4. November 2023, 8:02 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Branched-Chain Amino Acids (BCAAs) stehen für „verzweigtkettige Aminosäuren“. Als Supplements erfreuen sie sich gerade in der Sportwelt an großer Beliebtheit. Was hinter diesen vier Buchstaben steckt, wie die Präparate im Körper wirken und ob bzw. wann eine Einnahme sinnvoll sein kann, erfahren Sie hier.
BCAAs sind eine Gruppe von lebensnotwendigen Aminosäuren, bestehend aus Leucin, Isoleucin und Valin. Diese Aminosäuren sind am Muskelaufbau und -erhalt, am Stoffwechsel, an der Wundheilung sowie an der Gewebebildung beteiligt und somit besonders für Sportler von großem Interesse. Doch lohnt sich die Einnahme – der meist teuren BCAA-Nahrungsergänzungsmittel – auch für Hobbysportler? FITBOOK erklärt die Studienlage zur Wirkung des Supplements, sowie die Dosierung und mögliche Risiken.
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Übersicht
- BCAA-Nahrungsergänzungsmittel – was steckt drin?
- Wie funktionieren BCAAs im Körper?
- Wirkung von BCAAs auf die Gesundheit und Leistung – die Studienlage
- Training und Supplementierung – worauf man achten sollte
- Wann man bzw. wer das Nahrungsergänzungsmittel nicht einnehmen sollte
- Mögliche Risiken, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Medikamenten
- Empfohlene Dosis
- BCAAs über die Ernährung aufnehmen
- Quellen
BCAA-Nahrungsergänzungsmittel – was steckt drin?
Die verzweigtkettigen Aminosäuren, BCAAs (Branched-Chain Amino Acids) zeichnen sich durch ihre besondere räumliche Struktur aus, die für ihren Namen verantwortlich ist. Die drei Haupt-BCAAs sind Leucin, Isoleucin und Valin. Es handelt sich bei diesen Eiweißbausteinen um lebenswichtige Aminosäuren, auch essenzielle Aminosäuren genannt. Das bedeutet, dass der Körper sie nicht selbst herstellen kann. Daher müssen sie von außen, bspw. über proteinreiche Nahrung oder eben Nahrungsergänzungsmittel, aufgenommen werden.1
Supplemente gibt es dabei in Pulver- oder Kapselform, wobei das Pulver in der Regel schneller verstoffwechselt wird. Dafür haben die Kapseln oder Tabletten meist einen höheren BCAA-Gehalt. Das Verhältnis beträgt in allen Supplementen meist 2:1:1 (Leucin:Isoleucin:Valin), da Leucin für den Muskelaufbau besonders wichtig ist.2
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Wie funktionieren BCAAs im Körper?
Eine Besonderheit der BCAAs ist, dass die Verstoffwechslung, im Gegensatz zu vielen anderen Aminosäuren, nicht über die Leber erfolgt. Sie kommen über den Blutkreislauf direkt und somit schnell in entsprechende Körpergewebe. Besonders in der Muskulatur ist der Anteil an Leucin besonders hoch. Hier fungieren BCAAs als Baumaterial für den Muskelaufbau, für Reparaturzwecke bei Muskelschäden und für den generellen Muskelerhalt. Des Weiteren sind sie ein wichtiger Bestandteil des Stoffwechsels und können durch die Bereitstellung von Protein während körperlicher Aktivität die Energieversorgung verstärken.3
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Wirkung von BCAAs auf die Gesundheit und Leistung – die Studienlage
BCAAs sind nicht nur für Sportler von Bedeutung. Neueste Ergebnisse deuten auf weitere Effekte in Bezug auf die allgemeine Gesundheit hin. Diese Versprechen müssen aber mit Vorsicht betrachtet werden, da sich die Studien in ihren Durchführungsweisen teilweise unterscheiden und somit nicht vergleichbar sind. Zusätzlich werden wichtige Confounder, wie die Gesamtproteinzufuhr über Nahrung, nicht kontrolliert, obwohl sie die Ergebnisse stark beeinflussen könnten.4
Muskelaufbau fördern und -abbau reduzieren
Wie bereits erwähnt, spielt Leucin, eine der drei BCAAs, eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung der Muskelproteinsynthese. BCAA – idealerweise über die Ernährung, aber optional auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln – einzunehmen, kann somit dem Körper helfen, Muskeln aufzubauen und Schäden zu reparieren, was besonders wichtig für Sportler ist. Eine Studie zeigte zum Beispiel, dass eine Einnahme des Supplelments von 5,6 Gramm nach dem Krafttraining zu 22 Prozent mehr Muskelaufbau führte als ein Placebo. Dieser Effekt war sogar doppelt so hoch in Kombination mit weiteren essenziellen Aminosäuren.5
Aber nicht nur Sportler profitieren davon. Gerade nach Operationen und Verletzungen werden BCAAs bereits eingesetzt, damit der Körper in dieser Zeit nicht zu viel Muskelmasse abbaut. Dies kann auch als Begleittherapie bei Krebspatienten oder älteren Menschen eingesetzt werden, um Muskelschwund vorzubeugen.
