18. August 2021, 14:01 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der Kern der Avocado hat sich in den vergangenen Jahren vom Abfallprodukt zum angeblichen Nährstoffwunder gemausert. Food-Blogger und gesundheitsbewusste Esser servieren ihn gekocht oder raspeln ihn roh über ihren Salat. Tun sie sich damit wirklich etwas Gutes? FITBOOK hat sich die Studienlage angeschaut und bei einem Experten nachgefragt.
Den harten Avocadokern einfach wegwerfen? Für echte Fans der Frucht kommt das nicht infrage. Sie behaupten: Im Kern des Superfoods steckt das tatsächliche Superfood. Darin enthalten seien Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Dank der vielen enthaltenen Aminosäuren soll der Avocadokern Infektionen vorbeugen, entzündungshemmend wirken und die Zellen schützen. Auch soll man seinen Cholesterinspiegel auf natürliche Weise senken können, wenn man ihn regelmäßig verzehrt. Mehr als Lobpreisungen können das allerdings gar nicht sein. Bis dato gibt es nämlich nur wenige, an Tieren getestete Studien, die den Verzehr des Avocadokerns untersucht haben.
Übersicht
Studienlage zur Wirkung des Avocadokerns noch nicht ausreichend
Ob in Pulverform oder gekocht und in Scheiben – Diplom-Ökotrophologe Uwe Knop hält es für keine gute Idee, ihn überhaupt zu essen. Er ist auf ernährungswissenschaftliche Studien spezialisiert und weiß, dass es seitens der Forschung bislang keinen Beweis für die vermeintlichen „Wunderwirkungen“ des Avocadokerns gibt. Knop warnt sogar: „Niemand weiß, ob der Kernmüll gar der Gesundheit schadet!“
Möglich wäre es, denn einige Pflanzenstoffe im Avocadokern könnten sogar schädlich für Menschen sein. Allerdings ist die Studienlage bis dato noch nicht ausreichend, und einzelne Untersuchungen beschränken sich bis jetzt auf Tierversuche. So ergab etwa eine Mäusestudie, dass Tiere, die Avocado-Samenextrakt in Konzentrationen von bis zu 227 Milligramm pro Pfund (500 mg pro kg) Körpergewicht pro Tag zu sich nahmen, keine Toxizität aufwiesen, aber Mäuse, die diese Grenze überschritten, innerhalb von 24 Stunden starben. Eine weitere Studie zeigte, dass die Leber von Ratten durch Avocadokernöl verfettete und die Leberfunktionen negativ beeinflusst wurden.1,2,3
Außerdem kommt in Avocados der Bitterstoff Persin vor, der zwar in geringen Mengen in der Avocado für Menschen ungefährlich ist, aber für fast alle Haustiere giftig. Zu dem Persin, der im Kern enthalten ist, gibt es noch keine Studien. Es ist also auch hier noch nicht untersucht, ob die im Kern enthaltene Menge des Bitterstoffs nicht auch für den Menschen gefährlich sein könnte.4
Avocadokern-Produkte sind in der EU nicht zugelassen
Die noch nicht eindeutige Studienlage erklärt auch, warum in Europa der Verkauf von Nahrungsmitteln, die aus dem Avocadokern oder seinen Bestandteilen hergestellt sind, nicht gestattet ist. Knop zitiert diesbezüglich aus einem Schreiben der Verbraucherzentrale zur Rechtslage, dass entsprechende Produkte nach derzeitigem Stand unter die „Novel-Food-Verordnung“ fallen. Dies bedeute, dass sie nicht hinreichend geprüft sind, um zugelassen werden zu können.
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So bereiten Food-Blogger den Kern zum Verzehr zu
Wer trotz der Sicherheitsbedenken den Kern zum Verzehr zubereiten möchte, dem wird auf diversen Food-Blogs empfohlen, die dunkle Haut des Avocadokerns abzuziehen und ihn selbst zu zerkleinern, also etwa zu raspeln oder fein zu mahlen. Danach sollte man ihn am besten für mehrere Tage an der Luft trocknen lassen. Manche Avocado-Verrückte schwören darauf, den ganzen oder geraspelten Kern im Ofen zu trocken. Das heißt für zwei Stunden auf 250 Grad „backen“ lassen. Das fertige Produkt sei auf der Zunge dann relativ bitter, aber auch „lecker“ und leicht nussig. Sparsam ins Müsli oder in den Salat gemischt, wie in einigen Rezepten vorgesehen, merkt man davon geschmacklich wohl nicht mehr viel.
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Wie kann man den Avocadokern noch verwerten?
Dass der Kern einfach im Müll landet, muss natürlich auch nicht (immer) sein. Man kann ihn auch einpflanzen und sich damit sein ein oder anderes kleines Avocadobäumchen züchten. Das geht entweder sofort in der Erde oder zuerst im Glas und dann in die Erde. Die zweite Variante ist vielleicht etwas umständlicher, macht aber auch als kleine Zimmerpflanze einiges her.
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Fazit: Besser nicht essen, dafür einpflanzen
Wem einmal ein kleines Stück vom Avocadokern in die Guacamole geplumst ist, der weiß: So gut, wie mitunter behauptet wird, schmeckt er nicht wirklich. Und da weder seine gesundheitsförderlichen, noch seine potenziell schädlichen Wirkungen erforscht sind, gibt es allemal Gründe dafür, ihn nicht ins Essen zu mischen.
Unser Tipp: Züchten Sie daraus eine hübsche Zimmerpflanze oder einen eigenen Avocadobaum! Das wäre noch die beste Alternative zum Wegschmeißen.
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Quellen
- 1. Padilla-Camberos, E., Martines-Velazquez, M., Flores-Fernandez, J. M., Villanueva-Rodiguez, S. Acute Toxicity and Genotoxic Activity of Avocado Seed Extract (Persea americana Mill., c.v. Hass). (2013, aufgerufen 17.08.2021)
- 2. Werman, M.J., Neeman, I., Mokady, S. Avocado oils and hepatic lipid metabolism in growing rats. (1991, aufgerufen 17.08.2021)
- 3. Werman, M.J., Mokady, S., Neeman, I., Ausleander, L., Zeidler, A. The effect of avocado oils on some liver characteristics in growing rats. (1989, aufgerufen 17.08.2021)
- 4.Padilla-Camberos, E., Martines-Velazquez, M., Flores-Fernandez, J. M., Villanueva-Rodiguez, S. Acute Toxicity and Genotoxic Activity of Avocado Seed Extract (Persea americana Mill., c.v. Hass). (2013, aufgerufen 17.08.2021)