4. Juni 2024, 13:03 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Diäten gibt es wie Sand am Meer. Leider können viele Ernährungskonzepte aus ernährungswissenschaftlicher Sicht jedoch nicht überzeugen, weil sie zahlreiche Nachteile besitzen. FITBOOK-Ernährungsexpertin Beke Enderstein hat hinter die Fassade der Cambridge-Diät geschaut. Sie erklärt, wie die Diät funktioniert und ob sie tatsächlich etwas für schlaue Köpfe ist.
Die Kohlenhydrat reduzierte Cambridge-Diät ist im Original nicht mehr ganz neu. Doch die Diät wurde revolutioniert: als Cambridge Weight Plan – einem speziellen Diätplan mit einem ausgedehnten Sortiment an Formula-Mahlzeiten – ist aus ihr umfassendes Beratungskonzept entstanden. Neben Tipps zum Ernährungsverhalten werden Ersatzprodukte wie Vanilleshakes, Gemüsesuppen und Co. im großen Stil vermarktet.
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Übersicht
- Was ist die Cambridge-Diät?
- Was verspricht die Cambridge-Diät?
- Wer hat die Cambridge-Diät erfunden?
- Das Prinzip de s Cambridge Weight Plan
- Die Phasen der Cambridge-Diät
- Vorteile der Cambridge-Diät
- Nachteile der Diät form
- Das sagt die Wissenschaft zur 1-zu-1-Diät
- Für wen ist die 1-zu-1-Diät geeignet, für wen nicht?
- Fazit: Ist die Cambridge-Diät zum Abnehmen geeignet?
- Quellen
Was ist die Cambridge-Diät?
Bei der Cambridge-Diät handelt es sich in der ersten Phase um eine strikt kalorienarme Keto-Diät, deren Energiegehalt schrittweise erhöht wird. Im Mittelpunkt dieser „Crashdiät“ stehen spezielle Ersatzprodukte. Diese Diätprodukte werden als Cambridge-Ersatzmahlzeiten über das Internet angeboten.
Proteinshaks und Co.: Neben Suppen, Shakes und Riegeln in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Vanille oder Schoko, kann man seinen Speiseplan wieder mit konventionellen Lebensmitteln kombinieren. In Abhängigkeit der Phase steigt die Energiezufuhr, weil dadurch ein Nährstoffmangel verhindert werden soll. Aufgrund der Ersatzmahlzeiten ist die Cambridge-Diät auch gleichzeitig eine Formula-Diät, sodass man alle wichtigen Nährstoffe aufnimmt.
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Was verspricht die Cambridge-Diät?
Wer sich an das Prinzip der Cambridge-Diät hält, soll schnell abnehmen und das erreichte Gewicht langfristig halten können. Obwohl der Cambridge Weight Plan eine stark kalorienrestriktive Diät à la „Blitzdiät“ ist, soll der gefürchtete Jo-Jo-Effekt ausbleiben. Ob das wirklich gelingen kann, erkläre ich später.
Wer hat die Cambridge-Diät erfunden?
Das Original, also der „Cambridge Weight Plan“, geht auf Dr. Alan Howard zurück. Der Biochemiker hat das Ernährungskonzept bereits 1960 an der Universität Cambridge entwickelt. Wie bereits erwähnt, ist aus der ketogenen Ursprungsdiät mittlerweile ein ausgeklügeltes Beratungskonzept mit wöchentlichen Terminen entstanden, weil Abnehmen mit Unterstützung leichter gelingt.
Das Prinzip des Cambridge Weight Plan
Die Cambridge-Diät ist eine Ketose-Diät, bei der die Kohlenhydrataufnahme zugunsten von Protein und Fett eingeschränkt wird. Das Ziel: Der Körper wechselt in den Zustand der Ketose, weil nicht ausreichend Kohlenhydrate zur Energiegewinnung vorhanden sind. In dieser Stoffwechsellage wird vermehrt Körperfett verbrannt – die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Abnehmen. Zu Beginn sind nur spezielle Cambridge-Ersatzmahlzeiten erlaubt, sodass der Fettabbau beschleunigt wird.
Im Anschluss wird der Speiseplan nach und nach wieder mit Normalkost ergänzt. Zusätzlich gibt es ein ballaststoffhaltiges Supplement, um die Sättigung zu unterstützen. Komplettiert wird der Speiseplan mit definierten Mengen an Magermilch und reichlich Wasser, weil dadurch das Sättigungsempfinden zusätzlich erhöht wird.
