28. Juli 2023, 19:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Carrageen (E 407) ist ein Zusatzstoff, der in zahlreichen industriell verarbeiteten Lebensmitteln enthalten ist – und Fertigprodukten mehr Volumen verleiht. Allerdings ist dies nur eine von diversen Funktionen, weswegen sich der Quellstoff facettenreich in Desserts, Backwaren und Co. tummelt. FITBOOK-Ernährungsexpertin Beke Enderstein erklärt, wie Carrageen wirkt und in welchen Convenience-Produkten der Zusatzstoff enthalten ist. Zusätzlich hinterfragt sie kritisch, ob E 407 womöglich gesundheitsschädlich ist.
Wer häufig Fertigprodukte kauft und gelegentlich einen Blick auf die Zutatenliste wirft, hat den Begriff „Carrageen“ sicher schon mal gelesen. Während die Lebensmittelindustrie E 407 als praktisches Hilfsmittel zur Veränderung und Erzielung bestimmter Eigenschaften schätzt, kritisieren Ernährungswissenschaftler, dass bisher nicht eindeutig geklärt ist, ob der Zusatzstoff gesundheitlich unbedenklich ist.
Übersicht
Was ist Carrageen?
Bei Carrageen handelt es sich um einen wasserlöslichen Quellstoff, den man in der Lebensmittelindustrie als Zusatzstoff E 407 für zahlreiche Fertiggerichte verwendet. Aus chemischer Sicht ist er ein Polysaccharid (Mehrfachzucker), der zur Kategorie der Ballaststoffe gehört.
Da Ballaststoffe nicht physiologisch genutzt werden, weist Carrageen – im Gegensatz zu anderen Polysacchariden wie Stärke – keinen Nährwert bzw. keine Kalorien auf.
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Wofür wird Carrageen verwendet?
Aufgrund seiner speziellen Eigenschaften sind E 407 – und die spezielle Form E 407a – für zahlreiche Nahrungsmittel zugelassen. Bei E 407a handelt es sich ebenfalls um einen Zusatzstoff auf Algen-Basis, der als „halbraffiniertes Carrageen“ bezeichnet wird.
Lebensmittel mit E 407 und E 407a
- Konfitüre, Marmelade und Gelées
- konventionelle Schlagsahne*
- verarbeitete Kartoffelprodukte (z.B. Gnocchi)
- Frucht- und Gemüseaufstriche
- Desserts und feine Backwaren
- Nuss- und Mandelaufstriche
- alkoholische Getränke (z.B. Apfelwein)
- Ravioli
- Brot und Brötchen
- ● Fleisch- und Fischprodukte
- ● Cerealien
- ● Produkte auf Eibasis
- ● Puddingpulver
- ● Nussprodukte
- Brühen, Suppen und Saucen (z.B. Ketchup)
- Kaffeeweißer
- Salatdressing
- Kakao- und Schokoladenerzeugnisse
*Bei Bio-Produkten ist Carrageen zwar zugelassen, allerdings enthält Bio-Sahne in der Regel keins
Supplemente: Außerdem wird Carrageen für Nahrungsergänzungsmittel verwendet. In der Lebensmittelindustrie wird Carrageen häufig in Verbindung mit Johannisbrotkernmehl (E 410) eingesetzt.
Wie wird der Zusatzstoff hergestellt?
Um Carrageen herzustellen, verwendet man Rotalgen (Rhodophyceae) als Rohstoffquelle. Die gezüchteten Algen gehören zur Kategorie der Makroalgen und stammen hauptsächlich von den Philippinen, in geringem Umfang auch aus Europa. Auch auf Sylt werden Rotalgen mittlerweile gezüchtet, da sich ein regelrechter Hype um Algen als Superfood bzw. Supergreens entwickelt hat. Allerdings bezieht sich der Foodboom ausschließlich auf frische Algen à la Raw Food, Nahrungsergänzungsmittel wie Rotalgen-Pulver und nicht auf das daraus hergestellte Carrageen.
Herstellung Carrageen: Durch Auswaschen mit heißem Wasser und Kochen in einer Alkali-Laugenlösung lässt sich das Polysaccharid im Rahmen eines mehrstufigen Prozesses aus den Algen lösen.
Die Wirkung von Carrageen
Der Zusatzstoff E 407 besitzt zahlreiche Wirkungen, sodass Carrageen als Allrounder in der Lebensmittelindustrie eingesetzt wird. Folgende Beispiele zeigen, wie vielseitig Carrageen in Desserts, Getränken und Co. wirksam ist.
Funktionale Wirkung des Zusatzstoffes
- Kalorienfreier Füllstoff in Diät- und Light-Produkten
- Stabilisator für Eis, Sprühsahne und Bierschaum
- Verdickungsmittel für Suppen, Saucen und Co.
- Emulgator für Milchgetränke wie Kakao und Schlagsahne
- Geliermittel für Desserts, Konfitüre und Co.
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Ist Carrageen gesundheitlich unbedenklich?
Zum aktuellen Zeitpunkt kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Aufnahme von Carrageen mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Zwar handelt es sich um einen Ballaststoff, der vom Körper nicht verwertet und ausgeschieden wird, allerdings deuten wissenschaftliche Untersuchungen (Tierversuch) darauf hin, dass eine hohe Zufuhr an E 407 das Immunsystem negativ beeinflussen kann.
Zusätzlich wird diskutiert, ob Carrageen womöglich die Darmschleimhaut schädigen und kanzerogen (krebserregend) wirken kann. Während Allergiker auf den Zusatzstoff verzichten sollten, ist Carrageen ebenfalls nicht für Babys und Kleinkinder geeignet.
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Quellen
- 1. Rumjanek, C.M., Watson, S.R., Sljivić, V.S. (1977). A re-evaluation of the role of macrophages in carrageenan-induced immunosuppression. Immunology.
- Händel, H. Warnungen zu potenziell gesundheitsgefährdenden Lebens- und Futtermitteln. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. (aufgerufen am 29.7.2023)
- Verbraucherzentrale. Wie gefährlich ist Carrageen? (aufgerufen am 29.7.2023)
- Dr. Watson. E407 Carrageen. (aufgerufen am 29.7.2023)