Schnellere Erholung und mehr Energie
BCAAs sind an der Energieversorgung des Körpers beteiligt. Während intensiver körperlicher Aktivität kann der Körper auf BCAAs als Energiequelle zurückgreifen. Dies kann dazu beitragen, die Ermüdung zu reduzieren und die Leistung zu steigern, wie bei Ausdauerläufern auf 500 und 100 Meter gezeigt werden konnte, wobei hier zusätzlich die Aminosäuren Arginin und Citrullin eingesetzt wurden.6
Zusätzlich kann BCAA – über die Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen – die Erholungszeit nach dem Training verkürzen. Denn sie reduzieren Muskelkater und unterstützen die Regeneration der Muskeln, was dazu beiträgt, dass Sie schneller wieder ins Training einsteigen können. Dies wurde zum Beispiel für Squat-Wiederholungen an aufeinanderfolgenden Tagen gezeigt.7 Dies gilt aber nur für geringen bis moderaten Muskelkater, weshalb ein angemessenes Training trotzdem ratsam ist.
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Wirkung bei Lebererkrankungen
Es gibt mehrere Studien zur Anwendung von BCAAs bei hepatischer Enzephalopathie, einer Folgeerkrankung von Leberzirrhose. Hier zeigte sich, dass die Einnahme die Symptome lindern, aber nicht die Mortalität verringern konnte. Dies fasste ein Review mit 16 klinischen Studien zusammen.8 Ob eine Supplementierung auch bei Leberkrebs helfen kann, ist derzeit noch nicht klar.
Weitere potenzielle Effekte
BCAAs können auch beim Abnehmen helfen, da sie den Stoffwechsel ankurbeln und das Sättigungsgefühl fördern. Eine weitere Annahme ist, dass die Aminosäuren bei der Insulinproduktion eine Rolle spielen und somit bei der Mitbehandlung von Diabetes eine Rolle spielen könnten. Konkret sind BCAAs nämlich Bausteine der Glukoseproduktion und regen die Insulinausschüttung an, wodurch sie den Blutzuckerspiegel beeinflussen.9
Die BCAA-Supplementierung gewinnt dort an Bedeutung, wo der Aminosäurepool nicht über die Nahrung gefüllt werden kann. Ein Beispiel sind Diäten, die oft mit einer Unterversorgung von Makronährstoffen einhergehen. In diesen Fällen kann eine Supplementierung Muskelabbau vorbeugen, ohne die Kalorienaufnahme erhöhen zu müssen.10
Neben Hochleistungssportlern haben Personen mit einem Mangel an den Vitaminen B5 und B6 ein erhöhtes Risiko für einen BCAA-Mangel, da dies für die Verstoffwechselung nötig ist. Ein erhöhter Bedarf besteht ebenfalls bei einem Glutamin-Mangel, wie er beispielsweise bei Darminfekten oder Stress auftreten kann. In allen Fällen sollte aber eine ausgewogene Ernährung stets die bevorzugte Quelle von Nährstoffen darstellen. Außerdem ist eine Absprache mit einem Arzt ratsam.11
Training und Supplementierung – worauf man achten sollte
Da sich viele Sportler, gerade in der Wettkampfvorbereitung, ohnehin schon proteinreich ernähren, bringt eine zusätzliche Erhöhung der BCAA-Zufuhr nicht immer einen Benefit. Denn in diesem Fall hilft viel nicht unbedingt viel. Falls man sich trotzdem für eine Supplementierung entscheidet, sollte die Einnahme idealerweise während oder direkt nach dem Training erfolgen, da der Bedarf dann am höchsten ist.12