Wie viele Kalorien sind erlaubt? In Abhängigkeit der Phase werden zwischen 800 und 1500 Kilokalorien pro Tag aufgenommen.
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Die Phasen der Cambridge-Diät
Das auch als 1-zu-1-Diät oder 1:1 Diät bezeichnete Ernährungskonzept gliedert sich in mehrere Schritte. Zu Beginn legt man im Austausch mit einer ausgebildeten Beraterin bzw. einem Berater sein persönliches Zielgewicht fest. Daraufhin wird in den nächsten Gesprächen die weitere Vorgehensweise besprochen. Insgesamt gibt es sechs bis sieben Phasen, wobei sich die letzte Phase auf das Halten des Wunschgewichts bezieht.
Ob jede Phase der Cambridge-Diät notwendig ist und wie lange die einzelnen Etappen dauern (von mindestens einer Woche bis zu mehreren Wochen), unterliegt individuellen Faktoren: von A wie Ausgangsgewicht über D wie Diätplan bis hin zu Z wie Zielgewicht.
Je nach Phase gibt es genaue Diätregeln, die festlegen, was man essen darf und wie viele Mahlzeiten man durch Ersatzprodukte austauschen sollte.
7 Phasen der Diät à la Cambridge
- 1. Phase „Total reset“: Zu Beginn landen drei Ersatzmahlzeiten und ggf. ein Snack auf dem Teller (maximal 800 kcal).
- 2. Phase „Back to basic“: Neben drei Portionen des Cambridge-Mahlzeitenersatz gibt es eine Portion Eiweiß und eine halbe Portion Gemüse – beispielsweise als Abendessen.
- 3. Phase „Basic +“: Es gibt drei Portionen des Cambridge-Mahlzeitenersatzes, eine Portion Protein, etwas Gemüse und ein Milchprodukt.
- 4. Phase „In between“: Erlaubt sind in dieser Phase drei Ersatzmahlzeiten, jeweils eine Portion Eiweiß, Gemüse und Obst sowie zwei Milchprodukte.
- 5. Phase „Hi five“: Neben jeweils zwei Cambridge-Ersatzmahlzeiten, Milchprodukten und Getreideportionen landen jeweils eine Portion Eiweiß, Gemüse und Obst auf dem Teller
- 6. Phase „In the mix“: Während nur noch jeweils eine Ersatzmahlzeit, eine Proteinportion sowie eine Obst- und Gemüseportion auf dem Diätplan stehen, darf man neben drei Portionen an Milchprodukten und zwei Portionen Getreide auch eine Portion Pasta essen.
- 7. Phase „My life“: Um das erreichte Gewicht zu halten, sollten sich Abnehmwillige an 1500 Kilokalorien als Orientierung zur Energieaufnahme halten. Wer viel Sport treibt, kann mehr essen, weil der Körper automatisch mehr Kalorien verbrennt.
Vorteile der Cambridge-Diät
Die ersten Phasen der Diät erfordern durchaus ein hohes Maß an Motivation, um am Ball zu bleiben. Dennoch hat die Cambridge-Diät durchaus ein paar Highlights zu bieten.
Vorteile der Cambridge-Diät:
- Zu Beginn erfolgt ein schneller Gewichtsverlust
- Betreutes Programm (Verhaltenstraining)
- Es gibt einen wissenschaftlichen Background
- Die Formula-Mahlzeiten enthalten alle essentiellen Nährstoffe
- Der Zustand der Ketose begünstigt den Fettabbau
- Es gibt wenig Aufwand für die Zubereitung der Mahlzeiten
- Es gilt, viel Wasser zu trinken und streng auf Alkohol zu verzichten
Nachteile der Diätform
Neben den präsentierten Vorteilen besitzt die 1:1 Diät ein paar mehr Minuspunkte.
