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Analyse-Ergebnis überrascht

Der Zusammenhang zwischen fleischfreier Ernährung und Depressionen

Unglückliche Frau vor ihrer Mahlzeit: Es gibt einen Zusammenhang zwischen fleischfreier Ernährung und der Wahrscheinlichkeit, eine Depression zu entwickeln
Es gibt einen Zusammenhang zwischen fleischfreier Ernährung und der Wahrscheinlichkeit, eine Depression zu entwickeln Foto: Getty Images/bymuratdeniz
Nuno Alves
Chefredakteur

22. März 2025, 7:56 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Immer mehr Menschen reduzieren ihren Fleischkonsum – aus gesundheitlichen, ethischen oder ökologischen Gründen. Eine neue Metaanalyse wollte nun wissen, ob es zwischen Fleischkonsum und mentaler Gesundheit einen Zusammenhang gibt. Tatsächlich deuten die Ergebnisse darauf hin.

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Eine internationale Forschergruppe der Universität Granada hat eine umfassende systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse durchgeführt. Ziel der in der Fachzeitschrift „Nutrients“ veröffentlichten Untersuchung war, herauszufinden, ob Menschen, die auf Fleisch verzichten oder nur wenig davon konsumieren, ein höheres oder niedrigeres Risiko für Depressionen haben. Besonders wichtig war zudem die Frage, ob psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen.1

Was untersucht wurde

Die Diskussion über den Zusammenhang zwischen Ernährung und psychischer Gesundheit ist nicht neu. Während einige Studien nahelegen, dass der Verzicht auf Fleisch das Depressionsrisiko erhöhen könnte, zeigen andere das Gegenteil. Dies könnte durch methodische Unterschiede oder nicht berücksichtigte psychosoziale Faktoren bedingt sein. Ein großes Problem in früheren Studien war zudem die Frage, was zuerst kommt: Essen Menschen weniger Fleisch, weil sie unter einer Depression leiden? Oder ist das Risiko für eine Depression geringer, weil sie auf eine fleischfreie Ernährung setzen?2,3

Die Entscheidung der spanischen Forscher, nur Langzeitstudien zu berücksichtigen, diente jetzt dazu, diese Unsicherheit etwas zu reduzieren.

Wie die Forscher vorgegangen sind

Wie bereits erwähnt, konzentrierte sich die Metaanalyse ausschließlich auf Langzeitstudien, bei denen Menschen über mehrere Jahre begleitet wurden. Insgesamt umfasste die Untersuchung 20 Stichproben aus 17 zwischen 2009 und 2021 veröffentlichte Langzeitstudien mit 64.992 Teilnehmern.

Zur Bewertung der Studienqualität verwendeten sie die sogenannte Newcastle-Ottawa-Skala (NOS). Diese Methode vergibt Punkte für Kriterien wie Auswahl der Studienteilnehmer, Genauigkeit der Messungen sowie die Berücksichtigung von Störfaktoren (z. B. Alter, soziales Umfeld).

Je mehr Punkte eine Studie erhielt, desto höher wurde ihre Qualität eingeschätzt. Zusätzlich flossen soziale Einflussfaktoren wie Bildung, Einkommen und Geschlecht in die Analyse ein.

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Ergebnis: Fleischfreie Ernährung mit geringerer Wahrscheinlichkeit für Depression verbunden

Die Metaanalyse zeigte einen Zusammenhang, der darauf hindeutet, dass fleischfreie Ernährung mit einem geringeren Depressionsrisiko verbunden sein könnte. Personen, die komplett auf Fleisch verzichteten, hatten eine sogenannte Hazard Ratio (HR) von 0,74. Das bedeutet, dass Depressionen in dieser Gruppe seltener oder später auftraten als bei Fleischessern. Eine HR von 0,74 entspricht einer um 26 Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit, im Beobachtungszeitraum eine Depression zu entwickeln.

Allerdings war die Beweislage für eine flexitarische Ernährung, bei welcher der Fleischkonsum zwar stark eingeschränkt, aber nicht komplett ausgeschlossenen ist, weniger eindeutig. Hier lag die HR bei 0,90, also einer 10 Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit für eine Depression, und die Ergebnisse fielen je nach untersuchter Gruppe unterschiedlich aus.

Die Forscher stellten zudem eine moderate Heterogenität zwischen den ausgewerteten Studien fest. Das bedeutet, dass sich die Einzelergebnisse der Studien zum Teil unterschieden, etwa je nach Region oder sozialen Faktoren wie Bildung und Einkommen.

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Fleischfreie Ernährung und Entwicklung von Depressionen – diese Faktoren könnten eine Rolle spielen

Die Ergebnisse legen nahe, dass eine fleischfreie Ernährung vorteilhaft mit der psychischen Gesundheit verbunden sein könnte. Mögliche Gründe:

  • eine insgesamt gesündere Ernährungsweise
  • ein gesünderer Lebensstil
  • positivere soziale Faktoren, etwa ein höheres Bildungsniveau, eine Beschäftigung oder ein Lebenspartner

Die weniger klaren Ergebnisse für die flexitarische Ernährung deuten darauf hin, dass auch andere Einflüsse – wie persönliche Motivation, kulturelle Faktoren oder soziale Unterstützung – eine Rolle spielen könnten. So könnten Menschen, die nur gelegentlich Fleisch essen, aus anderen Beweggründen (z. B. Diäten oder gesundheitliche Beschwerden) handeln als überzeugte Vegetarier oder Veganer.