Wann man bzw. wer das Nahrungsergänzungsmittel nicht einnehmen sollte
Wie so oft gibt es nicht genügend Daten, um eine Einnahme von BCAAs bei Schwangerschaft und während dem Stillen zu empfehlen. Des Weiteren stehen BCAAs in Verdacht, den Blutzucker zu beeinflussen, weshalb Diabetiker, aber auch Alkoholiker, eine Supplementierung unbedingt mit einem Arzt absprechen sollten.13
Mögliche Risiken, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Medikamenten
Bei empfohlener Menge müssen keine Nebenwirkungen befürchtet werden. Bei zu hohen Dosen kann es aber zu Durchfall und langfristiger Nierenbelastung kommen. Zu hohe Dosierungen können zusätzlich dazu führen, dass andere Aminosäuren nicht vom Gehirn aufgenommen und zu entsprechenden Neurotransmittern umgewandelt werden können. In diesem Fall kann es bspw. zu einem Serotonin-Mangel und folgenden depressiven Verstimmungen kommen. Dies ging jeweils aus der Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikoforschung (BfR) hervor.14
Empfohlene Dosis
Wenn Sie sich für BCAA-Nahrungsergänzungsmittel entscheiden, sollten Sie sicherstellen, dass Sie hochwertige Produkte von vertrauenswürdigen Herstellern wählen. Die empfohlene Dosierung variiert je nach Körpergewicht, Geschlecht und Trainingsintensität. Es ist immer ratsam, sich vor der Einnahme von einem Arzt oder Ernährungsexperten beraten zu lassen.15
Für gesunde Erwachsene wird folgende tägliche Zufuhr von BCAA empfohlen (Angaben in Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht):
- Leucin: 42 mg/kg
- Isoleucin: 19 mg/kg
- Valin: 24 mg/kg
Unabhängig von der Körpergröße, dem Gewicht und dem Training kann Pi mal Daumen mit 6 bis 15 Gramm BCAA pro Tag gerechnet werden.
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BCAAs über die Ernährung aufnehmen
BCAAs machen rund die Hälfte der Aminosäuren in Lebensmitteln aus, eine ausreichende Aufnahme ist daher selten ein Problem. Eine ausgewogene Ernährung mit Proteinen aus Fisch, Fleisch und Gemüse reicht meist aus, um den Körper optimal mit BCAA zu versorgen. Im Normalfall werden also keine BCAA-Supplemente benötigt, wenn man sich ausgewogen und abwechslungsreich ernährt.
Diese Lebensmittel sind reich an BCAAS
BCAAs sind gerade in den Lebensmitteln enthalten, die sowieso schon als proteinreich gelten und somit für Sportler empfohlen werden. Dabei kommen die Aminosäuren nicht nur in tierischen, sondern auch pflanzlichen Lebensmitteln vor. Folgende Angaben gelten für 100 Gramm Lebensmittel:16
- Weizenprodukte: 0,9 g Leucin
- Erdnüsse: 1,2 g Isoleucin; 1,5 g Valin; 2 g Leucin
- Reis: 0,3g Isoleucin; 0,5g Valin; 0,7g Leucin
- Erbsen: je 1,2 g Valin und Isoleucin
- Walnüsse: je 0,8 g Valin und Isoleucin
- Rinderfilet: 1,2 g Isoleucin; 1,3 g Valin; 2,0 g Leucin
- Thunfisch: 1,2 g Isoleucin; 1,4 g Valin; 2,2 g Leucin
- Milch: 0,2 g Isoleucin; 0,2 g Valin; 0,4 g Leucin
- Lachs: 1,6 g Leucin