Nachteile der Cambridge-Diät:
- Zu Beginn ist die Kalorienreduktion sehr strikt
- Personen benötigen eine hohe Motivation
- Ein Nährstoffmangel kann nicht ausgeschlossen werden
- In den Anfangsphasen gibt es wenig Frischkost
- Es müssen teure Ersatzprodukte gekauft werden
- Der Diätplan ist eintönig
- Es handelt sich anfangs um eine Chrashdiät
- Personen können Heißhunger entwickeln
- Müdigkeit und Mundgeruch können auftreten
- Risiko eines Jo-Jo-Effekt
- Intensiver Sport ist zu Beginn aufgrund der strikten Kalorienrestriktion schwierig
Das sagt die Wissenschaft zur 1-zu-1-Diät
Eine randomisierte, kontrollierte Studie hat gezeigt, dass ein strikter Diätplan mit Ersatzprodukten wie es bei der Cambridge-Diät der Fall ist, durchaus große Erfolge feiern kann.
Diät-Studie: An der wissenschaftlich betreuten Untersuchung nahmen 278 adipöse Probanden Teil. Jeweils die Hälfte ernährte sich zwölf Monate lang nach einem Diätprogramm mit leichter Kalorieneinschränkung. Diese Diätgruppe bekam eine konventionelle Verhaltensunterstützung. Die restlichen Personen besuchten eine wöchentliche Verhaltensberatung für drei Monate. Während der ersten zwei Monate wurde die Energieaufnahme entsprechend der Cambridge-Diät auf 810 Kilokalorien gedrosselt. Im Anschluss konnten die Probanden ihren Speiseplan schrittweise um normale Lebensmittel erweitern.
Erstaunliche Studienergebnisse: Nach einem Jahr lag der durchschnittliche Gewichtsverlust in der Gruppe mit dem Mahlzeitenersatz bei knapp elf Kilogramm. In der Kontrollgruppe erreichten die Probanden nur eine Gewichtsabnahme von etwas über 3 kg. Zusätzlich verbesserten sich die kardiovaskulären und metabolischen Risikofaktoren deutlicher bei der „Cambridgegruppe“.1
Für wen ist die 1-zu-1-Diät geeignet, für wen nicht?
Personen, die schnell an Gewicht verlieren möchte, nicht gerne kochen und wenig Zeit haben, können das Diätkonzept ausprobieren. Natürlich müssen die nötigen finanziellen Mittel für die Formula-Mahlzeiten und die Ernährungsberatung vorhanden sein. Personen, die hingegen auf natürliche Weise mit einer Ernährungsumstellung langfristig und nachhaltig abnehmen möchten, sollten sich für eine andere Ernährungsform entscheiden.
Achtung: Die Cambridge-Diät ist bei Essstörungen nicht geeignet, weil die eingeschränkte Kalorienaufnahme Essanfälle oder Hungern fördern kann. Personen mit Diabetes, erhöhten Cholesterinwerten, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten vorher ihren Arzt konsultieren, um gesundheitliche Risiken auszuschließen.
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Fazit: Ist die Cambridge-Diät zum Abnehmen geeignet?
Um vergleichsweise schnell und ohne großen Aufwand bei leichtem Übergewicht ein paar Kilos abzunehmen, ist die ketogene 1-zu-1-Diät geeignet. Dafür sprechen auch die präsentierten Studienergebnisse. Voraussetzung dafür ist, dass das integrierte Beratungsangebot wahrgenommen wird. Allerdings müssen übergewichtige Personen eine große Bereitschaft mitbringen, um sich in der ersten Phase der Diät mit nur 800 Kilokalorien zu „vergnügen“.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht empfehle ich ein langsameres Abnehmen zu Beginn (maximal 2 kg pro Monat) mit „echten“, fett- und zuckerarmen Lebensmitteln. Dazu sollten Abnehmwillige viel frisches Gemüse, Salat und zuckerarmes Obst wie Beeren servieren. Auch Ballaststoffe sowie reichlich essentielle Aminosäuren aus Vollkorn und Hülsenfrüchten sind ideal. Fettarme Milchprodukten wie Magerquark in Bioqualität komplettieren den Diätplan als „Sättigungsboost“. Wer sich auf diese Weise bewusst, ausgewogen und nährstoffreich ernährt, wird ohne Jo-Jo-Effekt sein gesundes Wunschgewicht erreichen.
Den Fettstoffwechsel gezielt ankurbeln und Muskeln aufbauen: Am besten ist ein kombiniertes Ausdauer- und Muskeltraining, sodass der Fettabbau unterstützt wird. Gleichzeitig bleibt die Muskelmasse erhalten, weil die körperliche Bewegung die Muskelzellen stimuliert. Wer Essen bisher als „emotionalen Katalysator“ genutzt hat, profitiert insbesondere von einer psychologischen Ernährungsberatung.