Einordnung der Studie und mögliche Einschränkungen

Die Studie bietet durch die ausschließliche Berücksichtigung von Langzeitstudien und die genaue Betrachtung sozialer Einflüsse eine hohe Aussagekraft. Dennoch gibt es einige Einschränkungen, die bei der Bewertung der Ergebnisse berücksichtigt werden sollten:

  • Die Definitionen von „fleischfrei“ und „flexitarisch“ variierten zwischen den eingeschlossenen Studien und waren nicht immer einheitlich.
  • Viele der untersuchten Studien erfassten Depressionen über Selbstberichte oder Fragebögen, während ärztliche Diagnosen seltener dokumentiert wurden.
  • Die Gründe für den Fleischverzicht (z. B. ethische, gesundheitliche oder kulturelle Motive) wurden nicht systematisch erfasst, obwohl sie den Zusammenhang beeinflussen könnten.
  • Vegetarische und vegane Ernährungsweisen wurden unter dem Oberbegriff „fleischfrei“ zusammengefasst. Hier wäre eine Unterscheidung sinnvoll gewesen. Die Forscher weisen selbst darauf hin, dass Veganer häufiger Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin B12 oder Omega-3-Fettsäuren einnehmen. Diese könnten das Risiko für Depressionen senken. Ob die beobachtete Schutzwirkung also teilweise auf solche zusätzlichen Maßnahmen zurückzuführen ist, konnte mit den vorliegenden Daten nicht abschließend geklärt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Forscher überprüften auch, ob ihre Ergebnisse möglicherweise dadurch verzerrt wurden, dass bevorzugt Studien mit positiven oder auffälligen Ergebnissen veröffentlicht wurden – ein Phänomen, das man als „Publikationsbias“ bezeichnet. Mithilfe von gängigen Prüfmethoden fanden sie dafür jedoch keine Hinweise. Das spricht dafür, dass die Ergebnisse der Analyse insgesamt belastbar sind.

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Fazit zum Zusammenhang zwischen fleischfreier Ernährung und Depression

Eine fleischfreie Ernährung scheint mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit verbunden zu sein, eine Depression zu entwickeln, während eine lediglich reduzierte Fleischaufnahme keinen eindeutigen Effekt zeigt. Die genauen Mechanismen hinter diesem Zusammenhang bleiben jedoch noch unklar.

Besonders deutlich wird: Psychosoziale Faktoren wie Einkommen, Bildung oder soziale Netzwerke beeinflussen den Zusammenhang zwischen Ernährung und Depression möglicherweise stärker als bislang gedacht. Weitere Forschung ist notwendig, um diese Faktoren genauer zu erfassen und die Frage zu klären, welche Rolle die Motivation für eine Ernährungsumstellung dabei spielt.

Nuno Alves
Chefredakteur

Auch in der Forschung gibt es leider viel zu oft eine Voreingenommenheit

„Die Frage, ob und inwieweit tierische Produkte Teil der Ernährung sein sollten, ist regelmäßig Teil kontroverser Diskussionen. Und die Grenzen zwischen persönlichen Vorlieben, Ethik, kulturellen Hintergründen und gesundheitlichen Vor- bzw. Nachteilen verschwimmen häufig. Auch in der Forschung gibt es leider viel zu häufig eine Voreingenommenheit seitens der Wissenschaftler. Dieser ‚Bias‘ wirkt sich entweder direkt auf die Studien aus oder eben auf die Entscheidung, ob eine Studie eher veröffentlicht wird oder nicht. Die spanischen Forscher haben versucht, dieses Problem zu berücksichtigen. Ebenso wurden nur Langzeitstudien mit hoher Qualität betrachtet. Das Ergebnis: Wer sich fleischfrei ernährt, entwickelt weniger wahrscheinlich eine Depression. Die Faktoren bleiben aber weiterhin nicht eindeutig.

Es deutet aber einiges darauf hin, dass fleischfreie Ernährung mit vorteilhafteren psychosozialen Faktoren und unter Umständen auch mit einer insgesamt gesünderen Lebensweise einhergeht.

Ich würde meine Ernährung zwischen omnivorer und flexitarischer einordnen. Tierische Produkte gehören für mich ebenso dazu wie sehr viel pflanzliche Kost. Dogmatische Diskussionen – radikal pro oder contra etwas – empfinde ich als wenig zielführend, wenn es um das Thema Gesundheit geht. Heißt das, ich bin nicht für Tierwohl? Nein! Ich setze bei Fleisch vorwiegend auf Bio-Produkte. Es ist zwar teurer, aber entsprechend seltener esse ich es. Aber ich mag auch pflanzliche Produkte und Eiweißquellen wie Tofu, Tempeh, Hülsenfrüchte usw. Die werden leider auch viel zu oft unterschätzt.“

Themen Depression Vegane Ernährung Vegetarische Ernährung

Quellen

  1. Luque-Martínez, A. et al. (2025). Meat Consumption and Depression: An Updated Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. ↩︎
  2. Dobersek U, Wy G, Adkins J, et al. (2021). Meat and mental health: a systematic review of meat abstention and depression, anxiety, and related phenomena. Crit Rev Food Sci Nutr. ↩︎
  3. Dobersek, U., Teel, K., Altmeyer, S. et al. (2023). Meat and mental health: A meta-analysis of meat consumption, depression, and anxiety. Crit Rev Food Sci Nutr. ↩︎
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