene Wirkaussagen im Vordergrund.

Besonders problematisch ist die Tatsache, dass viele Produkte Dosierungen enthalten, die potenziell gesundheitsschädlich sein können. Werden beispielsweise hohe Mengen an Vitamin A (mehr als 0,2 Milligramm pro Tag) oder Vitamin D (mehr als 100 Mikrogramm pro Tag) über einen längeren Zeitraum konsumiert, drohen toxische Effekte.2,3 Dennoch fehlt in der Werbung jeglicher Hinweis darauf.

Die fehlende Transparenz bei Preisangaben erschwert es Verbrauchern zudem, informierte Kaufentscheidungen zu treffen. Die Praxis, Preise zu verschweigen oder durch Rabattcodes zu manipulieren, könnte dazu führen, dass Produkte gekauft werden, ohne den tatsächlichen Kosten-Nutzen-Faktor zu berücksichtigen.

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Einordnung der Studie

Die Studie liefert wertvolle Einblicke in die Vermarktungspraktiken von Nahrungsergänzungsmitteln auf Instagram. Allerdings gibt es einige Einschränkungen. Denn der Fokus lag lediglich auf deutschen Influencer, weshalb nicht klar ist, inwiefern die Ergebnisse auch auf Influencer aus anderen Ländern zutreffen würden.

Des Weiteren fällt die Stichprobengröße mit 105 Präparaten und 78 Beriträgen sehr begrenzt aus, was eine repräsentative, aber nicht allumfassende Analyse darstellt. Zudem fehlt eine Langzeitbeobachtung, um herauszufinden, ob die gesundheitlichen Auswirkungen der beworbenen Produkte auch zutreffen.

Trotz dieser Einschränkungen zeigt die Studie deutliche Missstände in der Influencer-Werbung in Deutschland auf und liefert wichtige Impulse für Regulierungsbehörden und Verbraucherschutzorganisationen.

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Fazit

Die Studie macht deutlich, dass deutsche Influencer Nahrungsergänzungsmittel oft ohne ausreichende Transparenz und mit potenziell irreführenden Werbestrategien bewerben. Besonders problematisch sind:

  • Überhöhte Dosierungen, die teils toxische Grenzen überschreiten
  • Fehlende Warnhinweise zu Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
  • Irreführende Produktnamen und unzulässige Gesundheitsversprechen
  • Verschleierung der tatsächlichen Preise durch Rabattcodes

Eine stärkere Regulierung der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel auf sozialen Medien wäre dringend erforderlich. Gleichzeitig sollten Verbraucher sensibilisiert werden, beworbene Präparate kritisch zu hinterfragen und sich nicht allein auf die Aussagen von Influencern zu verlassen. Bei der Wahl für ein Produkt ist es dringend ratsam, sich über mögliche bekannte Nebenwirkungen und die empfohlene Einnahme sowie Dosierung zu informieren.

Themen Nahrungsergänzungsmittel

Quellen

  1. Ricke J.N., Seifert R. (2025). Disinformation on dietary supplements by German influencers on Instagram. Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology. ↩︎
  2. BfR. Vitamin A. (aufgerufen am 13.03.2025) ↩︎
  3. BfR. Aktualisierung (2023): Höchstmengenvorschläge für Vitamin D in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln. (aufgerufen am 13.03.2025) ↩︎
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